Deine Juliet
Ferien oft bei Sophie zu Hause, und Juliet und Sophie weilten zweimal bei mir und meiner Schwester im Pastorat. Wir haben eine fröhliche Zeit zusammen verbracht, mit Picknicks, Fahrradfahren, Angeln. Sidney Stark, Sophies Bruder, gesellte sich einmal dazu. Obwohl er zehn Jahreälter war als die Mädchen und dazu neigte, sie herumzukommandieren, war er ein willkommener Fünfter in unserer fröhlichen Gesellschaft.
Ich bin dankbar, Juliet heranwachsen gesehen zu haben – wie ich auch heute dankbar bin, sie als Erwachsene zu kennen. Es freut mich sehr, dass sie mich gebeten hat, Ihnen ihren Charakter zu schildern.
Ich habe die kleine Geschichte unserer gemeinsamen Vergangenheit beigefügt, damit Sie sehen, dass ich weiß, wovon ich rede. Wenn Juliet sagt, sie wird etwas tun, dann tut sie es. Wenn sie sagt, sie wird etwas nicht tun, dann tut sie es nicht.
Ihr sehr ergebener
Simon Simpless
Susan Scott an Juliet
14. Februar 1946
Liebe Juliet,
warst
Du
das etwa, die diese Woche im
Tatler
abgebildet war, beim Rumba mit Mark Reynolds? Du sahst fabelhaft aus, fast so fabelhaft wie er – aber darf ich Dir empfehlen, einen Luftschutzbunker aufzusuchen, bevor Sidney ein Exemplar in die Hände fällt?
Du kannst Dir mit pikanten Einzelheiten mein Schweigen erkaufen.
Deine Susan
Juliet an Susan Scott
15. Februar 1946
Liebe Susan,
ich bestreite alles.
Deine Juliet
Amelia Mangery an Juliet
16. Februar 1946
Sehr geehrte Miss Ashton,
ich danke Ihnen, dass Sie meinen Vorbehalt so ernst genommen haben. Auf der Clubversammlung gestern Abend habe ich den Mitgliedern von Ihrem Artikel für die
Times
erzählt und vorgeschlagen, dass diejenigen, die das möchten, Ihnen über die Bücher, die sie gelesen haben, und über ihr Vergnügen bei der Lektüre schreiben.
Dies wurde dermaßen lautstark begrüßt, dass Isola Pribby, unsere Vorsitzende, sich gezwungen sah, mit ihrem Hammer zu schlagen, um uns zur Ordnung zu rufen (ich gebe zu, Isola braucht wenig Ermunterung, um sich ihres Hammers zu bedienen). Ich denke, Sie werden recht viele Briefe von uns erhalten, und ich hoffe, dass sie für Ihren Artikel von einigem Nutzen sein werden.
Wie Dawsey Ihnen schon erzählt hat, wurde der Club als eine List ersonnen, um die Deutschen davon abzuhalten, meine Gäste zu verhaften: Dawsey, Isola, Eben Ramsey, John Booker, Will Thisbee und unsere liebe Elizabeth McKenna, die sich dieGeschichte an Ort und Stelle aus dem Ärmel geschüttelt hat – Gott sei gedankt für ihren raschen Verstand und ihre Engelszunge.
Ich selbst habe freilich zu dem Zeitpunkt nichts von der misslichen Lage meiner Gäste geahnt. Sobald sie aufgebrochen waren, begab ich mich schleunigst in den Keller, um das Beweisstück unserer Mahlzeit zu vergraben. Das erste Mal, dass ich von unserem Buchclub hörte, war am nächsten Morgen um sieben, als Elizabeth in meiner Küche erschien und fragte: «Wie viele Bücher hast du?»
Ich besaß etliche, doch Elizabeth warf einen Blick auf meine Regale und schüttelte den Kopf. «Wir brauchen mehr. Hier ist zu viel über Gärtnerei.» Sie hatte natürlich recht, ich schätze gute Gartenbücher. «Ich sag dir, was wir machen werden», sagte sie. «Wenn ich in der Kommandantur fertig bin, gehen wir in die Buchhandlung Fox und kaufen sie leer. Wenn wir der Guernseyer Buchclub werden wollen, muss es bei uns auch aussehen wie bei Literaturliebhabern.»
Ich war den ganzen Vormittag unruhig vor Sorge, was in der Kommandantur vor sich ging. Was, wenn sie alle im Guernseyer Gefängnis landeten? Oder, noch schlimmer, in einem Gefangenenlager auf dem Festland? Die Deutschen waren unberechenbar in der Ausübung ihrer Gerichtsbarkeit, daher konnte man nie wissen, welche Strafe auferlegt wurde. Doch nichts dergleichen geschah.
So unwahrscheinlich es klingen mag, die Deutschen gestatteten den Bewohnern der Kanalinseln künstlerische und kulturelle Betätigungen, ja, sie ermutigten sie sogar dazu. Damit wollten sie den Engländern beweisen, dass ihre Besatzung eine vorbildliche war. Wie diese Botschaft der Außenwelt übermittelt werden sollte, wurde nie erklärt, da die Telefon- und Telegraphendrähte zwischen Guernsey und London an dem Tag im Juni 1940 gekappt worden waren, an dem die Deutschen landeten. Was immer der nebelhafte Grund gewesen sein mag, die Kanalinselnwurden viel nachsichtiger behandelt als der Rest des unterworfenen Europas – zunächst.
In der Kommandantur wurde meinen Freunden auferlegt, eine
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