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Delfinarium: Roman (German Edition)

Delfinarium: Roman (German Edition)

Titel: Delfinarium: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Weins
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arme Vogelscheuche mit einem erbarmungslosen Schlange-Kaninchen-Blick, »weil dein Vater Kommunist gewesen ist und seine Erfahrungen mit den Nazis gemacht hat. So, und jetzt sage ich nichts mehr.«
    Schweigen breitet sich aus. Man hört Gummisohlen verlegen über das Linoleum quietschen. Ich sehe Petras Vater sanft den Kopf schütteln, aber es ist davon auszugehen, dass er die Meinung seiner Tochter teilt, das weiß jeder.
     
    »Das mit den Nazis hättest du dir vielleicht schenken können«, sage ich, als wir den erleuchteten Weg vom Gemeindehaus hinab zur Straße gehen, vom Lichtkegel einer Laterne in den nächsten.
    Vor dem Eingang zum Saal hat ein Fotograf mit verwuschelten Haaren gestanden, eine Kamera vor dem Parka. Er hat uns angegrinst, war aber nicht an unseren Fotos interessiert, wir sind nicht wichtig, wir sind keine Nachricht.
    » Bild-Zeitung «, hat Petra getippt.
    » Taz «, sagte ich, obwohl ich wusste, dass sie recht hatte. Langsam entwickelt man ein Gefühl für die verschiedenen Reporter- und Fotografentypen. Allmählich können wir sie ihren Auftraggebern fehlerfrei zuordnen.
    »Das wird hier erst noch richtig losgehen«, sagt Petra düster, »die heiße Phase kommt erst noch. Wenn das Gerichtsurteil steht. Wenn die Sache mit den Enteignungen anfängt. Es werden ja jetzt schon einige weinerlich.«
    »Klar«, sage ich. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ich gelassen bliebe, wenn mein Foto in der Bildzeitung mit der Unterschrift Fortschrittsverhinderer und Arbeitsplatzdieb erscheint.
    »Aber es geht hier nicht um persönliche Befindlichkeiten«, sagt sie, »hier steht viel mehr auf dem Spiel. Es geht um die Zukunft des Dorfes und der ganzen Region.«
    Ich lege ihr die Hand auf die Schulter, ich mag sie. Gerade bin ich mir ziemlich sicher, dass sie einmal Politikerin werden wird und vermutlich eine ziemlich harte. Sie wird nicht Pastorin oder Mutter Mahatma oder Umweltpäpstin oder etwas ähnlich moralisch Einwandfreies, sondern sie wird sich genau in dem Beruf erfolgreich verwirklichen, deren Vertreter sie verachtet, gegen die sie ankämpft.
     
    Ich denke daran, wie sie mich mitten in der Nacht aus dem Bett geklingelt hat, nicht nur mich, sondern auch meinen Vater aus seinem Sessel. Er hatte im Bademantel mit zerzausten Haaren die Tür geöffnet und sie eine halbe Minute wortlos angestarrt, bevor er einordnen konnte, welcher Teil der Welt da etwas von ihm forderte.
    »Komm schnell«, sagte sie an meinem Vater vorbei an meine Adresse, »es geht los!«
    Ich fragte mich, was losginge, aber dann sah ich, dass sie sich mit einer Harke bewaffnet hatte. Das erübrigte alle weiteren Fragen, fand ich.
    »Soll ich einen Hammer mitnehmen oder eine Schere?«, fragte ich, aber sie machte bloß ein genervtes Gesicht.
    Gemeinsam waren wir mit unseren Fahrrädern zum Hauptdeich gehetzt. Dort stand schon eine Handvoll Standhafter auf dem Deich, von Flutlicht in grelle Helligkeit getaucht. Auf dem Deich die aufrechten Menschen und unten Bagger und Planierraupen mit laufenden Motoren, ein ungleicher Kampf.
    »Der Senat will vollendete Tatsachen schaffen«, brüllte Petra mir zu, »sie wollen den Hauptdeich um hundert Meter zurück Richtung Dorf verlegen. Es ist ungesetzlich, wir haben gerade noch rechtzeitig davon Wind bekommen. Unser Anwalt hat beim Verwaltungsgericht einen Eilbeschluss erwirkt, der das hier verhindern soll!«
    Ihr Gesicht leuchtete, die Augen sprühten. Ich wusste, dass es eigentlich nicht so sein sollte. Es war eine schreckliche Situation für das Dorf und so weiter, aber sie wuchs an dieser Sache, Petra war, wenn ich es mir recht besah, eine der wirklichen Nutznießerinnen dieser ganzen bescheuerten Geschichte. Wir standen frierend auf dem Deich. Ich fühlte mich wie beim Osterfeuer, wo man die bösen Wintergeister austreibt, und ich wusste neben mir eine Person, die es ihr Leben lang mit jedem Goliath aufnehmen würde, bis sie selbst einer geworden war.
     
    »Also, was ist?«, frage ich, als wir auf der Dorfstraße stehen, »wollen wir noch irgendwohin, wollen wir noch was trinken?« Was eigentlich eine bescheuerte Frage ist. Im Dorf gibt es nur eine Pinte, aber da setzen wir uns tatsächlich manchmal hinein. Allerdings will man das auch nicht jeden Abend machen.
    Sie bleibt stehen und sieht mich an. »Nö«, sagt sie. Sie sieht links und rechts die Straße hinunter. »Kann ich mit zu dir kommen?«
    Ich tue, als müsste ich überlegen. Wir lächeln uns an.
    Mein Vater sitzt im Sessel mit dem

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