Deine Spuren im Sand
war, meine Blöße zu bedecken. Also beschloss ich, mich kurz zu fassen. »Ich bin es leid! Ich will nicht mehr! Morgen wird die Close up voller Fotos von mir sein.«
»Waaaas?«
»Fotos von Maik und mir im Bett.«
»Wer ist Maik?«
Ich überhörte diese Frage. »Berno hat heute Nacht Fotos von uns geschossen. Er hat tatsächlich die Frechheit besessen, auf den Balkon zu klettern und uns durchs Fenster zu fotografieren. Dieser Mistkerl! Ich bin das alles so leid!«
»Im Bett? Etwa in voller Aktion?«
»Jedenfalls hatte ich die Klamotten, die ich der Praktikantin geklaut habe, nicht mehr an.«
»Das ist kein Grund, deine Karriere wegzuwerfen. Im Gegenteil! Das ist die beste PR für dein neues Album.«
»Du hast doch gehört: Ich will nicht mehr.«
»Wo bist du?«
»Hast du vergessen, dass ich es dir nicht sagen will?«
»Wenn ich es morgen in der Close up lese, kann ich es genauso heute erfahren.«
Da hatte sie auch wieder recht. Und wenn Babette wusste, dass ich auf Sylt war, hatte sie noch immer keine Ahnung, wo ich mich aufhielt. Sylt war groß.
Ich wollte gerade antworten … da hörte ich, wie sich ein Schlüssel in Maiks Wohnungstür drehte. Kurz darauf schlug die Tür ins Schloss, und eine helle Stimme rief: »Ich bin’s!«
»Da kommt jemand«, flüsterte ich, so wie in dem Augenblick, als Alex Traum zu meinem Auto gekommen war, um mir bei der Bezahlung der Fahrkarte für den Autozug zu helfen.
»Schon wieder?« Babette schien die gleichen Erinnerungen zu haben. Und wie am Tag zuvor schrie sie: »Hau ab!«
»Geht nicht«, flüsterte ich auch hier, klappte das Handy zusammen, warf es neben meine Perücke und raste ins Schlafzimmer, wo Maik im Bett saß und die Augen so weit aufgerissen hatte, als wüsste er, dass er nun eine Menge zu sehen bekommen würde. Mit einem gewaltigen Satz, unter dem die Bettfedern aufkreischten, sprang ich zu ihm ins Bett und riss die Decke an mich, obwohl Maik sie verzweifelt festhielt. Mehr als einen Zipfel hatte er nicht mehr in Händen, als seine Tochter in der Tür erschien und meine Perücke in die Höhe hielt.
»Was ist denn das?«
Berno war in großer Sorge. Konnte man sich einem solchen Arzt eigentlich anvertrauen? Siebzig war er und praktizierte schon eine Weile nicht mehr. Konnte der wirklich beurteilen, dass sein Fußgelenk keine schwieriger Fall, sondern nur eine harmlose Verstauchung war? Mit geradezu beleidigender Sorglosigkeit hatte er die Tornsens nach Hause geschickt und ihnen sogar gestattet, sich nicht weiter um ihren Feriengast zu kümmern. »Ich verbinde ihm das Gelenk, und wenn er es heute schont und ein bisschen kühlt, ist morgen alles wieder in Butter.«
Selbstverständlich glaubte Berno ihm kein Wort. Aber er beschloss, sich nichts anmerken zu lassen, sondern am nächsten Tag einen Spezialisten aufzusuchen. Der würde dann vermutlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und von einem verantwortungslosen Kollegen oder gar von Ärztepfusch reden. Nun aber wollte er nur dieses Haus wieder verlassen, ehe sein Kollege Alex erscheinen und ihn in größte Schwierigkeiten bringen würde. Zwar konnte Berno sich einerseits nicht vorstellen, dass er den Weg auf die andere Straßenseite ohne Unterstützung würde zurücklegen können, aber andererseits war er nun doch froh, dass die Tornsens nicht geblieben waren. Sie hätten diese Konsultation womöglich durch überflüssige Plaudereien hinausgezögert. Dann wollte Berno lieber bleibende Schäden riskieren und sich dafür so schnell wie möglich in sein Zimmer zurückschleppen, um dort Frau Tornsen davon zu überzeugen, dass sein Fußgelenk von weiblicher Hand gekühlt werden musste.
Während Dr. Traum eine Salbe auftrug, lauschte Berno ins Haus. Nichts war zu hören. Das beruhigte ihn sehr. Anscheinend schlief Alex noch. Und da Dr. Traum den Namen seines Patienten nicht kannte, musste Berno nur wieder verschwunden sein, ehe Alex erwachte, dann konnte nichts passieren. Für den Rest des Tages würde er das Bett hüten, wenn dieser Arzt, der anscheinend medizinisch nicht mehr auf dem neusten Stand war, auch etwas anderes behauptete. Und vermutlich würde er sich auch in den folgenden Tagen schonen müssen. Die Gefahr, Alex zu begegnen, war damit also gering. Alles würde gutgehen, wenn er nur schleunigst aus diesem Hause herauskam.
Als sein Handy zu klingeln begann, winkte er ab. »Nicht weiter wichtig.«
Aber Dr. Traum stand trotzdem auf und reichte ihm seine Jacke, in der das Handy steckte.
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