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Deine Schritte im Sand

Deine Schritte im Sand

Titel: Deine Schritte im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Dauphine Julliand
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war davor immer zurückgeschreckt. Chantal und Odile jedoch scheuen sich nicht. Sie wissen aus Erfahrung, dass man Thaïs das Leben nur noch dadurch erleichtern kann, indem man ihr auf Dauer Morphin verabreicht.
    Thérèse, die inzwischen ebenfalls nach Les Vallets gekommen ist, übernimmt die neue Behandlung sofort und ohne Probleme, denn von ihrem Instinkt geleitet, arbeitet sie schon seit fast einem Jahr so. Später, nach der Rückkehr nach Paris, werden wir den Schwestern des häuslichen Pflegeteams von unseren Erfahrungen mit den alternativen Verfahren berichten, die sie dann sicher gern bei Thaïs anwenden werden. Aber auch viele andere kleine Kranke sollten von Odiles und Chantals Methoden profitieren.
    ES IST WIRKLICH FASZINIEREND. Wo immer Thaïs auftaucht, zieht sie Kinder geradezu magisch an. Wenn Gaspard in Paris Freunde einlädt, gehen sie grundsätzlich alle zuerst zu Thaïs. Und zwar aus eigenem Antrieb. Man muss sich im Vorfeld nur die Zeit nehmen, ihnen alles zu erklären, ehe sie Gaspards kleine Schwester zu Gesicht bekommen. Einer der kleinen Jungen hat uns trotzdem beim Betreten des Zimmers gestanden, dass Thaïs’ Anblick ihm Gänsehaut mache. Aber ist das nicht ganz normal? Sobald die Kinder jedoch bei ihr sind, weichen sie nicht mehr zurück. Kein einziges fühlt sich durch ihren Zustand abgestoßen. Im Gegenteil. Sie verhalten sich unglaublich natürlich. Sie schauen sich interessiert die medizinischen Geräte an, erkundigen sich, wie die Magensonde funktioniert, und stellen Fragen zu ihrer Krankheit. Sie streicheln Thaïs und sprechen und spielen mit ihr. Viele versichern ihr, sie habe großes Glück, dass sie nicht zur Schule gehen müsse. Wie herzerwärmend ist doch die Unschuld der Kinder!
    IN LES VALLETS IST THAÏS DAS MASKOTTCHEN der ganzen Familie. Alle großen und kleinen Vettern und Basen freuen sich darüber, die Ferien mit ihr verbringen und sie besser kennenlernen zu dürfen, und sie versäumen keine Gelegenheit, ihr das auch zu zeigen. Was die Besuche bei Thaïs angeht, haben wir den Kindern weder etwas vorgeschrieben noch etwas verboten, sondern ihnen lediglich zu verstehen gegeben, dass Thaïs’ Tür außer während der Behandlungen immer offen steht. Die Zeit der Anwendungen ist die einzige Einschränkung, und alle Kinder respektieren sie ohne Probleme. Außerhalb der Behandlungszeiten aber ist ihr Zimmer immer voller Kinder. Eines nach dem anderen kommen sie morgens vor dem Frühstück, um sie zu begrüßen, und jeden Abend wünschen ihr alle eine gute Nacht. Und auch tagsüber ist fast immer irgendein Kind zu Besuch bei ihr.
    Ganz allgemein kann man feststellen: Alle Kinder spielen, und zwar ganz gleich, unter welchen Umständen. Der Spieltrieb ist eine Macht, die Schwierigkeiten überwindet, Konflikte verschwinden lässt und Unterschiede ausgleicht. Die zahlreichen Cousins und Cousinen von Thaïs unterscheiden sich hierin in keiner Weise von anderen Kindern. Sie achten darauf, Thaïs in ihre Spiele einzubeziehen, weil sie spüren, dass sie ebenso gern spielt wie alle anderen. Die Krankheit ändert nichts daran. Eines Tages veranstaltet die gesamte Kinderschar eine Party in Thaïs’ Zimmer – mit nicht zu lauter Musik, einem kleinen Imbiss und süßen Getränken. Es wird auch getanzt. Sogar wir Erwachsenen lassen uns von ihrem Spaß und ihrer Begeisterung anstecken und legen eine kesse Sohle aufs Parkett.
    Aber die Kinder begnügen sich nicht damit, mit Thaïs zu spielen. Sie wissen um den Gesundheitszustand ihrer Cousine, und sie wissen auch, was sie in Kürze erwartet. Daher achten sie sorgfältig auf sie. Immer wieder kommt eines der Kinder in ihr Zimmer und sieht nach, ob es ihr gut geht und ob es ihr auch an nichts fehlt. Vor allem denke ich an zwei kleine Begebenheiten, die mich in jenem August ganz besonders bewegt haben:
    »WAS MACHST DU DENN DA? Es ist schon spät, du solltest längst im Bett sein.«
    »Ich lese Thaïs eine Geschichte vor. Damit sie besser einschläft und etwas Schönes träumt. Es ist eine Prinzessinnengeschichte.«
    Ich schmunzele amüsiert und gerührt. Alex ist gerade erst vier geworden und kann überhaupt noch nicht lesen. Und Prinzessinnengeschichten hasst er ganz besonders. Außerdem schläft Thaïs schon seit Stunden. Aber ich hüte mich, ihn darauf hinzuweisen. Auf gar keinen Fall! So ernst es mir möglich ist, antworte ich:
    »Das finde ich sehr freundlich von dir. Eine wirklich gute Idee. Aber jetzt lies die Geschichte schnell zu Ende,

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