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Deine Seele in mir /

Deine Seele in mir /

Titel: Deine Seele in mir / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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unterschwellige, triumphierende Funkeln in seinen Augen widerspricht seiner definsiven Körperhaltung.
    Die Falle ist zugeschnappt. Er hat mich genau da, wo er mich haben wollte. Die letzte Bestätigung, nach der er wahrscheinlich noch suchte, habe ich ihm zweifellos soeben geliefert.
    Er hat mich erkannt. Nun weiß er, wer ich bin.
    Das ist der Moment, in dem ich realisiere, dass mir nicht viel Zeit zum Handeln bleibt. Ich poltere die Stufen hinauf; mein Herz rast wie wild. Ausgerechnet jetzt ist niemand da. Niemand außer Amy. Und sie kann mich nicht hören.
    Nun ist mir natürlich klar, warum sie erneut erstarrt ist, und meine einzige Sorge gilt ihr und unserem Kind.
    Dieser verdammte Bastard, was hat er ihr nur angetan?
    Und dieses kleine Mädchen, die Tochter seiner ahnungslosen Nachbarn, soll sie die Nächste sein? Nein!
    War Clara vielleicht das eigentliche Motiv für seine Hochzeit mit Diane gewesen? Denn für seine Frau empfindet Wilson nichts.
    Gar nichts, dessen bin ich mir sicher. Konnte es sein, dass Clara ihrem Schicksal nur entkommen war, weil sie beschloss, bei ihrem leiblichen Vater zu leben? Oder war die Hochzeit Teil eines wohl durchdachten Alibis gewesen?
    Wilson, der perfekte Ehemann und hilfsbereite Nachbar ...
    Ein neue Welle der Übelkeit überrollt mich bei diesen Gedanken, doch ich gebe ihr nicht nach.
    Starr liegt Amy da. Behutsam beuge ich mich zu ihr vor.
    »Amy!« Meine Stimme zittert noch immer. »Bitte, Süße! Ich brauche dich!« Ich wage nur zu flüstern. »Ich weiß jetzt, was passiert ist. Ich habe es gesehen. Es war Wilson, nicht wahr?!
Er
hat uns das angetan, und du hast ihn erkannt. Bitte, Amy, ich weiß jetzt Bescheid. Komm zurück, Süße, ich brauche dich!«
    Was ist das?
    Diese riesige Pranke meiner eigenen Angst, die mich bis vor wenigen Sekunden noch erbarmungslos gewürgt hat, lockert plötzlich ihren Griff.
    All die Gerüche, die meinen Mörder so zweifelsfrei identifizieren, lösen sich auf, so schnell, wie sie gekommen sind, und verfliegen im zarten Duft des späten Frühlings, des frühen Sommers.
    Meine Kehle ist noch leicht verschnürt, doch mit einem Hüsteln schaffe ich es schnell, mich auch noch von diesem letzten Widerstand zu befreien. Und dann, endlich, kann ich wieder atmen. Ich tue es. Tief und befreit schöpfe ich die Luft in meine Lungen. Als ich meine Augen öffne, sehe ich, wie sich die Dunkelheit lichtet. Ein breiter, heller Weg liegt vor mir.
    Matty! Er muss es sein. Er hat mich gefunden.
    Langsam setze ich mich in Bewegung. Vertrauensvoll gehe ich dem wohltuenden Licht entgegen. Es ist das Sonnenlicht, das warm auf unsere Blumenwiese scheint. So schön wie heute ist sie noch nie zuvor gewesen. Ein Schmetterling kreuzt meinen Weg und setzt sich auf eine violette Blüte. Ich komme seiner Aufforderung nach und lasse mich im hohen Gras nieder, zwischen all den wilden Blumen, die mich bunt und wunderbar duftend umgeben.
    Sanft treffen die Sonnenstrahlen auf meine Haut. Sie saugen die Kälte auf und lassen auch den letzten Funken meiner Angst verglimmen. Ich beginne, leise vor mich hinzusummen. Nur ein einziger Gedanke macht sich in mir breit: Ich muss zurück zu Matty finden!
    Vertrauensvoll schließe ich die Augen und konzentriere mich.
    Es geschieht so plötzlich und beginnt mit nur einem einzigen Blinzeln.
    Zunächst glaube ich noch, mich getäuscht zu haben, doch dann blinzelt sie erneut … und noch einmal.
    »Amy?« Keine Reaktion.
    Doch dann zuckt ihr Körper. Sie setzt sich auf. Eigentlich müsste ich sie stützen, aber ich bin völlig bewegungsunfähig.
    Amy hüstelt – und ich reagiere wie ferngesteuert.
    Rein intuitiv und ohne auch nur einen Gedanken an die Bewegungen zu verschenken, die ich gerade im Begriff bin, an ihr auszuführen, entferne ich die Magensonde. Danach drehe ich den Tropf ab und ziehe die Nadel aus ihrer Hand. Das Entfernen des Katheters ist fast schon ein Routinehandgriff geworden.
    Endlich – Amy ist frei. Sie lächelt. Ihre Beine lockern sich, sie winkelt sie an. Ehe ich mich versehe, sitzt sie im Schneidersitz auf ihrem Bett, was nach all diesen Wochen Bewegungslosigkeit fast schon an ein Wunder grenzt. Amy verfällt in ihren alten Rhythmus. Sie wiegt sich hin und her und summt leise unsere kleine Melodie. Tränen füllen meine Augen und trüben mir die Sicht auf dieses Wunder; ärgerlich wische ich sie weg.
    Bei Amys Anblick, der vor Monaten noch etwas Beklemmendes in sich barg und mich oft traurig stimmte, macht mein

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