Deine Juliet
Juliet,
ich habe meinem Musikkritiker soeben seine Opernkarten abgeluchst. Covent Garden um acht. Kommen Sie?
Immer der Ihre,
Mark
Juliet an Mark
Lieber Mark,
heute Abend?
Juliet
Mark an Juliet
Ja!
M.
Juliet an Mark
Wunderbar! Aber Ihr Kritiker tut mir leid. Opernkarten sind schwer zu bekommen.
Juliet
Mark an Juliet
Er wird sich mit einem Stehplatz begnügen. Er kann über die erhebende Wirkung der Oper auf die Armen schreiben etc. etc.
Ich hole Sie um sieben ab.
M.
Juliet an Eben Ramsey
3. März 1946
Lieber Mr. Ramsey,
es war sehr liebenswürdig von Ihnen, mir Ihre Erlebnisse während der Besatzungszeit zu schildern. Als der Krieg zu Ende war, habe auch ich mir gelobt, fortan nicht mehr darüber zu sprechen. Ich hatte sechs Jahre über den Krieg gesprochen und mit ihm gelebt, und ich brannte darauf, mich etwas – irgendetwas – anderem zuzuwenden. Doch das ist so, als wünschte ich, jemand anders zu sein. Der Krieg ist jetzt unsere Lebensgeschichte, das ist nicht zu ändern.
Schön, dass Ihr Enkel Eli wieder auf Guernsey ist. Lebt er bei Ihnen oder bei seinen Eltern? Haben Sie während der gesamten Besatzungszeit nichts von ihm gehört? Sind alle Guernseyer Kinder zusammen zurückgekommen? Wenn ja, was für ein Fest!
Ich möchte Sie nicht mit Fragen überschütten, hätte aber noch ein paar, sofern Ihnen der Sinn danach steht, sie zu beantworten. Ich weiß, dass Sie an dem Schweinebraten-Essen teilgenommen haben, das zur Gründung des Clubs der Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf führte, aber wie ist Mrs. Maugery überhaupt zu dem Schwein gekommen? Wie versteckt man ein Schwein?
Elizabeth McKenna ist an jenem Abend mutig gewesen! Sie wächst wahrhaftig über sich hinaus, wenn sie unter Druck steht, eine Eigenschaft, die mich mit neidloser Bewunderung erfüllt. Ich weiß, dass Sie und die anderen Clubmitglieder sich Sorgen machen, da die Monate ohne eine Nachricht vergehen, doch Sie dürfen die Hoffnung nicht aufgeben. Freunde haben mir berichtet, Deutschland sei wie ein aufgebrochener Bienenstock, es wimmele von Tausenden und Abertausenden verschleppter und zwangsumgesiedelter Menschen, die alle versuchen, nach Hause zu gelangen. Ein lieber alter Freund von mir, der 1943 in Burma erschossen worden sein soll, ist vorigen Monat in Australien aufgetaucht – nicht in bester Verfassung, aber am Leben, und das gedenkt er auch zu bleiben.
Danke für Ihren Brief.
Mit besten Grüßen,
Juliet Ashton
Clovis Fossey an Juliet
4. März 1946
Sehr geehrte Miss,
am Anfang wollte ich zu keinem Büchertreffen gehen. Mein Hof macht viel Arbeit, und ich wollte meine Zeit nicht mit Lesen über Menschen verplempern, die es nie gab und Dinge taten, die nie getan wurden.
Dann habe ich 1942 angefangen, mich um die Witwe Hubert zu bemühen. Wenn wir spazieren gingen, marschierte sie ein paar Schritte vor mir und erlaubte mir nie, ihren Arm zu nehmen. Sie erlaubte Ralph Murchey, ihren Arm zu nehmen, und da wusste ich, dass mein Werben erfolglos sein würde.
Ralph ist ein Angeber, wenn er trinkt, und er hat im Wirtshaus zu allen gesagt: «Die Frauen lieben Poesie. Flüstere ihnen ein zärtliches Wort ins Ohr, und sie schmelzen – zu einem Fettfleck im Gras.» So spricht man nicht über eine Dame, und da wusste ich gleich, er wollte die Witwe Hubert, anders als ich, nicht um ihretwillen. Er wollte nur ihr Weideland für seine Kühe. Da dachte ich, wenn die Witwe Hubert Reime will, werde ich welche finden.
Ich bin zu Mr. Fox in seine Buchhandlung gegangen und habe nach Liebesgedichten gefragt. Er hatte damals nicht mehr viele Bücher – die Leute haben sie gekauft, um Feuer zu machen, und als er dahinterkam, hat er sein Geschäft ganz geschlossen –, und er gab mir einen Burschen namens Catull. Er war Römer. Wissen Sie, was der in Versen ausgedrückt hat? Diese Worte konnte ich unmöglich zu einer netten Dame sagen.
Er verzehrte sich nach einer Frau namens Lesbia, die ihn verschmähte, nachdem sie ihn in ihr Bett gelassen hatte. Das wundert mich nicht – es gefiel ihm nicht, wenn sie ihren flaumigen kleinen Sperling hätschelte. Eifersüchtig auf ein Vögelchen war er. Er ging nach Hause, griff zu seinem Federkiel, um überdie Qualen zu schreiben, die es ihm bereitete, wenn er sie das Vögelchen an ihren Busen drücken sah. Es traf ihn sehr, und danach konnte er Frauen nicht mehr leiden und schrieb gemeine Gedichte über sie.
Er war auch
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