Dein Name
gibt nur ein Mittelâ¹ rief er schweiÃgebadet: âºIch muà den Kehlkopf aufschneiden!â¹ âºWas müssen Sie?â¹ stammelte der Vater des Jungen entgeistert. âºIch weià nicht, ob der Junge es überlebt, ich weià nur, daà er sonst gleich ersticken wird. Hat jemand ein scharfes Messer? Schnell!â¹ Als einer der Bauern ein Jagdmesser aus dem Gürtel zieht, fiel die Mutter des Jungen in Ohnmacht. Alle anderen schauten sprachlos zu, wie mein Mann das Jagdmesser rasch mit Alkohol wusch und mit einem Feuerzeug desinfizierte. Dann setzte er es über der Kehle des Jungen an, der inzwischen das BewuÃtsein verloren hatte, zog mit der anderen Hand die Haut auseinander und öffnete die Luftröhre durch einen kleinen Schnitt. Die Tablette sprang heraus. Auf die Wunde preÃte mein Mann ein Tuch, das sich rot verfärbte, und beatmete gleichzeitig den Jungen von Mund zu Mund. Nach einer Zeit, die schier endlos schien â die einen standen erstarrt, die anderen laut betend im Kreis â, fing der Junge endlich an, selbständig zu atmen. Als er kurz darauf die Augen öffnete, war niemand im Dorf, der nicht weinte. Die Eltern fielen auf die Knie und küÃten abwechselnd den Jungen und meinen Mann. Freudentränen bedeckten ihre jungen, aber durch Arbeit, Entbehrung und Sonne wie gegerbten Gesichter. âºMögest du immer neben deinem Mann aufwachenâ¹, riefen sie mir zu, âºmöget ihr zusammen alt werden, möge Gott eure Kinder schützen.â¹Â« Die Mutter verbringt eine Woche in Isfahan. Bei ihrer Ankunft wird sie von den Verwandten und Bediensteten freudig umarmt, doch weder GroÃvater noch GroÃmutter fragt, wo sie eigentlich gewesen ist und was sie erlebt hat. Es interessiert nicht, es gehört einem anderen Leben an, einem anderen Haus. »Es war, als ob ich von Flitterwochen am Meer zurückgekehrt wäre, mit Koffern voller neuer Kleider und Geschenken.« Mit dem nächsten Bus kehrt sie zurück und verbringt die meisten Wochen auf dem Dorf, bis sie schwanger wird und der Vater sagt, daà sie besser nach Isfahan zurückkehre. Wie die Eltern ohne Strom, ohne Glas in den Fenstern, ohne flieÃend Wasser die einträchtigsten Monate ihrer Ehe verbringen, er als radelnder Landarzt, sie im Intensivkurs für Lebenspraxis, wird das Buch erzählen, auf dessen Umschlag der Name der Mutter steht.
â Nein, nicht der Tod der Nächsten, widerspricht am Telefon der Musiker in München, nur der eigene Tod: Selbst der Verlust von Nahestehenden habe ihn im Glauben belassen, daà auf den Friedhöfen nur Platz sei für andere Menschen. Sein Verstand habe um die Sterblichkeit natürlich gewuÃt â aber was heiÃe das schon: der Verstand? Sei nicht der Verstand eher ein Schutz vor der Erkenntnis, ein sinnvoller Schutz oft? BewuÃt sei ihm die eigene Vergänglichkeit â wie GroÃvater verwendet der Musiker am Mittwoch, dem 2. Juni 2010, um 10:18 Uhr den mystischen Begriff: fanâ , den die Fachliteratur mit dem Eckartschen »Entwerden« übersetzt â, bewuÃt sei ihm die eigene Vergänglichkeit erst geworden, als er seine Zerbrechlichkeit gefühlt habe, so konkret gefühlt wie ein heiÃes Eisen. Das könne einem niemand vorleben. Es geschehe, wie wenn man im Vorübergehen seinen Mantel an einen Kleiderhaken wirft. Was sich als erstes entlarve, wenn man den eigenen Tod riecht â ja richtig, der Tod habe einen Geruch, was auch immer da faule â, das erste, was sich entlarve, sei das BewuÃtsein des Ichs, sei der Name, sei das Numernschild, mit dem man eben ein paar Kilometer gefahren sei, sei die Furcht, die Schilder zu verwechseln oder ohne Nummer auskommen zu müssen. Von selbst erwachse daraus die Frage, was denn da bitte bleibt. Selbst seine Mutter sei ihm keine Lektion gewesen, die Vergänglichkeit anzunehmen. Was man nicht lernen könne: Erst wenn du die Vergänglichkeit begreifst, begreifst du auch das Dauern ( baghâ ), den Tod als Boten des Lebens. »Und daà wir jetzt schlafen in unsern Krankenhäusern, dies zeugt vom nahen gesunden Erwachen«, fährt Hölderlin fort, der auf der Schreibtischplatte liegt: »Dann, dann erst sind wir, dann ist das Element der Geister gefunden!« Das sei auch ein Geschenk, spricht wieder der Musiker, das zu erleben und zurückzukehren. Er habe allein in seinem kleinen Zimmer gelegen, kaum jemand habe von seinem
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