Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter
entgegen. Sie sieht mich an, als wäre ich gekommen, um sie zu retten.
»Wann können wir gehen?«, flüstert sie.
»Du hältst dich großartig.«
»Ich glaube nicht, dass ich das noch viel länger aushalte.« Weitere Gäste treffen ein. Wohn- und Esszimmer sind voll. Julianne fasst meine linke Hand, während wir die Grüppchen von Trauernden umschiffen und uns einen Weg zwischen ausgestreckten Teetassen und Tellern mit Schnittchen und Kuchen bahnen.
Ruiz hat ein Bier gefunden.
»Willst du jetzt etwas über Darcys Vater hören?«, fragt er.
»Hast du ihn gefunden?«
»Ich komme ihm näher. Sein Name stand nicht in der Geburtsurkunde, aber ich habe eine Bestätigung für die Ehe gefunden. Im Kirchenregister. Großartige Einrichtung.«
Julianne umarmt ihn. »Können wir über etwas anderes reden?«
»Wie Renten zum Beispiel?«, gibt Ruiz zurück. »Oder vielleicht Fusionen und feindliche Übernahmen?«
»Sehr witzig.«
Sie knufft ihn zum Spaß. Ruiz trinkt noch einen Schluck Bier und genießt die Situation. Ich lasse die beiden allein und suche Darcys Tante. Sie regelt den Verkehr in der Küche, winkt durch eine Tür Schnittchen-Platten heraus, während sie durch die andere schmutziges Geschirr entgegennimmt. Auf der Arbeitsfläche
stehen diverse Speisen, und der Duft von Tee und Gebäck hängt schwer in der Luft.
Kerry Wheeler ist eine große Frau mit der Sonnenbräune aus Spanien und schwerem Schmuck. Die Haut unterhalb ihres Halses ist fleckig, ihr Lippenstift in den Mundwinkeln verschmiert.
»Nennen Sie mich Kerry«, sagt sie und gießt kochendes Wasser in eine Teekanne. Der Dampf hat ihre Dauerwelle geplättet, und sie versucht, sie mit angefeuchteten Fingern wieder aufzubauschen.
»Können wir reden?«, frage ich.
»Klar, ich würde für mein Leben gerne eine rauchen.«
Sie zieht eine Schachtel Zigaretten aus der Handtasche, nimmt ein großes Glas Wein, das sie hinter den Keksdosen versteckt hatte, und trägt beides die drei Stufen hinunter in den Garten.
»Wollen Sie auch eine?«
»Ich rauche nicht.«
Sie zündet sich eine Zigarette an.
»Ich habe gehört, Sie wären berühmt.«
»Nein.«
Sie atmet aus und blickt den verwehenden Rauchschwaden nach. Ich bemerke die violetten Adern auf der Rückseite ihrer Knöchel und wunde Haut an den Stellen, an denen ihre hochhackigen Schuhe gescheuert haben.
»Ich konnte es kaum erwarten, dass die Beerdigung vorbei ist«, sagt sie. »Es war so kalt, als ob es jeden Moment schneien könnte. Verrücktes Wetter. Bin ich nicht mehr gewöhnt. Ich lebe schon zu lange in der Sonne.«
»Wegen Darcy.«
»Ja. Ich wollte mich sowieso noch dafür bedanken, dass Sie sich um sie gekümmert haben. Das wird jetzt nicht mehr nötig sein.«
»Fliegen Sie zurück nach Spanien?«
»Übermorgen.«
»Haben Sie es Darcy schon gesagt?«
»Mache ich noch.«
»Wann?«
»Ich habe gerade meine Schwester beerdigt. Das hatte Vorrang.«
Sie zieht ihre Jacke enger an ihre Brust und saugt an ihrer Zigarette. »Ich habe nicht darum gebeten, verstehen Sie?«
»Worum?«
»Um Darcy.« Das Weinglas klappert gegen ihre Zähne. »Kinder sind schwierig. Egoistisch. Deshalb habe ich keine.« Sie sieht mich an. »Haben Sie Kinder?«
»Ja.«
»Dann wissen Sie ja, was ich meine.«
»Eigentlich nicht«, widerspreche ich leise. »Darcy möchte auf die Ballettschule in London gehen.«
»Und wer soll das bezahlen?«
»Ich glaube, sie hat vor, das Haus zu verkaufen.«
»Das Haus!« Die große Frau lacht. Sie hat gelbe Zähne voller Füllungen. »Das Haus gehört der Bank. Genau wie das Auto. Und die Möbel. Der Bank gehört die ganze beschissene Chose.«
Sie rülpst in ihre Faust und schnippt die Zigarette in den Garten, wo sie funkensprühend im Rasen landet. »Meine Schwester - die große Geschäftsfrau - setzt ein verdammtes Testament auf, wo es nichts zu vererben gibt. Und selbst wenn noch etwas übrig ist, nachdem ich das Haus verkauft habe, ist die kleine Miss noch zu jung, um zu erben. Ich bin ihr rechtlicher Vormund. So steht es im Testament.«
»Ich finde, Sie sollten mit Darcy über Spanien reden. Sie wird nicht dorthin wollen.«
»Das ist nicht ihre Entscheidung.«
Kerry reibt sich die Fersen, als wollte sie die Durchblutung ihrer Füße beleben.
»Ich denke, Sie sollten trotzdem mit ihr reden.«
Ein vielschichtiges Schweigen und ein Seufzer. »Ich weiß Ihre Sorge wirklich zu schätzen, Mr. O’Loughlin.«
»Nennen Sie mich Joe.«
»Nun gut, Joe, wir müssen alle
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