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Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter

Titel: Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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ins Haus und in die Küche. Die Tür zum Waschraum steht offen. Kleider quellen aus dem Trockner, leichte, hübsche Frauensachen: ein karierter Rock, ein malvenfarbener BH und Söckchen. Ich stelle mir Ruiz nicht als einen Mann vor, in dessen Leben Frauen vorkommen, obwohl er drei Mal verheiratet war.
    »Möchtest du mir vielleicht irgendwas mitteilen?«, frage ich.
    Er wirft einen Blick auf den Wäschekorb. »Ich glaube nicht, dass sie dir passen würden.«
    »Du hast Besuch?«
    »Meine Tochter.«
    »Wann ist sie nach Hause gekommen?«
    »Schon vor einer Weile.« Er macht die Tür zu. Er will das Thema offensichtlich nicht vertiefen.
    Ruiz’ Tochter Claire ist Tänzerin in New York. Ihre problematische Beziehung zu ihrem Vater weist gewisse Parallelen zur globalen Erwärmung auf - ein Schmelzen der Eiskappen, ein Anstieg der Meere, ein wieder zu Wasser gelassenes Boot -, immer begleitet von einem Chor skeptischer Stimmen, die über den Ausgang argwöhnen.

    Wir gehen ins Wohnzimmer. Auf einem Couchtisch sind Dokumente und Mappen über den Untergang der Argo Hellas ausgebreitet. Ruiz setzt sich und zieht sein ramponiertes Notizbuch aus der Tasche.
    »Ich habe mit dem Leiter der Ermittlungen, mit dem Coroner und mit dem dortigen Polizeichef gesprochen.« Lose Seiten quellen unter dem Einband hervor, als er umblättert. »Es war eine gründliche Untersuchung. Das sind die Zeugenaussagen und eine Kopie des Untersuchungsberichts. Sie sind gestern per Kurier eingetroffen, und ich habe sie am Abend gelesen. Mir ist nichts Außergewöhnliches aufgefallen.
    Drei Personen haben ausgesagt, dass Helen und Chloe an Bord der Fähre waren; einer von ihnen ist ein Marinetaucher, der auch zum Bergungsteam gehörte.«
    Ruiz gibt mir seine Aussage und wartet, bis ich sie gelesen habe. Der Taucher schildert, dass er an jenem Tag vier Leichen geborgen hat. Die Sicht unter Wasser betrug weniger als zehn Meter, und eine tückische Strömung erschwerte die Aufgabe zusätzlich.
    Beim fünften Tauchgang des Tages fand er die Leiche eines jungen Mädchens, die sich an den Metallsprossen einer Leiter bei einer Winde für die Rettungsboote auf der Steuerbordseite direkt am Heck verfangen hatte. Der Taucher schnitt die Gurte der Schwimmweste auf, aber die Strömung riss ihm die Leiche aus den Händen, und er hatte nicht mehr genug Sauerstoff in seiner Flasche, um ihr nachzuschwimmen.
    »Er hat Chloe anhand eines Fotos identifiziert«, sagt Ruiz. »Das Mädchen hatte einen Gipsarm. Es entspricht der Darstellung ihres Großvaters.«
    Ich spüre, dass Ruiz trotz der Aussage nicht vollständig zufrieden ist.
    »Ich habe den Taucher überprüft. Er ist ein Veteran mit zehnjähriger Berufserfahrung, einer der erfahrensten Taucher, die sie haben.«
    »Und?«

    »Die Navy hat ihn im vergangenen Jahr für sechs Monate suspendiert, weil er es versäumt hatte, Ausrüstung ordnungsgemäß zu überprüfen, weshalb ein Rekrut beinahe ertrunken wäre. Angeblich trinkt der Mann gerne einen, aber das ist nur ein Gerücht.«
    Ruiz überreicht mir eine zweite Zeugenaussage. Sie stammt von einem kanadischen Studenten auf Europareise. Er hat laut eigenen Angaben kurz nach Ablegen der Fähre mit Helen und Chloe gesprochen. Sie saßen in einem Passagiersalon auf der Steuerbordseite. Chloe war seekrank, und der Rucksacktourist bot ihr eine Tablette an.
    »Ich habe mit seiner Familie in Vancouver gesprochen. Nach dem Untergang der Fähre sind seine Eltern nach Griechenland geflogen und haben versucht, ihn zur Heimkehr zu bewegen, aber er wollte weiterreisen. Der Junge ist immer noch auf Tour.«
    »Müsste er sein Studium mittlerweile nicht wieder aufgenommen haben?«
    »Er hat sein Urlaubssemester offensichtlich verlängert.«
    Die letzte Aussage stammt von einer Deutschen namens Yelena Schäfer, die ein Hotel auf Patmos betreibt. Sie hat Mutter und Tochter zur Fähre gebracht und ihnen zum Abschied nachgewinkt.
    Ruiz berichtet, dass er versucht hat, das Hotel anzurufen, das jedoch den Winter über geschlossen ist.
    »Ich habe immerhin einen alten Hausmeister erreicht, aber der Typ war zerstreuter als ein Professor mit Alzheimer. Er sagt, er könne sich an Helen und Chloe erinnern. Sie hätten im Juni drei Wochen in dem Hotel gewohnt.«
    »Und wo ist Yelena Schäfer jetzt?«
    »Im Urlaub. Das Hotel öffnet erst im Frühling wieder.«
    »Vielleicht hat sie noch Verwandte in Deutschland.«
    »Ich ruf den Hausmeister noch mal an. Besonders hilfsbereit war er allerdings

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