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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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für ihn, wenn ich immer von Neuem wieder zurückgesetzt werde und warten muß, und er wird wissen, was er darauf zu erwiedern hat. Ich gehe!«
    »Halt!« rief ich.
    Er befand sich bereits an der Thüre. Der Bey von Gumri, an den mich der Älteste von Spandareh adressirt hatte? Das war eine vortreffliche Gelegenheit, mich vortheilhaft bei ihm anzumelden.
    »Was willst Du?« frug er barsch.
    Ich schritt auf ihn zu und hielt ihm die Hand entgegen.
    »Ich will Dich begrüßen, denn das ist ebenso, als ob Dein Bey meinen Gruß hörte.«
    »Kennst Du ihn?«
    »Ich habe ihn noch nicht gesehen, aber man hat mir von ihm erzählt. Er ist ein sehr tapferer Krieger, dem meine Achtung gehört. Willst Du mir eine Botschaft an ihn ausrichten?«
    »Ja, wenn ich es kann.«
    »Du kannst es. Aber vorher werde ich Dir beweisen, daß ich den Bey zu ehren weiß: Du sollst vor mir zum Mutesselim eintreten dürfen.«
    »Ist dies Dein Ernst?«
    »Mit einem tapferen Kurden scherzt man nie.«
    »Hört Ihr es?« wandte er sich zu den Andern. »Dieser fremde Emir hat gelernt, was Höflichkeit und Achtung bedeutet. Aber ein Berwari kennt die Sitte ebenso.« Und zu mir gerichtet, fügte er hinzu: »Herr, ich danke Dir; Du hast mir mein Herz erfreut! Aber ich werde nun gern warten, bis Du mit dem Mutesselim gesprochen hast.«
    Jetzt war er es, der mir die Hand entgegenstreckte. Ich schlug ein.
    »Ich nehme es an, denn ich weiß, daß Du nicht lange zu warten haben wirst. Aber sage mir, ob Du nach Deiner Unterredung mit dem Commandanten so viel Zeit hast, zu mir zu kommen!«
    »Ich werde kommen und dann etwas schneller reiten. Wo wohnest Du?«
    »Ich wohne hier bei Selim Agha, dem Obersten der Arnauten.«
    Er trat mit einer zustimmenden Kopfbewegung zurück, denn der Diener öffnete die Thüre, um mich und Lindsay eintreten zu lassen.
    Das Zimmer, in welches wir gelangten, war mit einer alten verschossenen Papiertapete bekleidet und hatte an seiner hintern Wand eine kaum fußhohe Erhöhung, die mit einem Teppiche belegt war. Dort saß der Commandant. Er war ein langer, hagerer Mann mit einem scharfen, wohl frühzeitig gealterten Angesichte. Sein Blick war verschleiert und nicht Vertrauen erweckend. Er erhob sich bei unserem Eintritte und bedeutete uns durch eine Bewegung seiner Hände, zu beiden Seiten von ihm Platz zu nehmen. Mir fiel dies nicht schwer; Master Lindsay aber hatte einige Mühe, sich mit gebogenen Beinen in jene Stellung zu bringen, welche die Türken ›Ruhen der Glieder‹ nennen. Wer sie nicht gewöhnt ist, dem schlafen die unteren Extremitäten sehr bald ein, so daß man dann gezwungen ist, sich wieder zu erheben. Ich mußte also aus Rücksicht auf den Engländer dafür sorgen, daß die Unterhaltung nicht gar zu lange dauere.
    »Chosch geldin demek; ömriniz tschok ola – seid mir willkommen; Euer Leben möge lang sein!« empfing uns der Commandant.
    »Grad so, wie das Deinige,« antwortete ich ihm. »Wir sind von fern her gekommen, um Dir zu sagen, daß wir uns freuen, Dein Angesicht zu sehen. Möge Segen in Deinem Hause wohnen und jedes Werk gelingen, das Du unternimmst!«
    »Auch Euch wünsche ich Heil und Erfolg in Allem, was Ihr tut! Wie heißt das Land, das Deinen Tag gesehen hat, Emir?«
    »Germanistan.«
    »Hat es einen großen Sultan?«
    »Es hat sehr viele Padischahs.«
    »Und wie viele Krieger?«
    »Wenn die Padischahs von Germanistan ihre Krieger versammeln, so sehen sie mehrere Millionen Augen auf sich gerichtet.«
    »Ich habe dieses Land noch nicht gesehen, aber es muß ein großes und ein berühmtes sein, da Du unter dem Schutze des Großherrn stehest.«
    Dies war natürlich ein Wink, mich zu legitimiren. Ich that es sogleich:
    »Dein Wort ist richtig. Hier hast Du das Bu-djeruldi des Padischah!«
    Er nahm es, drückte es an Stirn, Mund und Brust und las es.
    »Hier lautet doch Dein Name anders als Kara Ben Nemsi!«
    Ah, das war fatal! Der Umstand, daß ich den mir von Halef gegebenen Namen hier beibehalten hatte, konnte uns schädlich werden; doch faßte ich mich schnell und meinte:
    »Willst Du mir einmal den Namen vorlesen, der hier auf dem Pergamente steht?«
    Er versuchte es, aber es wollte ihm nicht recht gelingen. Und über den Namen des Heimatortes stolperte er vollends gar hinweg.
    »Siehest Du!« erklärte ich. »Kein Türke kann einen Namen aus Germanistan richtig lesen und aussprechen; kein Mufti und kein Mollah bringt dies fertig, denn unsere Sprache ist sehr schwer und wird in einer andern Schrift

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