Deine Spuren im Sand
Eltern verplanten jede Stunde seines Besuchs auf Mallorca, und selbst wenn sie keinen Spaziergang, kein gemeinsames Baden im Meer und keinen Besuch bei ihren Nachbarn vorgesehen hatten, bestanden sie darauf, dass ihr Sohn sich mit ihnen gemeinsam langweilte.
Berno warf sich eine Jacke über und huschte an der Wohnzimmertür der Tornsens vorbei, hinter der Günther Jauch eine kniffelige Frage stellte, über deren Beantwortung sich Herr und Frau Tornsen prompt in die Haare gerieten. So hörten sie nicht das Geräusch der Haustür und kamen nicht auf die Idee, Berno mit überflüssiger Konversation aufzuhalten.
Alex verschwand gerade um die Ecke, als Berno auf die Straße trat. Eine Kamera schien er nicht dabei zu haben. Aber selbst, wenn Alex Traum nicht auf Promi-Jagd war, konnte es passieren, dass ihm Emily über den Weg lief, die sich ausgerechnet auf Sylt besonders sicher fühlen musste. Dort, wo sie sich auskannte wie kein zweiter! Berno musste unbedingt verhindern, dass ein Reporter wie Alex, der sie gar nicht suchte, hier zufällig fand!
Unauffällig folgte er Alex. Als der jedoch auf die Tür einer Gaststätte zuging, blieb Berno zurück. Wenn Alex sich in der Wattrose mit alten Freunden traf, bestand keine Gefahr für Emily.
Berno ging an dem Restaurant vorbei, bis zur nächsten Straßenecke, kehrte dann um und beschloss, vorsichtshalber einen Blick in den Gastraum zu werfen, ehe er zurück in sein unbehagliches Zimmer gehen und an Emily denken würde. An alles, was sie ihm je über ihre Kindheit in Keitum erzählt hatte, an alles, was ihm helfen konnte, sie zu finden und zu beschützen.
Er ging zu der Hausecke, die am weitesten vom Eingang der Wattrose entfernt war. Dort gab es ein großes Fenster. Wenn er Glück hatte, konnte er Alex dabei beobachten, wie er sich im Kreise alter Jugendfreunde niederließ. Dann würde Berno sich beruhigt ins Bett legen, weil er davon ausgehen konnte, dass Alex Traum seine Pflichten als Reporter der Close Up an diesem Tag vergessen hatte.
Tatsächlich sah er Alex sofort, als er einen Blick durch das Fenster warf. Er begrüßte gerade eine Blondine, die Berno nur von hinten sehen konnte, und ließ sich an ihrem Tisch nieder. Berno nickte zufrieden. Ein Treffen mit einer Frau war genauso gut wie ein Wiedersehen mit Jugendfreunden. Alex würde für diesen Abend beschäftigt sein, soviel stand fest.
Berno wollte sich gerade abwenden und zurückgehen, da sah er den Mann. Er hatte sich hinter einem Busch verborgen und schien jemanden zu beobachten, der in der Wattrose saß. Nun bog er die Zweige des Busches auseinander, um einen besseren Blick auf das Geschehen in der Gaststätte zu haben. So konnte Berno erkennen, dass es kein junger Mann war. Er hatte hellgraue Haare, auch sein Bart war grau. Und die Hände, die die Zweige auseinander bogen, waren dick geädert. Die Hände eines alten Mannes.
Zunächst konnte ich nur an das Positive denken: Alex Traum nahm Maik die Möglichkeit, mich zu betrachten. Wenn er erkennen wollte, welche Wirkung das Lied auf mich hatte, dann war ihm das nun nicht mehr möglich, denn Alex’ breite Gestalt nahm ihm die Sicht auf mich. Das erleichterte mich derart, dass mir sogar der Gedanke kam, den Traummann einzuladen, an meinem Tisch Platz zu nehmen.
Ehe ich diesen Gedanken schleunigst wieder verwerfen konnte … saß er mir schon gegenüber. Die Idee, dass mir seine Gegenwart lästig sein könnte, kam ihm anscheinend nicht. Klar, so waren diese Reporter. Schamlos, wenn es darum ging, eine Sensation aufzuspüren.
»Hey, Lieschen«, strahlte er. »Wer hätte gedacht, dass wir uns so schnell wiedersehen? Was für ein Zufall! Wohnen Sie auch in Keitum?«
Ich bewegte vage den Kopf hin und her und versuchte, an seinem linken Ohr vorbeizublinzeln. Maik schien sich aufs Zapfen zu konzentrieren. Wenn mein Anblick irgendwelche Erinnerungen in ihm ausgelöst und ihn sogar bewogen hatte, das Lied zu spielen, bei dem wir uns zum ersten Mal geküsst hatten, dann sah man ihm das zumindest nicht an. Oder glaubte er nun, sich geirrt zu haben, weil sich ein Mann zu mir setzte, der mich Lieschen nannte?
»In welchem Hotel sind Sie abgestiegen? Oder haben Sie eine Ferienwohnung gemietet?«
Der Traummann blickte mich so unschuldig an, als wäre er Briefträger und kein Reporter und als interessierten ihn an mir nur meine blonden Haare. Wie lange wollte er mir eigentlich noch weismachen, dass er mir meine Maskerade abnahm? Wurde ich vielleicht längst mit einer
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