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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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und Mr. Simpson, mit Miss Julie. Tibbs agierte als Brautvater, zum ersten Male in dieser Rolle auftretend. Den Türklopfer, der nicht ganz so eifrig wie die beiden jungen Herren war, hatte die Doppelentdeckung beträchtlich abgekühlt, und da es ihm Mühe bereitet hatte, einen Brautvater zu finden, so fiel ihm ein, er könnte die ganze Schwierigkeit am besten dadurch beseitigen, daß er die Braut aufgäbe. Die Dame stellte indes eine Klage wegen gebrochenen Eheversprechens, und der unglückliche Calton mußte 1000 Pfund Entschädigungsgelder bezahlen. Mr. Septimus Hicks, nachdem er seinen medizinischen Kursus durchlaufen, ging schließlich davon, und seine schwer beleidigte Gattin wohnt gegenwärtig mit ihrer Mutter in Boulogne. Mr. Simpson hatte das Unglück, seine Frau sechs Wochen nach seiner Verbindung mit ihr schon zu verlieren (sie ließ sich nämlich von einem Offizier entführen, während ihr Gatte im Schuldgefängnis saß, weil er außerstande war, ihre kleinen Putzrechnungen zu berichtigen); sein Vater, der bald darauf starb, enterbte ihn, und er schätzte sich glücklich, ein bleibendes Engagement bei einem fashionablen Haarkünstler zu erlangen, indem er der Wissenschaft des Haarordnens längst große Aufmerksamkeit zugewendet hatte. Er hatte in seiner neuen Stellung notwendigerweise häufig Gelegenheit, sich mit den Manieren und der Denkweise des exklusiven Teils des englischen Adels bekannt zu machen, ein glücklicher Umstand, dem wir jene glänzenden Erzeugnisse seines fruchtbaren Genies, seine fashionablen Romane verdanken, die nicht verfehlen können, alle denkenden Leser zu unterhalten und zu belehren, solange ein reiner, durch keinerlei Übertreibung, Unnatur, Schwulst und faselnde Salbaderei befleckter Geschmack herrschend sein wird.
    Es bleibt nur noch übrig hinzuzufügen, daß die arme Mrs. Tibbs infolge so gehäufter häuslicher Mißgeschicke ihre sämtlichen Mieter verlor, mit Ausnahme des einzigen, den sie mit dem lebhaftesten Vergnügen eingebüßt haben würde – ihres Ehegatten. Der zum Unglück geborene kleine Mann kehrte am Tage der Doppeltrauungen im Zustande ziemlicher Trunkenheit nach Hause zurück und wagte es unglaublicherweise mit dem Mute, den Wein, Aufregung und Verzweiflung ihm eingaben, dem Zorne seiner Gattin Trotz zu bieten. Er hat seit dieser unseligen Stunde seine Mahlzeiten in der Küche eingenommen und schläft in einem an diese anstoßenden Gemache. Es ist sehr wahrscheinlich, daß es ihm in seiner Zurückgezogenheit gelingen wird, seine Geschichte zu beendigen.
    Mrs. Tibbs hat abermals ihr Haus durch die Blätter angeboten. Der Erfolg wird in einem andern Kapitel berichtet werden.

    II
     
    »Die Sachen haben keine gar zu schlechte Wendung genommen«, sprach Mrs. Tibbs eines Morgens, einen Fußteppich ausbessernd, bei sich selbst, »und das Haus wird wohl bald wieder gefüllt sein.«
    Das Haus war so still wie möglich. Man hörte es oben deutlich, wie Tibbs die Stiefel der Herren in der Hinterküche reinigte und dabei trübselig vor sich hinsummte. Um so lauter ertönten die Doppelschläge des Briefträgers. Mrs. Tibbs wurde ein schlecht gesiegeltes Schreiben mit einer Aufschrift eingehändigt, die so weit in eine Ecke gerückt war, daß sie aussah, als ob sie sich ihrer selbst schämte. Der Inhalt war kein Muster einer klaren Schreibart, indes ersah Mrs. Tibbs daraus, daß sie um 12 Uhr eine Besucherin zu erwarten habe. Die Glocke der Sankt Pankratiuskirche hatte zwölf geschlagen, und als eine andere auf Sankt Sonstirgendwo ein Viertel schlug, klopfte eine einzelne Dame in einem pflaumenfarbigen Mantel, mit einem den Hut versteckenden Strauße von künstlichen Blumen auf dem Kopfe und einem grünen Sonnenschirm mit Spinnwebfransen in der Hand. Die Dame wurde in das Besuchszimmer hereingeführt. Sie war sehr dick und sehr rot im Gesicht; Mrs. Tibbs knickste, und die Unterhaltung nahm ihren Anfang. Die Stimme der unbekannten Dame glich der eines Mannes, der seit vierzehn Tagen unaufhörlich auf einer Papagenopfeife geblasen hat.
    »Ich komme infolge einer Anzeige in den Blättern«, begann sie.
    »Ah!« sagte Mrs. Tibbs, langsam die Hände reibend und der Dame gerade in das Gesicht schauend – wie sie bei solchen Veranlassungen immer tat.
    »Auf das Geld kommt es mir ganz und gar nicht an«, fuhr Flora im Mantel fort, »und ich wünsche nur, still und zurückgezogen zu leben.«
    Mrs. Tibbs konnte einem so sehr natürlichen Wunsche ihren Beifall nicht

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