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Deine Juliet

Deine Juliet

Titel: Deine Juliet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Mary Ann / Barrows Shaffer
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nicht immer, was er meint, aber das wird noch kommen.
    Mir scheint, je weniger er sagt, desto schöner ist es. WissenSie, welchen Satz von ihm ich am meisten bewundere? «Der klare Tag ist hin, Im Dunkel bleiben wir!»
    Ich wünschte, ich hätte diese Worte an dem Tag gekannt, als ich sah, wie die deutschen Truppen landeten, ganze Flugzeugladungen voll – und im Hafen kamen sie von den Schiffen! Ich konnte nur wieder und wieder denken:
Zum Teufel mit ihnen, verdammt nochmal!
Hätte ich die Worte «Der klare Tag ist hin, Im Dunkel bleiben wir» denken können, wäre ich ein wenig getröstet und bereit gewesen, mich mit den Umständen abzufinden, so aber ist mir das Herz in die Hose gerutscht.
    Sie kamen am Sonntag, dem 30.   Juni 1940, nachdem sie uns zuvor zwei Tage lang bombardiert hatten. Sie sagten, sie hatten uns gar nicht bombardieren wollen, sie hätten unsere Tomaten-Lastautos am Pier für Heereslastwagen gehalten. Wie sie auf so einen Gedanken kommen konnten, geht über meinen Verstand. Sie haben uns bombardiert und dabei mehr als dreißig Männer, Frauen und Kinder getötet – unter ihnen der Junge meines Vetters. Er hatte unter einem Lastauto Schutz gesucht, als er sah, dass die Flugzeuge Bomben abwerfen, und dann ist der Wagen explodiert und hat Feuer gefangen. Sie haben Männer in Rettungsbooten auf See getötet. Sie haben die Krankenwagen vom Roten Kreuz, die unsere Verwundeten transportierten, im Tiefflug angegriffen. Als niemand auf sie schoss, wurde ihnen klar, dass die Engländer uns wehrlos zurückgelassen hatten. Darauf zogen sie zwei Tage später friedlich ein und hielten uns fünf Jahre lang besetzt.
    Zuerst waren sie richtig nett. Sie waren sehr von sich eingenommen, weil sie ein Stückchen England erobert hatten, und sie waren so vermessen zu denken, es sei nur noch ein Katzensprung bis nach London. Als sie erkannten, dass dem nicht so war, fanden sie zu ihrer gemeinen Natur zurück.
    Sie hatten Regeln für alles – macht dies, lasst jenes, aber sie überlegten es sich dauernd anders. Sie bemühten sich, freundlich zu tun, als würden sie einem Esel eine Mohrrübe vor die Nasehalten. Doch wir waren keine Esel. Darum wurden sie wieder fies und gemein.
    Zum Beispiel haben sie dauernd die Sperrstunde geändert – acht Uhr abends, oder neun Uhr, oder fünf Uhr nachmittags, wenn sie richtig gemein waren. Man konnte seine Freunde nicht besuchen, man konnte nicht mal sein Vieh versorgen.
    Anfangs waren wir zuversichtlich, dass sie in sechs Monaten fort sein würden. Aber es dauerte immer länger. Lebensmittel wurden knapp, und bald gab es auch kein Brennholz mehr. Die Tage waren trübe und voll harter Arbeit, und die Abende waren düster vor Langeweile. Alle Leute waren schwach durch die Unterernährung und fragten sich niedergeschlagen, ob es jemals enden würde. Wir klammerten uns an Bücher und an unsere Freunde. Sie erinnerten uns daran, dass wir noch eine andere Seite in uns hatten. Elizabeth sagte immer ein Gedicht auf. Ich bekomme es nicht mehr ganz zusammen, aber es begann so: «Gilt es so wenig, die Sonne genossen zu haben und im Frühling froh zu sein, sich an Lieben, Denken, Tun zu laben, mit lieben Freunden gesegnet zu sein?» Nein. Ich hoffe, sie denkt manchmal daran, wo immer sie ist.
    Ende 1944 spielte es keine Rolle mehr, um wie viel Uhr die Ausgangssperre begann. Die meisten Leute gingen sowieso gegen fünf Uhr ins Bett, um sich zu wärmen. Uns waren zwei Kerzen pro Woche zugeteilt, dann nur noch eine. Es war unheimlich nervtötend, im Bett zu liegen ohne Licht zum Lesen.
    Nachdem die Alliierten in der Normandie gelandet waren, konnten die Deutschen keine Versorgungsschiffe aus Frankreich schicken, wegen der Bomber der Alliierten. Deshalb waren sie am Ende so hungrig wie wir, sie haben Hunde und Katzen getötet, um etwas zu essen zu haben. Sie plünderten unsere Gärten, durchsuchten alles nach Kartoffeln und aßen sogar die schwarzen, verfaulten. Vier Soldaten starben, weil sie ganze Hände voll Schierling aßen, den sie mit Petersilie verwechselt hatten.
    Die deutschen Offiziere sagten, jeder Soldat, den man beimStehlen von Nahrungsmitteln aus unseren Gärten erwischte, würde erschossen. Ein bedauernswerter Soldat wurde erwischt, als er eine Kartoffel stahl. Er wurde von seinen eigenen Leuten gejagt und kletterte auf einen Baum, um sich zu verstecken. Aber sie fanden ihn und schossen ihn vom Baum herunter. Das hielt die anderen allerdings nicht davon ab, Lebensmittel zu

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