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Deine Juliet

Deine Juliet

Titel: Deine Juliet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Mary Ann / Barrows Shaffer
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umarmen konnte.
    Gott sei gesegnet, Eli war bei einer Bauernfamilie in Yorkshire untergebracht. Er gab mir einen Brief, den sie mir geschrieben hatten – darin stand alles, was ich versäumt hatte, weil ich ihn nicht aufwachsen gesehen habe. Sie erzählten von seinem Schulunterricht, wie er auf dem Hof geholfen hat, wie er sich bemühte, stark zu bleiben, als er meine Postkarten erhielt.
    Er geht mit mir fischen und hilft mir, meine Kuh und meinen Garten zu versorgen, aber Holz schnitzen, das tut er am liebsten – Dawsey und ich zeigen es ihm. Letzte Woche hat er aus einer kaputten Zaunlatte eine schöne Schlange gemacht. Ich vermute allerdings, dass die kaputte Zaunlatte in Wahrheit ein Dachsparren von Dawseys Scheune war. Dawsey hat nur gelächelt, als ich ihn danach fragte, aber überschüssiges Holz ist auf der Insel heutzutage schwer zu finden, weil wir die meisten Bäume fällen mussten, um Brennholz zu haben – wir mussten auch Geländer und Möbel zersägen, als es keine Kohlen und kein Heizöl mehr gab. Eli und ich pflanzen jetzt Bäume auf meinem Land, aber es wird lange dauern, bis sie groß sind, und wir alle vermissen die Blätter und den Schatten.
    Jetzt werde ich Ihnen von unserem Schweinebraten erzählen. Die Deutschen waren furchtbar streng, was die Nutztiere betraf. Schweine und Kühe wurden genauestens gezählt. Guernsey musste die deutschen Truppen ernähren, die hier und in Frankreich stationiert waren. Wir durften die Reste haben, sofern etwas übrig blieb.
    Wie die Deutschen die Buchhaltung liebten! Sie führten Buch über jeden Liter Milch, den wir molken, sie wogen den Rahm und verzeichneten jeden Sack Mehl. Die Hühner haben sie vorerst in Ruhe gelassen. Aber als das Futter und die Reste knapp wurden, befahlen sie uns, die älteren Hühner zu schlachten, damit die guten Legehennen mehr zu fressen hatten und weiterhin Eier legten.
    Wir Fischer mussten ihnen den größten Anteil unseres Fangs überlassen. Sie passten unsere Boote im Hafen ab und nahmen sich ihren Anteil. Zu Beginn der Besatzung sind viele Inselbewohner in Fischerbooten nach England geflohen – manche sind ertrunken, aber einige haben es geschafft. Daraufhin stellten die Deutschen eine neue Regel auf: Wer Familie in England hatte, durfte kein Fischerboot haben – sie befürchteten, dass wir versuchen würden zu fliehen. Weil Eli irgendwo in England war, musste ich mein Boot verleihen. Danach arbeitete ich in dem Gewächshaus von Mr.   Privot, und nach einer Weile habe ich gelernt, die Pflanzen gut zu versorgen. Aber, meine Güte, wie habe ich mein Boot und die See vermisst!
    Besonders genau waren die Deutschen bei Fleisch, weil nichts auf dem Schwarzmarkt landen sollte, das ihre eigenen Soldaten ernähren konnte. Wenn eine Sau einen Wurf hatte, kam der für die Landwirtschaft zuständige deutsche Offizier auf unseren Hof, zählte die Ferkel, stellte für jedes einzelne eine Geburtsurkunde aus und trug es in sein Register ein. Wenn ein Schwein eines natürlichen Todes starb, musste man es dem Offizier melden, dann kam er, besah es sich und stellte eine Sterbeurkunde aus.
    Sie machten Überraschungsbesuche auf unseren Höfen, und wehe, die Anzahl unserer lebenden Schweine stimmte nicht mit ihrer Liste überein. Ein Schwein zu wenig, und man musste eine Strafe zahlen, passierte das ein zweites Mal, konnte man verhaftet und nach St.   Peter Port ins Gefängnis geschickt werden. Wenn zu viele Schweine fehlten, nahmen die Deutschen an, dass man sie auf dem Schwarzmarkt verkaufte, und schickten einen nach Deutschland ins Arbeitslager. Bei den Deutschen wusste man nie, woran man war – sie waren ein launisches Volk.
    Anfangs war es jedoch noch leicht, den Landwirtschaftsoffizier hinters Licht zu führen und heimlich ein Schwein für den eigenen Gebrauch zu halten. Und so hat Amelia es geschafft:
    Will Thisbee hatte ein kränkelndes Schwein, das schließlichstarb. Der Offizier kam, stellte eine Sterbeurkunde aus, die bestätigte, dass das Schwein wirklich tot war, und überließ es Will, das arme Tier zu verscharren. Aber das tat Will nicht – er eilte mit dem Kadaver durch den Wald und gab ihn Amelia Maugery. Amelia versteckte ihr gesundes Schwein, rief den Offizier und sagte: «Kommen Sie schnell, mein Schwein ist tot.»
    Der Offizier kam sogleich, und als er das verendete Schwein sah, merkte er nicht, dass es dasselbe war, das er an diesem Morgen schon einmal gesehen hatte. Und so trug er ein weiteres totes Schwein in sein

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