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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Vater spricht: Für die Seele des Volkes und für die Seele des Kindes sei das Kunstwerk rein, erhebend und heilig wie ein Gebet! Diese Heiligkeit hat sich nicht nur in der Ausführung, sondern vor allen Dingen in der Wahl des Gegenstandes auszusprechen. Unter »heilig« ist aber hier in diesem Falle keineswegs nur »fromm« gemeint, sondern alles, was die Seele erhebt und nicht nach unten zieht. Und heilig sollte das Kunstwerk nicht nur sein, sondern auch bleiben, auch für das Alter, für für die ganze Lebenszeit! Es ist richtig, daß es eine »Kunst des Häßlichen« und sogar eine »Kunst des Bösen« gibt, aber daß die Kunst das Häßliche will, ist absolut unmöglich!
    Zwar hat es gerade in der Gegenwart den Anschein, als ob in gewissen Kreisen das Unschöne, das Unlautere, das Perverse bevorzugt werde, und da sei dann schleunigst konstatiert, daß die Ursachen und die Zwecke dieses allerdings vorhandenen Zuges im Künstler selbst liegen, nicht aber in der Kunst. Die wahre Kunst ist stets gesund und keusch, niemals gebrechlich oder gar pervers! Auch steigt sie weder zu pathologischen Untersuchungen noch zu geschäftlichen Spekulationen herab. Was in dieser und ähnlicher Beziehung unter ihrem Namen geschieht, das ist auf die Rechnung jener Afterkunst zu setzen, der sie ebenso fern steht, wie eine wirkliche Königin der Beherrscherin eines Tingeltangels. So oft ich von Kunst spreche, ist sie, die Hohe, die Reine, die unerreicht Edle gemeint, nicht aber jene abstoßende, lüsterne Dirne, die es zuweilen fertig bringt, sogar an wirklichen Kunststätten Eingang zu finden. Gibt sie, die Hohe, doch selbst ihren Lieblingen nur höchst selten die Erlaubnis, nur rein Irdisches auch nur rein irdisch darzustellen, ohne es in Schönheit einzutauchen und dadurch wenigstens beachtenswert zu machen! Denn wo das geschieht, da entstehen Kontraste, die nicht aufzulösen sind, und Mißstimmungen, die nur zum Kampfe, nicht aber zum Frieden führen. Die Kunst aber, die ich meine und an deren Macht ich glaube, wirft keine Frage auf, die sie nicht   beantworten kann, und wenn sie uns zum Kampf die Lende gürtet, steckt sie uns keine hölzerne, sondern den echten, scharfen Stahl des Sieges in die Scheide. Sie scheut den Zwiespalt nicht; sie fordert ihn sogar, weil er es ist, der jede Kraft bewegt und darum Leben und Gesundheit spendet, doch führt sie ihn, mag es im kleinsten oder im erhabensten ihrer Werke sein, zur Auflösung, zur Versöhnung, zum Wohlgefallen und zum – – – Frieden.
    Es scheint zwar schwer zu sein, dieses unbedingte und unwiderstehliche Streben der wahren Kunst nach Konsonierung aller vorhandenen Dissonanzen nachzuweisen. Selbst Künstler allerersten Ranges haben sich hierzu im Vorurteil befunden und ihre Größe gerade entgegengesetzt in der Darstellung des hilflos schreienden Unterganges ihrer Helden gesucht. Wir werden aber im weiteren Verlaufe unserer Briefe erfahren, daß dieser Nachweis leichter ist, als es scheint. Freilich dürfen wir bei diesen Betrachtungen über die Kunst nicht an der Oberfläche und in unserer persönlichen Atmosphäre bleiben, sondern wir müssen tiefer steigen und wir müssen weiter schauen, als man gewöhnlich tut. Dann werden sich uns Schätze zeigen und Ausblicke öffnen, die uns, und zwar nicht nur in künstlerischer Beziehung, bereichern, befriedigen und beglücken. Gott segne das neue Jahr!
    Briefe über Kunst
     
    IV.
     
    Mein sehr geehrter Herr Redakteur!
     
    Kaum sind wir mit dem Januar aus dem kirchlichen in das bürgerliche Jahr getreten, so zeigt uns schon der Februar, um wieviel irdischer das letztere als das erstere ist: Er bringt die Fastnachtszeit, die Zeit der mittelalterlichen Narrenspiele, die besonders in Nürnberg, Augsburg, Eger, Frankfurt, Dortmund, Lübeck usw. eingehende Pflege fanden. Besonders berühmt und bekannt waren die Schelmenstücke von Hans Rosenplüt, Hans Folz, Manuel Jacob Ayner und Hans Sachs. Freilich, die wahre Kunst kennt weder Narrenspiele noch Schelmenstücke, sondern nur den vom Himmel stammenden und nach ihm zurückstrebenden Frohsinn, nämlich den erlösenden Schmerz resp. das befreiende Lachen. Das orientalische Drama spricht unendlich wahr und tief, wenn es den Satan, bevor er zur Erde niederfährt, sagen läßt:
     
    »Nun gibt es einen Maskenscherz auf Erden;
    Der Himmel stellt sich mit der Hölle ein,
    Und wenn die Larven weggeworfen werden,
    Wird auch der Teufel Gottes Engel sein!«
     
    Das ist die Erlösung in ihrem

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