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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wollte. Ich verließ das Klostergebäude, schritt quer über den Hof und trat durch die Gitterpforte auf den Gottesacker.
    Da ruhten sie, die Hunderte von Derwischen. Sie hatten ausgetanzt, und nun lag ein Stein zu ihren Häuptern, auf dem der Turban thronte. Ihre Komödie war ausgespielt. Wie werden sie über die ›Brücke der Prüfung‹ gelangen!
    Ich hatte mich noch nicht weit zwischen die Gräber vertieft, als ich den Derwisch kommen sah. Er schritt, scheinbar in fromme Betrachtung versunken, einem abgelegenen Winkel zu, und ich folgte ihm. Wir trafen dort zusammen.
    »Was hast Du mir zu sagen?« fragte er.
    Ich mußte außerordentlich vorsichtig sein; darum antwortete ich:
    »Erst muß ich Dich kennen lernen. Kann man sich auf Dich verlassen?«
    »Frage den Usta; er kennt mich genau!«
    »Wo ist er zu finden?«
    »In Dimitri, bei dem Rum Kolettis. Bis gestern waren wir in Baharive Keui, aber man hat uns entdeckt und vertrieben. Der Usta wäre beinahe erschossen worden. Nur durch Schwimmen konnte er sich retten.«
    Diese Worte sagten mir allerdings, daß Abrahim Mamur der Anführer dieser Freibeuter sei; er hatte mich also in Baalbeck nicht belogen. Aber der Derwisch hatte einen Mann genannt, der mich an ein früheres Ereigniß erinnerte. Hatte nichtjener Grieche, welcher während des Kampfes im ›Thal der Stufen‹ in meine Hände fiel, Alexander Kolettis geheißen? Ich erkundigte mich weiter:
    »Sind wir bei Kolettis sicher?«
    »Vollständig. Weißt Du, wo er wohnt?«
    »Nein. Ich bin erst seit kurzer Zeit in Stambul.«
    »Woher kommst Du?«
    »Aus Damask, wo ich den Usta getroffen habe.«
    »Ja, er war dort, aber das Werk ist ihm nicht gelungen. Ein fränkischer Hekim hat ihn erkannt, und er mußte fliehen.«
    »Ich weiß es; er hat dem reichen Schafei Ibn Jacub Afarah nur einen Theil seiner Geschmeide abnehmen können. Ist es verkauft?«
    »Nein.«
    »Weißt Du dies genau?«
    »Ganz genau, denn ich und mein Vater sind seine Vertrauten.«
    »Ich komme, um dieser Sachen wegen mit ihm zu sprechen. Ich weiß einen sichern Mann, der Alles kauft. Hat er es sofort bei der Hand?«
    »Es steckt im Thurm von Galata an einem sichern Orte. Vielleicht kommst Du zu spät, denn der Bruder Kolettis’ hat auch einen Mann gefunden, welcher heut kommen will.«
    Das machte mir Sorge, doch ließ ich mir nichts merken.
    »Wo ist Barud el Amasat, Dein Vater? Ich habe eine wichtige Botschaft an ihn.«
    »Bist Du treu?« fragte er nachdenklich.
    »Probire es!«
    »Er ist in Edreneh bei dem Kaufherrn Hulam zu finden.«
    Jetzt erschrack ich förmlich, denn hier war gewiß wieder eine Heimtücke im Spiele, doch faßte ich mich schnell.
    »Ich weiß es,« bemerkte ich zuversichtlich. »Dieser Hulam ist der Verwandte jenes Jacub Afarah in Damask und auch des Händlers Maflei hier in Stambul.«
    »Ich sehe, Du weißt Alles. Ich kann Dir vertrauen.«
    »So sage mir noch, wo sich Dein Oheim Hamd el Amasat befindet!«
    »Auch diesen kennst Du?« frug er verwundert.
    »Sehr genau. Er war in der Sahara und in Ägypten.«
    Sein Erstaunen wuchs. Er schien mich für ein ganz bedeutendes Mitglied seiner sauberen Verbrüderung zu halten, denn er frug:
    »So bist Du wohl gar der Usta in Damask?«
    »Frage jetzt nicht, sondern antworte mir!«
    »Hamd el Amasat ist jetzt in Skutari. Er wohnt bei einem fränkischen Kaufmann, welcher Galino oder Galineh heißt.«
    »Galingré willst Du sagen.«
    »Herr, Du weißt wahrhaftig Alles!«
    »Ja; aber Eins weiß ich noch nicht. Wie nennt sich der Usta jetzt?«
    »Er ist aus Koniëh und heißt Abd el Myrrhatta.«
    »Ich danke Dir. Du wirst bald mehr von mir hören!«
    Er antwortete auf meinen Abschiedsgruß mit einer Unterwürfigkeit, welche mir bewies, daß es mir vollständig gelungen war, ihn zu täuschen. Nun aber galt es, keinen Augenblick zu versäumen, sonst konnte meine jetzige Errungenschaft schnell wieder verloren gehen. Ohne mich erst zu Maflei zurück zu begeben, ritt ich nach Dimitri, um mich in dem Weinhause nach Kolettis zu erkundigen. Ich fand den Wirth nicht anwesend, aber sein Weib war da. Meine erste Frage war nach dem Barbier, und ich erfuhr, daß ein Arzt gekommen sei und ihn anders verbunden habe. Später, vor noch nicht langer Zeit, sei er abgeholt worden. Nun fragte ich nach Kolettis. Die Frau blickte mich ganz erstaunt an und sagte:
    »Kolettis? So heißt ja mein Mann!«
    »Ah! Das wußte ich nicht. Ist hier nicht ein Mann aus Koniëh zu finden, welcher Abd el Myrrhatta

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