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Deine Juliet

Deine Juliet

Titel: Deine Juliet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Mary Ann / Barrows Shaffer
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erhob sich Remy von ihrem Platz – sie hatte sich noch nie zu Wort gemeldet, und im Raum wurde es still. Sie sagte leise: «Wenn es Vorbestimmung gibt, dann ist Gott der Teufel.» Dagegen konnte niemand etwas einwenden – welcher Gott würde mit Absicht Ravensbrück ersinnen?
    Isola hat einige von uns morgen zum Abendessen eingeladen, mit Billee Bee als Ehrengast. Isola sagte, sie wühle zwar nicht gern in den Haaren Fremder herum, wolle aber doch Billee Bees Höcker begutachten, aus Gefälligkeit für ihren lieben Freund Sidney.
     
    Liebste Grüße,
    Juliet

Telegramm von Susan Scott an Juliet
    23.   August 1946
     
    Liebe Juliet: Bin entsetzt, dass Billee Bee auf Guernsey ist, um Briefe abzuholen. Trau ihr nicht – ich wiederhole – NICHT über den Weg. Gib ihr NICHTS. Ivor, unser neuer Redakteur, hat gesehen, wie Billee Bee und Gilly Gilbert (der von
The London Hue & Cry
, jüngstes Opfer Deiner fliegenden Teekanne) lange, schmachtende Küsse im Park tauschten. Die beiden hecken nichts Gutes aus. Schick sie nach Hause, ohne die Briefe. – Susan

Juliet an Susan
    24.   August 1946
    zwei Uhr morgens
    Liebe Susan,
    Du bist eine wahre Heldin! Hiermit gewährt Dir Isola die Ehrenmitgliedschaft im Club der Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf, und Kit bastelt Dir ein besonderes Geschenk, unter anderem aus Sand und Kleister (vielleicht öffnest Du das Paket lieber im Freien).
    Dein Telegramm kam keine Sekunde zu früh. Isola und Kit waren frühmorgens ausgegangen, um Kräuter zu sammeln, und Billee Bee und ich waren allein im Haus – dachte ich jedenfalls   –, als ich Dein Telegramm las. Wie der Blitz rannte ich die Treppe hinauf und in ihr Zimmer – sie war fort, ihr Koffer war fort, ihre Handtasche war fort, und fort waren auch die Briefe!
    Der Schreck fuhr mir in alle Glieder. Ich lief nach unten und beschwor Dawsey am Telefon, schnell herzukommen und mirbei der Suche nach ihr behilflich zu sein. Was er auch tat, nicht ohne vorher Booker anzurufen und ihm aufzutragen, er solle den Hafen im Auge behalten und dafür sorgen, dass Billee Bee Guernsey nicht verließe – unter keinen Umständen!
    Dawsey war rasch bei mir, und wir eilten über die Straße zum Flugplatz.
    Ich blieb ein paar Schritte hinter ihm, spähte in Hecken und hinter Büsche. Wir waren bei Isolas Farm angelangt, als Dawsey plötzlich stehen blieb und anfing zu lachen.
    Dort saßen, auf dem Boden vor Isolas Räucherkammer, Kit und Isola. Kit hielt ihr neues Plüschfrettchen und einen großen braunen Umschlag im Arm, Isola saß auf Billee Bees Koffer – ein Bild der Unschuld, alle beide   –, und aus der Räucherkammer ertönte ein furchtbares Gekrächze.
    Ich eilte hin, drückte Kit
und
den Umschlag an mich, derweil Dawsey den Holzpflock von der Türverriegelung entfernte. Drinnen kauerte in einer Ecke, fluchend und wild um sich schlagend, Billee Bee – und Zenobia, Isolas Papagei, flatterte munter um sie herum. Sie hatte sich schon Billee Bees Mützchen geschnappt, und überall segelten kleine Büschel Angorawolle durch die Luft.
    Dawsey zog Billee Bee hoch und führte sie nach draußen, wobei sie weiter Zeter und Mordio schrie. Man habe eine wild gewordene Hexe auf sie gehetzt. Ihr Schutzgeist, ein Kind, habe sie angegriffen – es sei gewiss des Teufels! Das würden wir bereuen! Man werde uns allen den Prozess machen, uns festsetzen und ins Gefängnis werfen! Nie wieder würden wir das Tageslicht erblicken!
    «Nichts da, Sie sind es, die nie wieder das Tageslicht erblicken wird, Sie verschlagenes Ding! Diebin! Undankbares Geschöpf!», schrie Isola.
    «Sie haben die Briefe da gestohlen!», brüllte ich. «Haben Sie aus Isolas Keksdose gestohlen und wollten sich mit ihnen davonmachen! Was hatten Sie und Gilly Gilbert damit vor?»
    Billee Bee kreischte: «Geht Sie einen feuchten Kehricht an! Warten Sie ab, bis er hört, was Sie mit mir gemacht haben!»
    «Nur zu!», fauchte ich. «Erzählen Sie ruhig allen von sich und Gilly. Ich sehe die Schlagzeilen schon vor mir – ‹Gilly Gilbert verführt junges Mädchen zu Straftaten!› – ‹Vom Liebesnest ins Kittchen! Siehe Seite 3!›»
    Das ließ sie für einen Augenblick verstummen, und dann, wie aufs Stichwort und jeder Zoll ein großer Schauspieler, erschien Booker, in einem alten Militärmantel, der ihm ein hünenhaftes und vage offizielles Aussehen verlieh. Mit ihm kam Remy, eine Hacke in der Hand! Booker betrachtete die Szene und funkelte Billee Bee so

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