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Deine Seele in mir /

Deine Seele in mir /

Titel: Deine Seele in mir / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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ihrer Pyjamahose und greift erneut zu dem Öl. Mir ordnet sie an, mich ebenfalls auszuziehen, und wieder tue ich stillschweigend, was Amy verlangt.
    Mit einem Lächeln sieht sie an mir herab, und ich spüre, wie ich erröte. Verdammt, mit diesem Blick und der zwischen ihren Zähnen eingeklemmten Unterlippe schafft sie das immer wieder. Es ist wie ein Spiel zwischen uns.
    Ein Spiel, bei dem sich Amy ihres leichten Sieges gewiss sein kann. Trotzdem scheint es den Reiz für sie nicht zu verlieren. Gott, über dieses
Lippebeißen
müssen wir uns in einem geeigneten Moment mal deutlich unterhalten.
    Es macht mich wahnsinnig!
    Amy drückt mich mit einer Hand zurück auf das Bett und beginnt, das Öl über meinen Körper zu verteilen. Aus größerer Höhe lässt sie es auf meinen Bauch und auf meine Beine tröpfeln.
    Unter ihren Fingern erwärmt es sich schnell und macht die Berührungen ihrer Hände so geschmeidig und intensiv, dass ich unwillkürlich die Augen schließe und meine Arme weit über den Kopf zurücklege.
    Amy kniet sich erneut über mich. Ich fühle mich auf eine nie gekannte Art und Weise so leicht und frei, dass ich mir wünsche, dieses Gefühl möge niemals vergehen.
    Es kümmert mich nicht, welches Bild ich Amy gerade biete.
    Ich genieße es sogar, ihren Blick so direkt und ungeniert auf mir zu spüren. Ausgiebig massiert sie die Innenseiten meiner Oberschenkel und den Bereich meiner Lenden, ohne mich auch nur kurz oder versehentlich dort zu berühren, wo ich sie nun am meisten spüren möchte. Irgendwann jedoch gleitet Amy an mir herab und beugt sich so dicht über mein Gesicht, dass ich ihren warmen Atem an meinen Lippen und ihren zierlichen Körper auf meinem spüre.
    Es gibt nur noch eins, was ich nun will: mit ihr verschmelzen.
    »Schlaf mit mir«, haucht Amy mir zu, als ich meine Augen öffne und ihrem Blick begegne.
    Ihr Körper gleitet weich und geschmeidig über meinen. »Ja«, flüstere ich – etwas atemlos – und fasse nach ihren Oberschenkeln.
    Ich ziehe sie zurück auf meinen Schoß, und Amy lässt sich mit einem tiefen Seufzer langsam über mir herab.
    Nichts, was jemals war und uns das Leben erschwert hat, zählt nun noch. Kein einziges schlimmes Bild sucht uns auf, keine bittere Erinnerung zerrt mehr an unseren Nerven.
    Wir sind frei und ungehalten. Und wir lieben uns.
    In meinem Auto duftet es nach frischen Brötchen, doch so wie es aussieht, wird das Frühstück noch warten müssen. Amy hat mich gebeten, am Straßenrand, etwa fünfzig Meter vor ihrem Elternhaus, anzuhalten. Erst als wir beide ausgestiegen sind, erklärt sie mir, was sie vorhat.
    »Komm, wir laufen das letzte Stück. Ich möchte noch einmal mit dir die Straße auf und ab gehen, an den alten Häusern entlang.«
    Ich nicke, und sie reicht mir ihre Hand mit einem bezaubernden Lächeln. Langsam schlendern wir über die Straße. Die Häuschen der ersten – ursprünglichen – Baulinie haben sich kaum verändert.
    Wir gehen an dem großen Haus von Christas Familie vorbei, und sofort verfällt Amy in alte Erinnerungen an das Mädchen, das zwar mit uns in eine Klasse ging, jedoch gut zwei Köpfe größer war als wir und auch über zwei Jahre älter.
    »Arme Christa«, flüstert Amy. »Sie war nicht gerade die Klügste. Meine Mom meinte, sie wäre bei ihrer Geburt steckengeblieben und hätte zu lange zu wenig Sauerstoff bekommen. Wir hätten öfter mit ihr spielen sollen.«
    »Was?«, frage ich empört. »Die hat mich immer in den Oberarm gekniffen, bis er grün und blau war. Ich wollte mit dir spielen. Und nicht mit diesem rothaarigen Monster!«
    »Matt!« Halb amüsiert, halb entsetzt sieht Amy zu mir auf, doch als wir zu dem kleinen Haus ihrer Urgroßmutter kommen, stirbt das Lächeln, das ihre Lippen umspielte.
    Es ist wirklich winzig; neben Christas riesigem Elternhaus wirkt es wie das Zwergenhäuschen aus dem Märchenbuch.
    Amy bleibt stehen und betrachtet es ausgiebig. Seit gestern wissen wir definitiv, was auch anders gar nicht hätte sein können: Bereits vor acht Jahren ist die gutmütige alte Frau gestorben.
    Neue, fremde Personen bewohnen das noch so vertraut wirkende Haus nun. Amy schweigt. Sie schluckt an ihren Tränen, das kann ich spüren. Schließlich geht sie ohne ein einziges Wort weiter.
    Ja, wir haben über einundzwanzig Jahre verloren – wir beide.
    Unser Weg führt uns weiter, an dem Haus von Tante Rosalia vorbei. Sie ist weder Amys noch meine Tante – wir nannten sie nur so. Sie war eine rundliche,

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