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Delhi Love Story

Delhi Love Story

Titel: Delhi Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swati Kaushal
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NPS, bei keiner dieser tollen Aktivitäten mitmachen will.
    »Ani –«
    »Keds, ich debattiere nicht.«
    »Oh doch. Das hat mir Tante Isha verraten.«
    »Gut, aber jetzt nicht mehr.«
    »Warum nicht?«
    Nie war ich dem Gong zum Ende der Pause so dankbar. »Komm, wir müssen los«, drängele ich.
    Er stellt sich mir entschlossen in den Weg und verschränkt die Arme. »Ich verstehe das nicht, Ani. Du willst nirgends mitmachen. Nicht beim Basketball, nicht beim Tennis, nicht beim Debattierklub. Was ist los?«
    »Nichts.«
    »Was ist los?«
    »Wahrscheinlich interessieren mich diese Dinge einfach nicht mehr.«
    »Was interessiert dich denn?«
    »Ich muss mich doch nicht für irgendetwas interessieren, oder?«
    »Es würde dir nicht schaden, irgendwo mitzumachen.«
    »Und wenn doch?«
    Er verdreht die Augen. Und sieht mich so komisch an, dass ich wegsehen muss. »Ach Ani«, seufzt er, »ich dachte immer, du wärst eine Kämpferin.«

    Er geht und ich denke: Blöder Keds. Von dir lasse ich mich nicht einfach so unter Druck setzen. Nicht von dir.
    Weil Keds so verkrampft und missbilligend hinter mir sitzt, kann ich mich kaum auf Mrs Nath und ihre Aminosäuren konzentrieren, auch wenn sie deren Strukturen und Eigenschaften noch so leidenschaftlich erläutert. Ich weiß natürlich, welches Spiel Keds spielt. Er tut, als sei er enttäuscht von mir, um mich in eine Richtung zu drängen, in die ich nicht gehen will. Aber trotzdem …
    Ich drehe mich zu ihm um und sehe, dass er und Nikki die Köpfe zusammenstecken. Nikki flüstert ihm etwas ins Ohr, bestimmt ist es furchtbar uninteressant. Ich warte darauf, dass er sich abwendet, aber er tut es nicht.
    Vergiss es, Keds, denke ich. Es wird nicht funktionieren.
    Zugegebenermaßen ist es ironisch – wie Somes sagen würde –, wie aggressiv ich mein Recht auf Passivität verteidige. Wie ich trotz all meiner Beteuerungen des Gegenteils interessiert zur Tafel blicke oder meine Einstellung zu Debatten debattiere. Sollte ich hingehen? Warum sollte ich? Es ist egal. Oder nicht?
    Oh Annie, hör bloß damit auf! Wieso um alles in der Welt solltest du wieder mit alldem anfangen? Übungsthemen, Übungsgruppen, Übungsdebatten …
    Aber es gab einmal eine Zeit, in der alles anders war und in der ich dachte, dass solche Dinge wichtig sind. Man konnte mir ein Thema nennen, irgendein Thema, und ich konnte die nächsten fünf Minuten selbstbewusst
und eloquent darüber sprechen. Erderwärmung, Kapitalverbrechen, Atomkraft, Gleichberechtigung, öffentliche Büchereien – ich hatte zu allem eine leidenschaftliche Meinung. Papa nannte mich seine selbstgerechte kleine Aktivistin. »Das mag ich an dir am liebsten«, sagte er, als ich mich in der Mittelstufe über die Verkürzung der Pausenzeit beklagte oder Unterschriften für den Tierschutz und gegen die Eröffnung der Jagdsaison durch den Gouverneur sammelte. »Wenigstens hebst du nicht alles vom Boden auf.«
    »Sogar das würde dir gefallen«, seufzte Ma, die mir beim Entwerfen der Poster für die Demonstration half. »Sie ist genau wie du.«
    Aus dem Debattierklub trat ich in der achten Klasse aus, im Frühling. Genau wie aus der Basketball- und der Schwimmmannschaft. So wie Papa aus unserem Alltag verschwunden war. Es war, als hätte ich ein Leck: All meine Energien, Leidenschaften, Gedanken, Worte und Argumente verließen mich. Alles war leer geworden. Alles fühlte sich schwer und starr an. Einer gewann, einer verlor, die eine Mannschaft spielte gut, die andere schlecht. Was hatte das noch für eine Bedeutung? Wir gaben den großen Katastrophen und Ungerechtigkeiten kleine, miese Namen wie Erderwärmung, Hunger, Armut oder Krebs – und nicht einmal das beste Argument, die leidenschaftlichste Rede, die beste Idee oder die bahnbrechendste Forschung konnte etwas daran ändern.
    Ich schreibe »Vox Pop« in mein Notizbuch. Die Wörter scheinen bedeutungslos, die sechs Buchstaben mickrig.
Ich übermale sie. Ich möchte nicht so tun, als wäre irgendetwas von Bedeutung, als könnte ich etwas bewirken.
    Aber ich spüre Keds’ Missfallen. Es bohrt sich während der ganzen nächsten Stunde in den Rücken, ich kann mich auf nichts anderes konzentrieren. Ab und an drehe ich mich zu Keds um, aber er tut so, als sei er in die Arbeit vertieft oder höre Nikki, Somes oder sogar Richa zu. Er tut, als sehe er mich nicht.
    »Hey, Keds.«
    Er schreibt weiter in sein Heft.
    »Benimm dich nicht so, okay?«
    Sein Stift hält einen Moment inne, dann schreibt er

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