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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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bisschen gekippt und den Hut aus Gründen der Hygiene absichtlich angezündet.
     
    XXV
    Ich kehrte zu Helena zurück, die bei ihren neuen Freunden, dem schillernden Quartett, geblieben war. Ich verzog das Gesicht, um meinen Gefühlen für Volcasius Ausdruck zu geben, aber sie waren zu höflich, Bemerkungen zu machen. Ich schätzte, dass sie unter sich darüber redeten, wie grauenvoll er war. Da sie ihn aber als Mitreisenden ertragen mussten, gaben sich diese erfahrenen Touristen in der Öffentlichkeit nachsichtig.
    Helena wirkte amüsiert über meinen sichtbaren Abscheu vor diesem Eigenbrötler. Sie hatte jedoch Dringenderes im Sinn. »Marcus, hör zu! Cleonyma und Minucia haben mir von dem Tag erzählt, an dem sie den Pelops-Rundgang gemacht haben.«
    Die beiden Frauen rückten näher zusammen wie Schulmädchen und mochten sich nur zögernd äußern. Aber schließlich gestand Minucia fast flüsternd: »Da war nichts – doch als wir durch den heiligen Hain gingen, kam dieser Grobian Milon von Dodona und sprach Valeria an.«
    Ich stützte mein Kinn in die Hand. »Milon? Haben Sie eine Ahnung, was er zu Valeria gesagt hat?«
    »Sie war verlegen. Da war eine Menge Geflüster. Sie versuchte ihn loszuwerden.«
    »Und was wollte er?«
    »Ach, er sucht Sponsoren für eine Statue von sich.« Minucia wusste noch nicht, dass Milon Vergangenheit war. »Er war deswegen schon bei uns allen gewesen. Valeria war ein gutmütiges Mädchen, und das machte er sich zunutze. Sie hatte keine Ahnung, wie sie ihn loswerden sollte. Statianus und sie hatten kaum Geld. Milon verschwendete nur seine Zeit.«
    »War an seinem Interesse irgendwas Erotisches?«, fragte ich offen. »Oder an
ihrem
Interesse an ihm?«
    Cleonyma schüttelte den Kopf. »Nein, nein, er ist ein hässlicher Holzklotz …«
    »Marcus hat ihn gesehen«, warf Helena ein.
    »Schlimmer noch«, sagte ich. »Ich bin von ihm auf den Kopf geworfen worden.« Cleonymus und Amaranthus zuckten über meine Heldentat zusammen. »Manche Frauen mögen es, von den Armen eines gutentwickelten Liebhabers zerquetscht zu werden«, meinte ich. Die Frauen, denen ich diese kokette Theorie vortrug, hörten sie sich schweigend an, womit sie andeuteten, dass
sie
alle Bewunderer von Intellekt und Empfindsamkeit waren. Cleonyma betrachtete ihre Fingernägel, selbst Helena rückte ihren Armreif mit einer äußerst kunstvollen Bewegung zurecht. »Wir vermuten, dass Milon Valeria einlud, sich mit ihm zu treffen. Haben Sie davon etwas mitbekommen?«
    Cleonyma und Minucia blickten sich an. Sie wollten beide nichts sagen.
    »Kommen Sie, meine Damen, das ist wichtig. Ich kann Milon übrigens nicht mehr verhören, weil er mir weggestorben ist.«
    Erschrocken drückte Cleonyma ihre Hand an die Lippen und murmelte durch die Finger: »Er versuchte Valeria zu einer Dichterlesung in die Palästra zu locken.«
    Die Palästra wurde auch als Auditorium für den Vortrag feierlicher Oden benutzt. Während der Spiele lungerten dort Philosophen und Panegyriker herum wie die Fliegen. Sogar während unseres Besuchs waren wir einigen davon aus dem Weg gegangen. »Valeria interessierte sich für Literatur?«
    »Valeria langweilte sich, schlicht und ergreifend«, murmelte Minucia heiser. »Genau wie wir alle. In Olympia gibt es nichts für Frauen – außer man betätigt sich im horizontalen Gewerbe. In den fünf Nächten der Spiele nehmen die so viel ein wie sonst im ganzen Jahr.« Ich überlegte kurz, ob Minucia genauere Kenntnisse über dieses Gewerbe besaß.
    »Waren Sie vorher schon mal in Olympia, Minucia?«
    »Amaranthus hatte mir dieses zweifelhafte Vergnügen bereits einmal verschafft. Er ist verrückt nach Sport.« Darauf schien er stolz zu sein. Verbittert fuhr Minucia fort: »Die Spiele liefen – also, für mich nie wieder! Die Zeltstadt war voll mit Feuerschluckern und Flittchen, Betrunkenen, Akrobaten, Puppenspielern mit anzüglichen Stücken – und die verdammten Dichter waren die schlimmsten. Man konnte keinen Schritt tun, ohne über einen heruntergekommenen Schreiberling zu stolpern, der Hexameter ausspuckte!« Wir blickten alle mitfühlend, um Minucia Zeit zu geben, sich zu beruhigen. Sie war immer noch in Erinnerungen versunken. »Da war sogar ein dämlicher Kerl, der eine Ziege mit zwei Köpfen verkaufen wollte!«
    Ich richtete mich auf. »Die Ziege kenne ich! Ich hab sie beinahe mal gekauft.«
    »Nein, hast du nicht.« Helena lächelte verträumt. »Du wolltest einen Ziegenbock kaufen, dessen Kopf

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