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Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter

Titel: Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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kein Schlusswort.

28
    Charlie ist im Garten vor dem Haus und schießt einen Ball gegen den Zaun. Sie trägt ihre Fußballschuhe und ihr altes Trikot der Camden Tigers.
    »Was ist los?«
    »Nichts.«
    Der Ball prallt noch härter von der Bretterwand ab.
    »Trainierst du für das große Probetraining?«, frage ich.
    »Nee.«
    »Warum nicht?«
    Sie fängt den Ball mit beiden Händen und starrt mich mit dem Blick ihrer Mutter an.
    »Weil das Probetraining heute war und du mich hinfahren solltest, also habe ich es verpasst. Vielen Dank, Dad. Super Aktion.«
    Sie lässt den Ball fallen und nimmt ihn so hart volley, dass er mir beinahe den Kopf abreißt, als er an mir vorbeischießt.
    »Ich mache es wieder gut«, versuche ich mich zu entschuldigen. »Ich rede mit dem Trainer. Du kriegst ein anderes Probetraining.«
    »Mach dir keine Gedanken. Ich will keine Vergünstigungen«, sagt sie. Könnte sie ihrer Mutter noch ähnlicher sein?
    Julianne ist in der Küche, ein Handtuch wie einen Turban um das frisch gewaschene Haar gewickelt. Dadurch geht sie mit wiegenden Hüften wie eine Afrikanerin mit einem Tonkrug auf dem Kopf.
    »Charlie ist wütend auf mich.«
    »Ja.«
    »Du hättest anrufen sollen.«

    »Ich habe es versucht. Dein Handy war ausgeschaltet.«
    »Warum konntest du sie nicht fahren?«
    »Weil ich Kindermädchen interviewen musste«, faucht sie mich an. »Du hast ja keins gefunden.«
    »Tut mir leid.«
    »Entschuldige dich nicht bei mir.« Sie blickt aus dem Fenster zu Charlie. »Es geht übrigens, glaube ich, nicht nur um das Fußballtraining.«
    »Wie meinst du das?«
    Sie wählt ihre Worte mit Bedacht. »Du und Charlie, ihr habt immer etwas zusammen unternommen, Besorgungen, Spaziergänge, aber seit Darcy bei uns ist, warst du zu beschäftigt. Ich denke, sie ist möglicherweise ein bisschen eifersüchtig.«
    »Auf Darcy?«
    »Sie denkt, du hast sie vergessen.«
    »Aber das habe ich nicht.«
    »Außerdem hat sie Probleme in der Schule. Ein Junge, der sie ständig hänselt.«
    »Sie wird schikaniert?«
    »Ich weiß nicht, ob es so ernst ist.«
    »Wir sollten mit der Schule reden.«
    »Sie will versuchen, es selbst zu klären.«
    »Wie?«
    »Auf ihre Art.«
    Ich höre immer noch den Fußball gegen die Wand donnern. Ich verabscheue die Vorstellung, dass Charlie sich vernachlässigt fühlt. Und es gefällt mir noch weniger, dass Julianne diese Dinge erfahren hat, während sie mir entgangen sind. Ich bin immer zu Hause. Ich bin die erste verfügbare Bezugsperson, der hauptsächliche Betreuer, und ich war unaufmerksam.
    Julianne löst das Handtuch, lässt die feuchten Locken in ihr Gesicht fallen und tupft sie mit dem weichen Handtuch zwischen ihren Handflächen trocken.
    »Darcys Tante hat angerufen«, sagt sie. »Sie kommt zur Beerdigung aus Spanien.«

    »Das ist gut.«
    »Sie will Darcy mit zurück nach Spanien nehmen.«
    »Was sagt Darcy dazu?«
    »Sie weiß es noch nicht. Ihre Tante will es ihr von Angesicht zu Angesicht sagen.«
    »Sie wird nicht glücklich sein.«
    Julianne zieht demonstrativ eine Braue hoch. »Dafür sind wir nicht verantwortlich.«
    »Du behandelst Darcy, als hätte sie etwas falsch gemacht«, sage ich.
    »Und du behandelst sie, als wäre sie deine Tochter.«
    »Das ist unfair.«
    »Erklär Charlie, was fair ist.«
    »Manchmal kannst du eine richtige Zicke sein.«
    Der Satz ist mit mehr Wut und Bedeutung aufgeladen, als wir beide erwartet haben. Ein Ausdruck verletzter Hilflosigkeit breitet sich in ihren Augen aus, aber sie will nicht, dass ich Zeuge ihres Unglücks werde. Sie nimmt ihr Handtuch und ihre Zärtlichkeit mit nach oben. Ich höre ihre Schritte auf der Treppe und sage mir, dass sie übertrieben reagiert. Irgendwann wird sie es verstehen.
     
    Ich klopfe behutsam an die Tür des Gästezimmers.
    Nach einer kleinen Ewigkeit wird die Tür geöffnet. Darcy ist barfuß und trägt Dreiviertel-Leggins und ein T-Shirt. Ihre Haare fallen offen auf ihre Schultern.
    Ohne mich anzusehen, setzt sie sich wieder auf die zerwühlten Laken des Bettes, zieht die Knie an die Brust und schlingt ihre Arme darum. Die Vorhänge sind zugezogen, Schatten sammeln sich in den Ecken des Zimmers.
    Ich bemerke zum ersten Mal ihre Füße. Die Zehen sind missgebildet und mit Schwielen, Blasen und wunden Stellen bedeckt. Der kleine Zeh ist unter die anderen verdreht, als wollte er sich verstecken, der große Zeh ist geschwollen und hat einen verfärbten Nagel.

    »Sie sind hässlich«, sagt sie und bedeckt ihre

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