Deine Spuren im Sand
Balkon und hat Fotos von uns gemacht. Das Geräusch, das wir gehört haben, war sein Sprung in den Hof. Montag wird die Close up mal wieder die Nase vorn haben. Ich muss sofort mit Babette telefonieren. Sie soll sich schon mal mit meinem Anwalt in Verbindung setzen. Wenn er Fotos von uns im Bett gemacht hat, kann er was erleben! Dann hat der eine Klage am Hals, die sich gewaschen hat.«
Maik sah mich an, als wäre mir eine Warze auf der Nase gewachsen. »Du meinst … ich stehe dann auch in der Zeitung?«
Ich nickte vorsichtig. Klar, Maik würde sich erst daran gewöhnen müssen, dass sein Leben für die Öffentlichkeit interessant geworden war, weil er Emily Funke liebte.
»Wir beide im Bett? Und alle Welt kann sich das anschauen?«
Ich bekam es mit der Angst zu tun. »Die Wattrose wird so gut laufen wie nie zuvor. Du wirst die Kohle nur so scheffeln.«
Aber Maik ließ sich nicht vom Wesentlichen ablenken. »Wenn Julia das sieht! Ihr Vater mit Emily Funke im Bett! Wie soll sie damit fertig werden?«
Ich hätte Maik gerne gesagt, dass seine Tochter alt genug war. Dass bald Gras über die Sache wachsen würde. Dass nichts so alt war wie die Zeitung von gestern. Dass in einem halben Jahr sich kaum noch jemand an diesen Skandal erinnern würde. »Und in einem Jahr wird nur noch ganz selten ein Reporter in der Wattrose auftauchen, um zu fragen, ob ich während des Kochens meine alten Hits singe.«
Ich zog den Kimono aus, in dem ich mich nicht wohlfühlte, und legte mich wieder ins Bett. Nachdem Maik ungefähr fünfundachtzig Mal am Fußende auf und ab gegangen war, legte er sich endlich zu mir. Aber seine Boxershorts und das T-Shirt behielt er an.
11.
B erno erwachte mit heftigen Schmerzen. Besorgt tastete er nach seinem linken Fußgelenk und stellte fest, dass es geschwollen war. Obwohl er ein Mann war, den jede krankhafte Veränderung an seinem Körper in Angst und Schrecken versetzte, erfüllte ihn diese ausnahmsweise mit Genugtuung. Er hatte den Sprung vom Balkon zwar überlebt, aber wer konnte schon ausschließen, dass aus seiner Verletzung eine lebenslange Behinderung wurde? Emily würde sich jedes Mal, wenn sie ihn sah, sagen müssen, dass er ihr seine Gesundheit geopfert hatte. Wenn das kein Beweis für seine Liebe war! Und selbst, wenn sie dann nur aus Mitleid zu ihm zurückkehrte, war das besser als alles andere. Und wenn er das nicht erreichte, würde sie wenigstens glauben können, dass er sie nicht verraten hatte. Wenigstens das!
Berno öffnete die Augen und sah nichts als Kissenberge. Ein Kissen über sich, eins vor sich und jede Menge Kissen unter sich. Plötzlich war ihm, als wäre er von einem Traum aufgewacht. Erstickt unter Kissenbergen!
Mühsam richtete er sich auf, und als seine Nase endlich die Federbettoberfläche erreicht hatte, machte er einen schwachen Kaffeeduft aus. Der Tag war angebrochen! Und Berno konnte nicht verhehlen, dass er nun doch glücklich war, überlebt zu haben. Der große Nachteil, wenn man dem geliebten Menschen sein Leben opferte, war eben, dass man die Folgen dieses Heldentums nicht miterleben durfte.
Er stattete dem Badezimmer der Tornsens nur einen kurzen Besuch ab, denn zweifellos gehörte er eigentlich ins Krankenhaus. Dort würde man ihn nötigen, sich nicht zu bewegen, man würde ihn waschen, füttern und zweimal täglich umbetten. Und man würde ihn zweifellos bewundern für die Tapferkeit, mit der er sich ohne jede Hilfe mannhaft aus dem Bett gestemmt hatte. Wenn es seine Bescheidenheit nicht verbot, würde er dort vielleicht sogar schildern, wie er unter Aufbietung aller Kräfte in die Kleidung gestiegen und mit zusammengebissenen Zähnen die Treppe ins Erdgeschoss bewältigt hatte. So was musste ein Arzt ja wissen, damit er die Spätfolgen berücksichtigte, die aus seiner Mannhaftigkeit entstehen konnten. Frau Tornsen sollte ihm bloß nicht mit Vorwürfen kommen, weil er erst spät in der Nacht zurückgekommen und aufgrund seines angeschlagenen Gesundheitszustandes nicht in der Lage gewesen war, ohne Stöhnen, Seufzen und Fluchen die Treppe zu erklimmen. Wenn diese Frau kein Mitleid mit einem schwerverletzten Mann hatte, würde er auf der Stelle ausziehen. Am besten gleich in die Nordsee-Klinik, wo man sich seiner gern annehmen und auf der Stelle einen Prozess wegen unterlassener Hilfeleistung gegen Frau Tornsen anstrengen würde.
Doch sie hatte ein Einsehen. Noch ehe sie seinen geschwollenen Knöchel in Augenschein genommen hatte, wusste sie nach einem
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