Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
um so elastischer; der reine Apatsche! Hört, jetzt hängt sie gar bei ihm ein! Herr und Squaw Old Shatterhand! Ob sie nach dem Jägerhof gehen? Da ist Konzert. Wer da mit hinein könnte! Dazu fehlen aber die Moneten!«
Wir betreten den genannten Konzertgarten, und die drei Kritiker meiner Beine stellen sich draußen am Zaune auf und lassen mich so wenig aus den Augen, daß ich hingehe und sie frage:
»Sie fixieren mich! Kennen Sie die Folgen davon? Was wählen Sie, Pistolen oder Säbel?«
Sie starren mich mit hochroten Gesichtern erschrocken an, bis der älteste mir erklärt:
»Wir haben nicht fixiert, sondern nur so hingeguckt.«
»Das ist egal! Kennen Sie mich?«
»Ja.«
»So kommen Sie herein! Wir müssen die Angelegenheit besprechen!«
»Wir können nicht hinein; uns fehlt der nervus rerum. «
»Das thut nichts. Kommen Sie an die Kasse!«
Sie kommen dieser Aufforderung mit sorgenvollen Herzen nach und sitzen dann höchst niedergedrückt beim Kulmbacher, welches ich ihnen geben lasse. Aber als ich kein Wort von Fixieren, Duell und Sekundanten erwähne, heitern sich ihre Mienen auf; sie bekommen den Mut, mir ihre »Blumen« zuzutrinken, und bald sitze ich als Examinand vor ihnen und werde so gründlich über meine Reisen ausgefragt, daß ich, als das Konzert zu Ende geht, beim besten Willen nicht sagen kann, was geblasen worden ist. Sie aber trennen sich mit der Versicherung von uns, daß sie zwar erst »notorisch erschrocken seien«, bald aber gemerkt hätten, daß ich nur gescherzt habe; nun bitten sie mich mit dankbarem Herzen, ja nie zu vergessen, daß die zwei seligen Stunden hier im Garten der schönste Tag in ihrem Leben sein und bleiben werde!
Die Folge dieses für sie so hochwichtigen Ereignisses war eine von ihrer ganzen Klasse ausgefertigte Bierkarte, welche ich erhielt.
Bierkarten! Ich kann dreist behaupten, daß noch nie jemand soviel Bierkarten erhalten hat, wie Karl May. Wer kennt alle die May-Klubs, deren Ehrenmitglied ich bin? Wer kennt meine vielen Geburts- und Namenstage, welche von diesen Klubs gefeiert werden? Wer zählt die Verbindungen, die akademischen und unakademischen Gefangsvereine, die Lese-, Fecht-, Turn- und anderen Vereine, die Stamm-, Skat-und Kaffeetische, welche mir durch Depeschen, Briefe, Karten, Blumen und sonstige Spenden beweisen, daß ich jährlich etwa zwanzig Geburts- und dreißig Namenstage habe? Gibt es unter den vielbesuchten Orten und Punkten zwischen den Alpen und dem Nord- Ostseestrande einen, an welchem nicht einige feuchtfröhliche Leser auf Old Shatterhand und seine Westmänner angestoßen und mir dies durch Reime mitgeteilt haben, die teils über und teils unter aller Würde sind? Hat nicht der erste Karl May-Klub in L … (es gibt dort deren zwei) in Friesland mir am letzten 29. Februar vier Würste geschickt, weil dieser mein Schalt- und Geburtstag nur in den Jahren gefeiert werden kann, welche sich durch vier dividieren lassen? Ich beantworte nämlich die Fragen nach meinem wirklichen Geburtstage nie und verrate ebensowenig, daß er in jedem Schriftstellerverzeichnisse zu finden ist.
Da ich von Gratulationen und Gaben spreche, so sei gleich hier die liebe, selige Weihnachtszeit erwähnt. Welch eine Masse von Zuschriften aller Formen und Größen geht in der letzten Hälfte des Dezember bis Neujahr bei mir ein! Das sind Tage, an denen ich so recht sehen kann, wie groß die Familie ist, welche da an ihren »geliebten literarischen Papa« denkt. Da kommen nicht nur Briefe, sondern auch Gaben aus allen Himmelsgegenden! Feinster Rigoletwein vom Karst, ein 140 Pfund schwerer Käse aus der Schweiz, Zigarren aus wohl zehn Orten, bester chinesischer Thee vom berühmtesten Hause an der Leda, ein Kunstwerk aus Marzipan von herzensguten Leuten in Hamburg, ein Meisterwerk der Plastik aus Düsseldorf, Schinken aus Westfalen, Bier aus Bayern und Böhmen, Butter aus Holstein, Kaviar von der russischen Grenze etc. etc. und, last not least, eine kolossale Flasche Kanzleitinte vom schönsten Hafenplatze des Bodensees. Dich aber, Du Spender der großartigen »Perle von Deidesheim«, werde ich hier nicht erwähnen, denn Du wirst bald auf anderem Wege von mir hören. Einstweilen Gruß Dir und den »lieben Orgelpfeifen!« Lieber will ich dafür mit Namen nennen die sehr honourablen Zepf Bros. Cincinnati, 236 fifth Street, Umbrellas and Canes, Repairing and Covering at lowest prices, welche so pfiffig waren, mir einen Check auf 1 Dollar zu senden, um mich durch
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