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Deine Stimme in meinem Kopf - Roman

Deine Stimme in meinem Kopf - Roman

Titel: Deine Stimme in meinem Kopf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deuticke
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Momente, wenn sie plötzlich greifbar werden!
    Als wir durch das Retreat zurück zum Ausgang gehen, berührt GH jedes der farbigen buddhistischen Fähnchen, und während er das tut, fragt er mich: »Gehörst du mir?«
    »Ja.«
    »Gehörst du mir?«
    »Ja.«
    »Gehörst du mir?«
    »Ja.«
    »Gehörst du mir?«
    »Ja.«
    Er muss für Dreharbeiten in dem Fischerdorf bleiben, nur für ein paar Wochen. Ich fliege am nächsten Morgen nach Amerika zurück. Als wir unser Hotel verlassen, um irgendwo zu Abend zu essen, kommen wir an einem Laden mit einheimischem Kunsthandwerk vorbei. Unter den landestypischen Wolljacken und den gestrickten Handtaschen entdecken wir ein flauschiges pinkfarbenes Baby-Mäntelchen mit Hasenohren an der Kapuze; auf eine der Taschen ist eine weiche Flanellkarotte gestickt. Wie niedlich! Wir sind beide hin und weg. GH schnappt nach Luft: »Hey, das ist Pearls Hasenmäntelchen!«
    »Darin würde sie echt süß aussehen«, stimme ich ihm begeistert zu.
    Doch seine Augen sind wie benebelt. »Ich will es für sie kaufen.«
    »Sollen wir es nicht lieber erst kaufen, wenn sie auf der Welt ist?«, gebe ich zu bedenken. »Du kannst ja nochmal herkommen.«
    Er berührt das Mäntelchen. Er streichelt es. Er hält es sich an die Wange. Er geht in dem Geschäft hin und her, geht hinaus und kommt wieder herein. Wir wollen ins Hotel zurück. Irgendwann macht er auf dem Absatz kehrt und läuft zu dem Geschäft zurück. Als er wieder herauskommt, hat er Pearls Mäntelchen in einer Plastiktüte in der Hand. Ich schaue ihn fragend an. Er erwidert meinen Blick und sagt achselzuckend: »Ich hatte Angst, dass es dann vielleicht schon weg ist.«
    Im Hotel werden wir um sechs Uhr früh vom Gebrüll eines rotbackigen Mannes geweckt. Das Frühstück auf dem Tablett, das wir bestellt hatten, ist nicht halb so abstoßend wie seine Forderung, GH solle seinen Kindern eine Rolle in dem Film besorgen. Jedes Problem, das wir seither hatten, hängt für mich direkt mit diesem unsympathischen Kerl zusammen, als wäre er eine böse Hexe gewesen, die am Abend meiner Hochzeit beim Ball aufkreuzt.

28. Kapitel
    »Nur der Gedanke daran, bald nach Hause zu kommen und mit dir zusammenzuleben und eine Familie zu gründen, hilft mir, diese Dreharbeiten zu überstehen!«
    Ich bin in Los Angeles und warte schon ewig auf GH . Ich zähle die Tage anhand der
New York Times
am Sonntag ab, die wir bei mir zu Hause im Bett lesen (aus irgendeinem Grund gehen wir nach dem Aufstehen immer zu mir, um sie zu lesen), nachdem wir uns bei Spike and Lilly’s im Laurel Canyon einen Kaffee gekauft haben.
    Er weiß, dass meine Mutter mir eine Kopie meines Suizidbriefs gemailt hat, weil ich über Dr. R schreibe, und er sagt, er wolle bei mir sein, wenn ich ihn lese. Ich frage ihn, was er zum Abendessen will, wenn er nach Hause kommt, und mache wunschgemäß eine Ceviche und einen Käsekuchen mit Passionsfrucht.
    Er schickt mir aus dem Flieger eine SMS , in der er schreibt, dass er in wenigen Stunden in meinen Armen sein wird, und dass das der Beginn unseres gemeinsamen Lebens sein wird. Danach schaltet er sein Handy aus, und sein Flugzeug hebt ab.
    Ich besitze ein kitschiges, rotes Fransenkleid, das ich anziehen will, um vor meinem Haus auf der Mauer zu sitzen und auf ihn zu warten, wie Penelope, die aufs Meer hinausblickt, um auf Odysseus zu warten – allerdings hat meines sicher mehr Pailletten. In letzter Minute finde ich dann aber, dass mir kalt ist und ich lieber etwas anziehen sollte, was man schneller ausziehen kann. Ich schlüpfe in ein T-Shirt-Kleid.
    Sein Flugzeug landet.
    Als er vor meiner Tür steht, zittert er wie ... man sagt »wie Espenlaub«, aber er sieht eher aus wie jemand, der einen Exorzisten braucht.
    »Bist du okay?«
    »Nein, bin ich nicht.«
    »Gehen wir nach oben!«
    Wir legen uns aufs Bett. Er betrachtet mich.
    »Ich glaube, ich brauche Abstand.«
    »Okay.«
    »Okay?« Tränen rollen über sein Gesicht.
    »Es ist okay.«
    Ich sage es immer und immer wieder, während ich ihm über den Kopf streichle – »Es ist okay, es ist okay« –, weil ich keine Ahnung habe, was los ist. Er legt den Kopf in meinen Schoß, und seine Schultern beben. »Danke. Danke.«
    Er liegt lange so da.
    »Em, du nimmst es so gelassen auf.«
    Er sieht beschissen aus, wie etwas, das du im Abfluss finden würdest, nachdem Meat Loaf sich in deinem Waschbecken die Haare gewaschen hat.
    »Du brauchst Abstand«, wiederhole ich seine eigenen Worte und frage mich, was

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