Deine Seele in mir /
noch mich selbst: den Schweiß eines Mannes, der mit einer Frau schlafen will. Körperliche Begierde, die Lust auf Sex.
Auch wenn sie bereits verflogen ist, so liegt die Erregung, die ich vor kurzem noch verspürte, deutlich in dieser Duftnuance, die für mich nun alles andere überschattet – und sie ekelt mich an.
Ein Schauder rinnt meinen Rücken herab, mir wird speiübel. Schlagartig befreie ich mich aus Marys Umarmung und atme tief durch. Keine gute Idee! Noch mehr der lustdurchtränkten Luft strömt in meine Lungen; ich schlucke schwer. Warum habe ich mich überhaupt hinreißen lassen? Warum nur? Dieses jähe Ende war absolut vorauszusehen. So sicher wie das Amen in der Kirche. Muss ich mich eigentlich immer wieder solch peinlichen Situationen ausliefern? Brauche ich das wirklich?
Wut keimt in mir auf und richtet sich gegen mich selbst.
Marys Blick spiegelt ihre Verwirrung wider. »Matt, was ist denn los? Gerade warst du doch noch ... ich meine ... Ich war mir sicher, dass du es auch willst. Ich habe dich gespürt ...«
Ich nicke, bevor sie die Chance hat, ins Detail zu gehen. »Ich will schon, aber ... ich kann nicht. Ich kann einfach nicht!«
Mary scheint zu spüren, wie ernst es mir ist. Sofort setzt sie sich auf und streift sich ihren Pullover wieder über. Schweigend glättet sie ihren Rock. Dann erst setzt sie sich neben mich auf die Couch und blickt auf meine Hände herab. Sie schürzt ihre Lippen und beginnt, nachdenklich an dem Nagel ihres linken Ringfingers zu knabbern. All das nehme ich nur am Rande meines Sichtfeldes wahr
.
Die Scham ist zu groß, um ihrem Blick zu begegnen.
»Was ist eigentlich mit deinen Daumen passiert?«, fragt sie in die Stille hinein – so, als wäre rein gar nichts zwischen uns geschehen.
»Nichts!« Ich setze mich auf meine Hände.
»Matt, hör mal, es ist okay. Ich meine, ich habe gemerkt, wie erregt du warst, und dann ... Es ist wirklich okay. Ich will nur, dass du weißt ... Ich liebe dich, Matt!«
Erstaunt sehe ich sie an, etwas erschrocken sogar. Das ist nicht die Reaktion, die ich erwartet hatte. Empörung, Frustration, vielleicht sogar Wut, ja. Aber das? Sie liebt mich?
Nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass auch nur ein Hauch von Ernsthaftigkeit hinter Marys ständigen Neckereien stecken könnte. Idiotischer Volltrottel, der ich bin.
Jetzt das zu erwidern, was sie wohl gerne hören würde, wäre gelogen – also schweige ich wieder einmal und wende meinen Blick erneut ab.
»Ich weiß nicht, was dir passiert ist und warum du so bist, wie du bist«, fährt sie fort. Dann unterbricht sie sich selbst und verdreht die Augen. »Gott, das klingt ja schrecklich. Ich meine: Du bist so liebenswert und gut zu allen Menschen ... sogar zu abartig unsympathischen Menschen wie Mrs Jordan. Und gleichzeitig bist du so unglücklich mit dir selbst. So verletzt. Ich weiß nicht, was man dir angetan hat, aber du sollst wissen, dass es jemanden gibt, der dich liebt. Ich liebe dich, Matt. Von ganzem Herzen.« Sie zuckt mit den Schultern. »So, jetzt weißt du es endlich.«
Ich spüre Tränen in mir aufsteigen, doch ich schaffe es in letzter Sekunde, sie zurückzuhalten. Meine Wangen schmerzen, so fest presse ich die Lippen aufeinander.
»Danke« ist alles, was ich erwidern kann.
Es ist nicht viel, aber es ist das Ehrlichste, was ich momentan über die Lippen bringe. Marys Arme schließen sich erneut um mich. Ich spüre genau, wie gut ich daran täte, sie zu lieben!
Wirklich, ich sollte sie lieben.
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VI. Kapitel
I st das nicht wunderschön?« Marys Kopf lehnt an meiner Brust, meine Arme hält sie locker vor ihrem Bauch verschränkt. Über ihre Locken hinweg sehe ich in den klaren Nachthimmel, der immer wieder von dem formidablen Feuerwerk erleuchtet wird. Die Menschen versuchen sogar jetzt noch, von der Brücke aus einen guten Blick auf das Spektakel zu ergattern. Bereits seit Stunden stehen wir direkt am Geländer über dem Fluss, zwischen zwei dicken Pfeilern, die uns vor dem Gedränge der Menschenmassen um uns herum schützen. Unter uns, an den Flussufern, brennen in regelmäßigen Abständen die bengalischen Feuer. Ich schiebe den dichten Vorhang hellblonder Locken vor mir zur Seite.
»Ja, es ist phantastisch«, flüstere ich. »Frohes neues Jahr, Mary.«
Sie dreht sich zu mir um und schenkt mir ein strahlendes Lächeln. »Frohes neues Jahr, Matt.«
Sie schenkt mir noch einen tiefen Blick, dann stellt sie sich auf die Zehenspitzen und drückt mir
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