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Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Titel: Deine Lippen, so kalt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Garvey
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getan hätte, er wäre eher vor einen Bus gerannt, als mich zu schlagen. Aber dieser Danny? Plötzlich bin ich mir nicht mehr sicher. So kalt er auch ist, in seinem Blick spüre ich die Hitze seiner Wut.
    »Weißt du noch?«, frage ich wieder und meine Stimme zittert jetzt richtig, wodurch die Worte mindestens vier Extrasilben bekommen. In meiner Brust flattert die Panik wie ein gefangener Vogel und die Luft knistert vor Elektrizität. »Wir haben diesen großartigen Diner auf dem Broadway entdeckt, und du hast diesen Cheeseburger bestellt, der so groß war wie dein Kopf.«
    Ich weiß schon nicht mehr, was ich da sage, aber ich lasse die Worte weiterfließen, den Kirschkäsekuchen, den wir uns teilten, der lange Weg zurück zur U-Bahn, während der Wind uns um die Ohren pfiff, die Frau mit der blinden dänischen Dogge und dem Federhut, das alberne T-Shirt, das Danny bei einem Straßenhändler in der U-Bahn-Station kaufte.
    Nach einer Minute lässt seine Starre nach, seine Augen fallen zu, vielleicht stellen sie sich die Szenen vor, die ich beschreibe. Ich ziehe ihn wieder zu mir, sanft, langsam, und er gibt nach, streckt sich neben mir aus, um seine Nase in meinem Haar zu vergraben.
    »Ich erinnere mich«, sagt er und ich kann nur hoffen, dass er damit das dämliche Vampir-T-Shirt meint.
    In Mathe bewirft mich Gabriel mit einem Stift, und ich schrecke aus meinem Halbschlaf hoch, bevor es Ms Nardini auffällt. Ich kritzle Danke auf meinen Block, aber er lächelt nicht, sondern nickt nur.
    Ich habe keine Kraft, mir Gedanken über ihn oder seine verletzten Gefühle zu machen, denn trotz der zwei Tassen Kaffee, die ich mir vor der Schule eingeflößt habe, funktioniere ich nur so gerade. Es war fast halb drei, als ich mich letzte Nacht zurück ins Haus geschlichen habe, und die vier Stunden Schlaf, die ich bekommen habe, fühlen sich eher wie vier Minuten an.
    Außerdem ist es ähnlich schwer, ihn anzusehen, wie mit Danny zusammen zu sein. Jedes Mal, wenn ich ihn aus dem Augenwinkel sehe, höre ich seine Stimme in meinem Ohr, fühle ich seine Hand auf meinem Rücken, rieche ich den moschusartigen Jungsgeruch seines T-Shirts an meiner Wange.
    Dabei war das nur ein Traum. Was gestern Nacht mit Danny passiert ist, war real – und genau das jagt mir solche Angst ein.
    Ich schleppe mich durch den morgendlichen Unterricht und stolpere in der Mittagspause in die Cafeteria. Ich verspüre das verzweifelte Verlangen nach mehr Koffein und der Chance, meinen Kopf irgendwo abzulegen und tief und fest zu schlafen. Aber Jess wartet auf mich, als ich durch die Tür komme.
    »Setzt du dich zu mir?«, fragt sie schlicht, und ich kann nur nicken. Ich darf das hier nicht auch noch vermasseln, und obwohl ich ihr nicht erzählen kann, was wirklich los ist, hoffe ich auf einmal, dass zwischen uns alles wie früher sein wird. Dass wir über Dinge lachen, die nur wir verstehen, die Sätze der anderen beenden, die Sachen unseres Mittagessens miteinander tauschen, die wir selbst nicht mögen, die andere aber vielleicht.
    Sie besetzt einen Tisch am Fenster, während ich mir eine Cola und einen Hot Dog mit Wedges hole. Das Essen sieht widerlich aus, aber immer noch besser als das Nichts, das ich von zu Hause mitgebracht habe, und zumindest haben meine Hände jetzt etwas zu tun.
    Jess hat einen Salat vom Feinkostladen in der Stadt dabei und reicht mir ein Häufchen Pilze und grünen Paprika, kaum dass ich sitze. Ich grinse und schmeiße ein paar Wedges in ihr Grünzeug, und sie hebt die Augenbraue und grinst zurück. Es fühlt sich gut an, beinah normal, bis mir klar wird, genau wie bei Darcia, dass ich keine Ahnung habe, was ich zu ihr sagen soll. Ich weiß nicht, was Jess in letzter Zeit so getrieben hat, mal abgesehen von Trigeometrie, und das ist ein Thema, das so dröge ist, dass man es auf keinen Fall weiter vertiefen will.
    Aber sobald sie ihre Wedges gegessen hat, legt sie mit einer Story los, wie Ian Sparks heute Morgen eine Nachricht in Diane Cashdollars Spind gesteckt hat. Er hat das volle Programm gefahren, ihr hoch und heilig seine Liebe geschworen und, wie man hört, das Ganze mit handgemalten Herzchen verziert.
    Das Witzige daran ist, dass Ian zwar eine Sahneschnitte von über eins achtzig ist, aber als Freshman auf Dianes Radar überhaupt nicht auftaucht. Sie ist ein Senior und ihre Erscheinung verleiht dem Wort hinreißend eine völlig neue Dimension. Wenn sie auch nur einen Funken Verstand besäße, würde sie Mark Collins

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