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Deine Seele in mir /

Deine Seele in mir /

Titel: Deine Seele in mir / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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… Julie Kent!«
    Dieser Name kommt mir so holprig über die Lippen – wie eine unverschämte Lüge – dass ich mir für eine Sekunde fast sicher bin, man müsse mir etwas anmerken.
    Blödsinn!, beruhige ich mich schnell. Was sollten sie denn auch bemerken? Dass ihre Tochter neben mir steht, in einem völlig fremden Körper? Nicht sehr wahrscheinlich!
    »Es freut mich sehr, Julie«, begrüßt ein ahnungsloser Peter Charles seine Erstgeborene. Auch Evelyn schüttelt Amy zwar höflich, jedoch weiterhin recht distanziert, die Hand.
    »Peter, du hast ihn tatsächlich sofort erkannt«, stellt sie dann kopfschüttelnd fest. »Ich habe einige Sekunden gebraucht.«
    »Natürlich habe ich ihn erkannt.« Peter Charles klingt selbstsicher, aber nicht auf prahlerische Art. »Er hat sich verändert, sicher – er ist ein Mann geworden –, aber … Sieh ihn dir doch an, Evelyn. Es ist unser Matt.«
    Diese letzten Worte treffen mich so warm, dass ich nun wirklich das Gefühl habe, nach Hause zurückgekehrt zu sein. War ich überhaupt jemals weg? Alles hier ist so vertraut, dass ich es kaum begreifen kann.
    Weit über einundzwanzig Jahre erscheinen mir wie ein einziger Tag; und plötzlich
bin
ich wieder der neunjährige Matt.
    Evelyns und Peters Ton mir gegenüber hat sich kein bisschen verändert, ebenso wenig wie die respektvolle Zuneigung, die ich für die beiden empfinde.
    »Ja, natürlich ist er das.« Amys Mom lacht kurz auf, doch dann legt sich, ohne jede Vorankündigung, tiefe Trauer über ihren Blick.
    »Es ist komisch, dich hier zu haben, Matty. Versteh mich nicht falsch, es ist sehr schön, aber … Nach all diesen Jahren möchte ich mich immer noch umdrehen und die Treppe hinaufrufen, dass sie herunterkommen soll, weil du da bist um sie abzuholen. Ihr beide …«, sie lacht schmerzlich, »… ihr wart wie Pech und Schwefel. Einfach unzertrennlich!«
    »Mom, ist das …?« Das Mädchen, das die ganze Zeit schweigend im Türrahmen hinter uns stand, meldet sich zu Wort, und ich erschrecke ein wenig, als mir ihre Anwesenheit wieder bewusst wird. Es ist so ungewohnt, dass noch ein Kind in diesen vier Wänden daheim ist.
    »Ja, mein Schatz, das ist Matt, der beste Freund deiner großen Schwester.« Evelyn legt von hinten die Arme über die Schultern ihrer kleinen Tochter und führt sie zu uns.
    »Das ist Jenny«, stellt sie uns das Mädchen vor, und die Kleine schüttelt zuerst Amy und dann auch mir brav die Hand.
    Ihre Augen durchleuchten mich förmlich. Ich spüre, wie neugierig sie auf all die Dinge ist, die sie hofft, von mir erfahren zu können. Ihrer überwältigten großen Schwester jedoch schenkt sie kaum Beachtung. Ich kann mir nur zu genau ausmalen, wie Amys Herz wohl gerade schmerzen muss.
    »Kommt, setzt euch. Ich hole Limonade«, beschließt Evelyn.
    »Du trinkst doch noch Limonade, Matty?«
    »Ja, sicher«, erwidere ich schnell und muss mir auf die Zunge beißen, um nicht noch ein: »Amy übrigens auch«, hinterherzuschicken. Wieder werde nur ich gefragt.
    Tapfer und ungewohnt still sitzt Amy neben mir und sieht ungläubig von ihrer kleinen Schwester zu ihrem Vater und dann wieder zu Evelyn, als diese mit einem Tablett in den Händen zurückkommt.
    »Sie haben also noch eine Tochter bekommen?«, frage ich, natürlich rein rhetorisch, denn Jenny sitzt mir ja direkt gegenüber und starrt mich noch immer unentwegt an.
    »Oh, nicht nur
eine
Tochter, Matty«, gibt Evelyn fröhlich zurück.
    Und das ist der Moment, in dem Amy das Glas aus der Hand rutscht. In letzter Sekunde fängt sie es noch auf – allerdings nicht, ohne dabei eine große Menge der Limonade zu verschütten.
    »Oh, bitte entschuldigt. Entschuldigen Sie!«, verbessert sie sich schnell.
    Gut, also habe nicht nur ich diese Probleme.
    Ich stolpere über den Namen meiner Freundin, sie duzt die gerade erst vorgestellten Ex-Nachbarn ihres Freundes …
    Na, das kann ja noch heiter werden.
    »Kein Problem! Das ist mit ein, zwei Wischbewegungen wieder vergessen«, sagt Evelyn.
    Es ist das erste Mal, dass sie Amy bewusst in die Augen schaut. Ungewöhnlich lange bleibt ihr Blick an dem ihrer Tochter hängen. Amy hält ihm mit einem wehmütigen Gesichtsausdruck stand. So lange, bis sich die Stirn ihrer Mutter in Falten legt.
    »Sagen Sie, Julie, kennen wir uns vielleicht?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortet Amy mit verräterisch erstickter Stimme. Die Frage hat sie zweifellos überrumpelt; doch sie wäre nicht Amy, wenn sie nicht schnell wieder aus ihrer

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