Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
möglich!«
»Das ist sehr möglich! Ich will Dir nur soviel vertrauen, daß der Gouverneur mich nach meiner Rückkehr von Amadijah zu den Weideplätzen der Araber senden wird. Ich soll dort heimlich das Terrain studiren, damit ich ihm meine Vorschläge machen kann.«
»Ist dies wahr?«
»Ich sage es Dir im Vertrauen, folglich ist es wahr.«
»Dann bist Du ein großer Inandschi von ihm!«
»Vermuthlich!«
»Und hast Einfluß auf ihn!«
»Wenn dies der Fall wäre, so dürfte ich es doch nicht behaupten. Sonst könnte ich diesen Einfluß doch sehr leicht verlieren.«
»Emir, Du machst mich besorgt!«
»Warum?«
»Ich weiß, daß die Gnade des Mutessarif nicht über mir leuchtet. Sage mir, ob Du wirklich sein Freund und Vertrauter bist!«
»Er hat mir mitgetheilt, was er Andern vielleicht nicht sagen würde, sogar von seinem Zuge gegen die Dschesidi hat er mir vorher gesagt; ob ich aber sein Freund bin, das ist eine Frage, deren Beantwortung Du mir erlassen mußt.«
»Ich werde Dich auf die Probe stellen, ob Du wirklich mehr weißt, als Andere!«
»Tue es!« sagte ich zuversichtlich, obgleich ich innerlich einige Besorgniß fühlte.
»Auf welchen Stamm der Araber hat er es besonders abgesehen?«
»Auf die Schammar.«
»Und auf welche Abtheilung derselben?«
»Auf die Haddedihn.«
Jetzt nahm sein scharfes Gesicht einen lauernden Ausdruck an.
»Wie heißt der Scheik derselben?«
»Mohammed Emin. Kennst Du ihn?«
»Nein. Aber ich hörte, der Mutessarif soll ihn gefangen genommen haben. Er hat doch sicher davon zu Dir gesprochen, da er Dir sein Vertrauen schenkte und Dich zu den Arabern senden will!«
Dieser gute Mann machte wirklich eine Anstrengung, diplomatisch zu sein! Ich aber lachte ihm in das Gesicht.
»O Mutesselim, Du stellst mich da sehr hart auf die Probe! Ist Amad el Ghandur so alt, daß Du ihn mit Mohammed Emin, seinem Vater, verwechselst!«
»Wie kann ich sie verwechseln, da ich Beide noch nie gesehen habe!«
Ich erhob mich.
»Laß uns unser Gespräch beenden! Ich bin kein Gendschi, den man narren darf. Aber wenn Du den Gefangenen sehen willst, so gehe hinab in das Gefängniß; der Sergeant wird Dir ihn zeigen. Ich sage Dir nur: Halte es geheim, wer er ist, und laß ihn ja nicht entkommen! Solange der zukünftige Scheik der Haddedihn sich in der Gewalt des Mutessarif befindet, kann dieser Letztere den Arabern Bedingungen stellen. Jetzt erlaube, daß ich gehe!«
»Emir, ich wollte Dich nicht beleidigen. Bleibe!«
»Ich habe heute noch Anderes zu thun.«
»Du mußt bleiben, denn ich habe Dir ein Mahl bereiten lassen!«
»Ich kann in meiner Wohnung speisen und danke Dir. Übrigens steht draußen ein Kurde, der nothwendig mit Dir zu sprechen hat. Er war eher da als ich, und darum wollte ich ihm den Vortritt lassen; er war aber so höflich, dies abzulehnen.«
»Er ist ein Bote des Bey von Gumri. Er mag warten!«
»Mutesselim, erlaube, daß ich Dich vor einem Fehler warne!«
»Vor welchem?«
»Du behandelst diesen Bey wie einen Feind oder doch wie einen Mann, den man nicht zu achten oder zu fürchten braucht!«
Ich sah es ihm an, daß er sich Mühe gab, eine zornige Aufwallung zu beherrschen.
»Willst Du mir Lehren geben, Emir, Du, den ich gar nicht kenne?«
»Nein. Wie kann ich es wagen, Dich belehren zu wollen, da Du mehr als mein Alter hast! Bereits als wir von der Magie sprachen, habe ich Dir bewiesen, daß ich Dich für weiser halte, als daß ich Dich belehren könnte. Aber einen Rath darf auch der Jüngere dem Älteren ertheilen!«
»Ich weiß selbst, wie man diese Kurden zu behandeln hat. Sein Vater war Abd el Summit Bey, der meinen Vorgängern und besonders dem armen Selim Zillahi so große Mühe machte!«
»Soll sein Sohn Euch dieselbe Mühe machen? Der Mutessarif braucht seine Truppen gegen die Araber, und einen Theil derselben muß er stets gegen die Dschesidi bereit halten, denen er nicht trauen darf. Was wird er sagen, wenn ich ihm mittheile, daß Du die Kurden von Berwari so behandelst, daß auch hier ein Aufstand zu befürchten steht, wenn sie merken, daß der Gouverneur augenblicklich nicht die Macht besitzt, ihn niederzudrücken? Thue, was Du willst, Mutesselim. Ich werde Dir weder eine Lehre noch einen Rath ertheilen.«
Dieses Argument frappirte ihn; das sah ich ihm an.
»Du meinst, daß ich den Kurden empfangen soll?«
»Thue, was Du willst. Ich wiederhole es!«
»Wenn Du mir versprichst, bei mir zu essen, so werde ich ihn in Deiner Gegenwart hereinkommen
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