Delhi Love Story
beleidigen –«
»Das haben Sie auch nicht. Solange Sie mit meiner Kampagne zufrieden sind.«
»Dazu muss ich sie erst einmal sehen, oder?« Er lächelt und blickt Ma herausfordernd an. Mas Augen leuchten; sie steht auf.
Na toll, denke ich. Das hat uns noch gefehlt. Und jetzt wird sie auch die nächsten 100 Stunden durcharbeiten.
Dreizehn
In den folgenden Wochen regnet es immer wieder und mit einem Mal ist es August. Meine Mitschüler an der NPS strengen sich jetzt noch mehr an; das Schuljahr hat seinen Rhythmus gefunden. An der NPS beginnen nun die zahlreichen Zusatzkurse, für die sie berühmt ist.
Plötzlich sind die schwarzen Bretter voller Angebote von Sportmannschaften oder Lerngruppen, Einladungen zum Vorsprechen, eine riesige Palette von Veranstaltungen. Nachdenklich beobachte ich, wie die Hälfte der Klasse an diesen Angeboten teilnimmt oder wenigstens so tut – sogar Richa, die behauptet, sie habe die drei Stunden Biotechnologie letzte Woche nur verpasst, weil sie sich für die Aufnahme in eine der Mannschaften vorbereitet habe. Ihre nicht unbemerkt gebliebenen Treffen mit Bobs unter der Treppe in der Bibliothek hätten damit nichts zu tun. »Wir haben nur Hausaufgaben gemacht«, erzählt sie mir beim Mittagessen, als ich sie damit konfrontiere.
»Hausaufgaben?«
»Unter anderem.«
»Mann, Richa, er ist doch ein Vollidiot!«, stöhne ich.
»Aber ein SÜSSER.«
»Bitte sag, dass ihr nicht zusammen seid.«
»Warum?«
Ein Blick in ihre leuchtenden Augen zwingt mich zur Zurückhaltung. »Also seid ihr zusammen?«
»Ich habe ja selbst nicht daran geglaubt, Ani, aber als er mich dann geküsst hat –«
»Erspare mir die Einzelheiten.«
»Aber wieso denn«, ruft sie mir nach. »Die Einzelheiten sind doch das Interessanteste!«
Kopfschüttelnd gehe ich zurück zum Schulgebäude. Ich komme am Musikzimmer vorbei, in dem eine Gruppe Schüler für die Schulband vorspielt. Im Computerraum sitzen die Jungs von der Naturwissenschaftsgruppe vor
ihren Monitoren; in der Bibliothek findet ein Aufsatzwettbewerb statt. Die Armen, denke ich, während mein Blick über die schwarzhaarigen, gebeugten Köpfe wandert. Warum schreiben die bloß alle so eifrig? Was soll das, was bringt es ihnen? Sie sind verrückt, total verrückt, alle miteinander, die ganze Schule mit ihren Proben und Bewerbungen und Ranglisten, alle sind wie Hamster im Laufrad, sie kommen nicht weiter und erreichen nichts.
Der Aushang im dritten Stock weckt dennoch mein Interesse. »Vox Pop«, steht da, und weiter:
»Hier ist kein Platz für Diskussionen.
Oh doch.
Das ist ein Mythos.
Es ist die Wahrheit.
Ein Scherz.
Ein Test.
Ein nettes Gespräch.
Ein Kampf bis aufs Letzte.
… Vox Pop freut sich auf dich.
Und auf deine Ansichten.
Komm allein.
Oder mit Freunden.
Sei gut vorbereitet.
Oder komm einfach so vorbei.
Freitag um drei im Auditorium.
Vielleicht.«
»Typisch!« Ich hatte Nikki gar nicht bemerkt. Sie sah noch griesgrämiger aus als sonst, auch wenn das kaum möglich schien.
»Diese Idioten fragen nicht mal bei der Tanzgruppe nach! Obwohl sie genau wissen, dass wir immer dort üben. Ich kann kaum glauben, dass wir denen Platz machen sollen. Oder sollen wir extra früher kommen? Ich werde mit Nangia darüber sprechen!«
»Was ist Vox Pop?«
Sie dreht sich wütend zu mir um: »Du hältst dich wohl für besonders witzig.«
»Nicht wirk –«
Aber sie stapft schon empört davon. Offensichtlich kann ich nichts sagen oder tun, was ihr gefällt.
»Die sah aber wütend aus.« Keds kommt gerade vom Wasserspender zurück, wischt sich den Mund mit dem Handrücken ab und stellt sich zu mir. »Was ist denn passiert?«
»Gibt es eventuell eine Situation, in der sie sich ein Lächeln abringen könnte?«
»Eigentlich ist sie ganz nett, Ani.«
»Und du hast ein großes Loch genau dort, wo mal dein Gehirn war, Keds.«
»Komm, sie war nur ein bisschen wütend.«
»Aber wieso? Ich habe sie nur gefragt, was Vox Pop ist!«
»Vox Pop ist der Debattierklub der Schule. Wieso?«
Ich zeige auf den Aushang.
»Die haben wieder Vorsprechen? Um drei? Gut, bis dahin bin ich mit Tennis fertig. Wir können zusammen hingehen.«
»Wohin denn?«
»Na zu dem Vorsprechen, wohin denn sonst?«
»Aber wieso sollte ich dahin gehen?«
»Weil du dich bewerben wirst.«
»Nein, werde ich nicht.«
Er bekommt wieder diesen geduldig-leidenden Gesichtsausdruck. Verständnislos scheint er zu fragen, wie es sein kann, dass ich hier, an der wunderbaren
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