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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zischt.
    Da hängt die Wolke bis zur Welle,
    Der Himmel bis ins Meer herab;
    Da stürzt der Blitz, der tageshelle,
    Sich flammend in das feuchte Grab.
    Die Windesbraut, das Steuer höhnend,
    Reißt jäh die Barke mit sich fort.
    Gebeugt von ihrer Wucht, stürzt dröhnend
    Der Mast zu Deck und über Bord.
    Da höret man der Brandung Brausen;
    Schon glänzet durch die Nacht ihr Schaum –
    Ein Stoß – ein Schrei – und Wogen sausen
    Durch Leck und Luken in den Raum.
    Da sitzet an dem frühen Morgen
    Das Wrack am öden, fernen Strand,
    Da ruhet Alles wohl geborgen
    Tief unten in des Meeres Sand;
    Da liegt der Mensch mit seinem Hoffen,
    Mit all’ dem Glück, das ihm gelacht,
    In seiner besten Kraft getroffen
    Von einer einz’gen Wettersnacht,«
     
    so muß man dem kühnen Manne, welcher sich dem schwachen Baue seiner Hände anvertraut, um sich durch Noth und Tod zum fernen Land zu ringen, wohl Bewunderung zollen. Er kämpft mit der Macht des Sturmes und des Wetters, der Strömungen und Gezeiten und weiß selbst der Barre, dem Maskaret, der Bore oder Pororóca zu entgehen, jener furchtbarem senkrechten Wassermauer, welche unter meilenweit hörbaren Brüllen aus dem Meere in die Mündungen der Ströme tritt und allem Menschenwerk mit augenblicklicher und vollständiger Vernichtung droht. Er segelt mit demselben Muthe unter der Hitze des Aequators, welche die Planken seines Schiffes ausdorret, sodaß der Theer aus allen Fugen läuft, wie in den Breiten des Nordpoles, wo er sich durch die Flarden des gefrorenen Meeres sägt und zwischen Eisbergen schwimmt, deren Größe man schon auf 1500 Millionen Kubikfuß geschätzt hat.
    Die Verachtung aller Gefahr geht sogar so weit, daß z.B. einer der berühmtesten englischen Seeleute den atlantischen Ocean nicht anders als »den alten Häringsteich« nannte, ein Umstand, der es uns nicht als ein Wunder erscheinen läßt, daß die Chinesen die Engländer am Liebsten mit dem Worte »Yang-kuei-dze«, d.h. »Meerteufel«, bezeichnen.
    Flüchtig und ruhelos wie die beiden Elemente, in denen sie sich bewegen, sind die Erscheinungen des Oceans gegenüber denen des Festlandes, welches dem Anker einen Grund und dem Menschen eine Heimath gewährt. Deshalb hat die bleibende Scholle einen unendlich höheren Werth für den Erdensohn als die trügerische und flüchtige Woge, und mit Blut und Leben steht er ein für das Fleckchen Erde, welches er sein Eigen oder sein Vaterland nennen darf.
     
    »Wir pflügen unser eigen Land;
    Wir habens wohl errungen.
    D’rum fechten wir auch Hand in Hand
    Wenn Feinde eingedrungen«
     
    klingt es im Yankee-Doodle, und dieses Erringen und Behaupten hat Heldenthaten geboren, von denen »noch der Nachwelt Stimme spricht.«
    Wen das Schicksal, ihm den ruhigen Genuß des heimischen Heerdes verwehrend, hinaustrieb in die weite Welt, der lernt aus der Größe seiner Entsagung und der Macht seiner zurückblickenden Sehnsucht die Bedeutung des Verlorenen erkennen; denn wenn wir auch hier »keine bleibende Stätte haben,« so sind wir doch mit tausend Banden an den Boden gefesselt, dem wir entwuchsen, und ob die Fremde uns noch so Vieles gewährt, Eins versagt sie uns doch: die Stillung jenes tiefinnern Wehes, welches Conrad Crez, der deutsche Dichter in Amerika, so treffend zu zeichnen versteht:
     
    »Land meiner Väter, länger nicht das meine,
    So heilig ist kein Boden, wie der deine.
    Nie wird dein Bild aus meiner Seele schwinden,
    Und knüpfte mich an dich kein lebend Band,
    Es würden mich die Todten an dich binden,
    Die deine Erde deckt, mein Vaterland!«
    3.
     
    Berg und Thal
     
    »Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen, von welchen mir Hülfe kommt.«
    Ps. 121, 1.
     
    Selbst für den nüchternsten Realisten liegt in diesen Worten der frommen alttestamentlichen Poesie eine Aufforderung zum Nachdenken.
    Es giebt keine Erscheinung der irdischen Natur, welche nicht unter dem bestimmenden und leitenden Einflusse jenes großen, erhabenen Geistes stände, nach welchem »der Zweifler« fragt:
     
    »Waltet er im Glanz des Weltenstromes
    Und im Bach, der durch die Felsen hüpft?
    Lebt ein Gott im Menschen und im Wurme?
    Hör ich ihn hier in dem Donnersturme,
    Dort im Säufeln, das durch Mythen schlüpft?«
     
    »Führe ich gen Himmel, siehe, so bist Du da; bettete ich mir in die Hölle, siehe, so bist Du auch da; nähme ich Flügel der Morgenröthe und bliebe am äußersten Meere, so würde doch Deine Hand daselbst mich führen und Deine Rechte mich halten!«

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