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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Freier überdauert hat.« Selbst die Säule hatte kaum überdauert. Das Holz war silbrig und faulte vor sich hin. Es erinnerte mich an meinen alten Balkon an der Brunnenpromenade; als ich das Holz angestupst hatte, war meine Faust direkt durch den Stützbalken gegangen.
    »Wenigstes hat der schlechte Zustand sie davor bewahrt, von römischen Besuchern mit ›Titus war hier‹ bekritzelt zu werden.« Gaius und Cornelius schlenderten sofort hinüber, um zu sehen, ob da nicht doch noch ein Fleckchen war, das sie beschmieren konnten.
    Helena drehte mich nach Westen um und lenkte meine Aufmerksamkeit auf eine ummauerte Einfriedung. »Cornelius, komm wieder her und erzähl Onkel Marcus, was wir über das uralte Monument erfahren haben.«
    Cornelius blickte verschreckt. Meine Schwester Allia war eine nachlässige Schlampe, die ihn nie nach seinen Lektionen abfragte. Er war zur Schule gegangen. Mama hatte dafür bezahlt. Sie hatte ihr Geld verschwendet, denn Cornelius konnte kaum seinen Namen schreiben. Helena hatte ihn jedoch mit Fakten vollgestopft. »Das ist der Grabhügel von Pelops«, sagte Cornelius auf. »Er heißt Pelopion.«
    »Guter Junge! Der Hügel muss nur das Grabmal sein, Marcus, denn wir haben die Bronzetruhe gesehen, die seine mächtigen Knochen enthält. Alle, außer welchem, Gaius?«
    Gaius grinste Cornelius höhnisch an, da er wusste, dass er die leichte Frage bekommen hatte. »Schulterblatt! Riesig. Aus Elfenbein gemacht.«
    »Richtig. Wie ist es dazu gekommen, Albia?«
    Albia verzog das Gesicht. »Die Geschichte ist widerlich. Sie wird dir gefallen, Marcus Didius.«
    »Oh, vielen Dank!«
    »Pelops war der Sohn von Tantalos, welcher der Sohn von Zeus war, allerdings kein Gott, sondern nur ein König. Tantalos lud alle Götter des Olymp zu einem Fest auf einem Berggipfel ein …«
    »Weil er prüfen wollte, ob die Götter wirklich allwissend waren«, half Helena aus.
    »Alle brachten für das Picknick was zu essen mit. Die Götter taten Nektar und Ambrosia in ihre Picknickkörbe. Tantalos servierte ihnen einen Eintopf, um zu sehen, ob sie erkannten, was sie da aßen.«
    »Und was war es? Der Oreganoeintopf der Schwester des Pförtners?«, fragte ich.
    »Bah. Viel schlimmer. Tantalos hatte seinen Sohn Pelops in Stücke gehauen und gekocht! Die Götter bemerkten es tatsächlich – aber erst, nachdem Demeter, die Erntegöttin, den Schulterknochen durchgebissen hatte.«
    »Sie trauerte um ihre Tochter und war daher ziemlich abgelenkt.« Helenas versonnener Blick richtete sich in die Ferne, und ich wusste, dass sie an Julia und Favonia dachte. »Und dann?«
    »Dann warf Rhea die ganzen Knochen wieder in den Topf, rührte ordentlich um, setzte den kleinen Pelops wieder zusammen und gab ihm ein neues Schulterblatt aus Elfenbein.«
    »Das ihr
gesehen
habt? Glaubt ja nicht an diesen Käse!«, höhnte ich. Sie blickten mich finster an. Sie wollten an den Mythos glauben.
    »Tantalos wurde ganz schlimm betraft!« Cornelius begeisterte sich für göttliche Bestrafungen. »Er muss für immer im Hades sitzen und auf einen Teller mit Essen und einen Becher mit Wein starren, ohne sie je erreichen zu können.«
    »Das würde dir nicht gefallen, Cornelius.«
    »Nein, aber Pelops war besser denn je, nachdem er wieder zusammengeflickt worden war, ging in die Welt hinaus und wurde ein Held.«
    »Und dann kam er nach Olympia und schummelte bei dem Wagenrennen?«
    »Ihm blieb nichts anderes übrig, Marcus.« Helena lächelte. »Oinomaos forderte die Freier seiner Tochter heraus und benutzte dazu zwei magische, unschlagbare Pferde.«
    »Unfair! Aber Pelops hatte seine eigenen magischen Pferde, nicht wahr? Die ihm Poseidon geschenkt hatte?«
    »Vielleicht. In einer anderen Version war Hippodameia genauso scharf auf Pelops wie er auf sie. Auf gar keinen Fall wollte sie seinen hübschen Kopf auf einem Pfahl aufgespießt sehen. Daher ging sie zu Myrtilos, dem Wagenlenker ihres Vaters, und überredete ihn, Oinomaos’ Streitwagen durch einen Wachspfropfen zu sabotieren, damit das Rad abfiel. Worauf Myrtilos, zu Recht oder Unrecht, glaubte, er dürfe für diese Sabotage selbst mit Hippodameia schlafen. Nach dem Rennen versuchte er seinen Preis einzukassieren. Pelops und Myrtilos kämpften. Pelops ertränkte Myrtilos im Meer, aber bevor der schließlich unterging, verfluchte er alle Abkömmlinge von Pelops und Hippodameia. Die beiden bekamen jedoch zwei muntere Söhne, Arteus und Thyestes.«
    Ich wackelte mit dem Finger. »Ich

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