Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
Frage, ob es in der nächsten der Fall sein wird; denn wenn Perker einmal in die Stadt geht, so hat es mit seiner Rückkehr keine sonderliche Eile.«
»Er ist in der Stadt?« sagte Herr Pickwick; »ach Gott, wie mißlich!«
»Bleiben Sie doch, Herr Pickwick«, sagte Lowten, »ich habe einen Brief an Sie.«
Der Fremde schien unschlüssig und sah abermals auf den Boden, und der Schreiber warf Herrn Pickwick einen schlauen Blick zu, als wollte er ihm bedeuten, daß es einen höchst ergötzlichen Spaß absetzen würde; worin jedoch der Spaß bestände, konnte Herr Pickwick um alle Welt nicht erraten.
»Treten Sie ein, Herr Pickwick«, sagte Lowten. »Nun, wollen Sie mir einen Auftrag geben, Herr Watty, oder wollen Sie wieder vorsprechen?«
»Bitten Sie ihn freundlichst, zu hinterlassen, was in meiner Sache geschehen sei«, sagte der Mann; »aber ich bitte Sie um Gottes willen, vergessen Sie es nicht, Herr Lowten.«
»Nein, nein, ich werde es nicht vergessen«, erwiderte der Schreiber. »Treten Sie ein, Herr Pickwick. Guten Morgen, Herr Watty; ein schöner Tag zum Spazierengehen – nicht wahr?«
Und als er sah, daß der Fremde immer noch zögerte, winkte er Sam Weller, mit seinem Herrn einzutreten und schlug ihm die Tür vor der Nase zu.
»Einen solchen lästigen Bankerotteur hat es, glaube ich, seit Erschaffung der Welt nicht gegeben«, sagte Lowten, seine Feder mit der Miene eines schwer gekränkten Mannes auf den Tisch werfend. »Seine Sachen liegen noch nicht volle vier Jahre in unserer Kanzlei, und ich will verdammt sein, wenn er uns nicht jede Woche zweimal zur Last fällt. Treten Sie hier ein, Herr Pickwick. Perker ist zu Hause und wird Sie empfangen; ich weiß es. Teuflisch kalt«, setzte er verdrießlich hinzu. »Unter der Tür stehen und sich von einem solchen lumpigen Landstreicher um seine Zeit bringen lassen zu müssen!«
Und nachdem er in großer Aufregung mit einem außerordentlich kleinen Eisen ein außerordentlich großes Feuer angeschürt hatte, ging er in das Studierzimmer seines Prinzipals und meldete Herrn Pickwick an.
»Ach, mein lieber Herr«, sagte der kleine Herr Perker, von seinem Stuhl aufspringend: »was gibt’s neues in Ihrer Angelegenheit? Wieder etwas von unsern Freunden in Freemans Court? Ich weiß, sie haben diese Zeit über nicht geschlafen. O, es sind rührige Burschen – sehr rührig, ich versichere Sie!«
Als der kleine Mann seine Rede schloß, nahm er mit wichtiger Miene eine Prise Tabak, um dadurch der Rührigkeit der Herren Dodson und Fogg seine Huldigung darzubringen.
»Große Spitzbuben sind es«, sagte Herr Pickwick.
»Nun, nun«, versetzte der kleine Mann, »wie man’s nimmt. Wir wollen nicht über Worte streiten, denn natürlich kann man von Ihnen nicht erwarten, daß Sie die Sache mit den Augen eines Mannes vom Fache ansehen. Gut, wir haben alles getan, was zu tun war. Ich habe den Prokurator Snubbin gewonnen.«
»Ist er gut?« fragte Herr Pickwick.
»Gut?« erwiderte Perker. »Beim Himmel, mein lieber Herr, Snubbin ist das vollendete Muster eines Rechtsanwalts. Hat dreimal soviel zu tun, als irgendein anderer Advokat – ist bei allen Gerichtssachen beteiligt. Sie brauchen es nicht weiter zu sagen, aber wir Leute vom Fach meinen, der Prokurator Snubbin führe den Gerichtshof an der Nase herum.«
Bei dieser Mitteilung nahm der kleine Mann eine zweite Prise und warf Herrn Pickwick einen geheimnisvollen Wink zu.
»Man hat meine drei Freunde vorgeladen«, sagte Herr Pickwick.
»Das war natürlich«, erwiderte Perker. »Wichtige Zeugen; sahen Sie in einer delikaten Situation.«
»Aber sie wurde mit Willen ohnmächtig«, warf Herr Pickwick ein: »sie fiel mir absichtlich in die Arme.«
»Sehr wahrscheinlich, mein lieber Herr«, versetzte Perker; »sehr wahrscheinlich und sehr natürlich. Nichts natürlicher, mein lieber Herr – durchaus nichts. Aber womit beweisen Sie das?«
»Sie haben auch meinen Diener vorgeladen«, sagte Herr Pickwick, diesen Punkt fallen lassend, denn Herrn Perkers Frage hatte ihn etwas aus der Fassung gebracht.
»Sam?« fragte Perker.
Herr Pickwick bejahte.
»Natürlich, mein lieber Herr, natürlich. Sie mußten das tun; ich hätte Ihnen das schon vor einem Monat sagen können. Es versteht sich von selbst, mein lieber Herr, wenn Sie Ihre Sache selbst führen wollen, nachdem Sie dieselbe Ihrem Sachwalter übergeben haben, müssen Sie auch die Folgen davon tragen.«
Hier richtete sich Herr Perker im Bewußtsein seiner Würde auf
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