Delta Operator (German Edition)
deren Inhalt mit etwa der Kaffeebohnenmenge gebrüht war, die normalerweise für eine ganze Kanne reichte, und schloss genießerisch die Augen. Doch nur für einen kurzen Moment.
Er lehnte sich zurück und nippte an dem heißen Kaffee. In seinem Rücken rahmten das Sternenbanner und die Fahne der US Army ein überdimensional großes Portrait General George S. Pattons ein, dem einzig en Vorbild, zu dem Grant jemals wirklich aufgeblickt hatte. Der Viersternegeneral war ein taktisches und strategisches Genie gewesen, seine Panzertruppen hatten im zweiten Weltkrieg zuerst Nordafrika und danach Europa aufgemischt. Und Patton war stets zuallererst in vorderster Reihe dabei gewesen. Er hatte seine Truppen wirklich angeführt, nicht irgendwo aus einem bombensicheren Bunker hirnlose Befehle erteilt und damit Soldaten in den Tod geschickt. Er war einer der wenigen Anführer gewesen, die es fertig gebracht hatten, aus ihren Männern hundertzwanzig Prozent Leistung herauszuholen – nur durch seine bloße Anwesenheit. Mit seiner Reiterhose und den beiden Colts mit Perlmuttgriff hatte er sehr verwegen ausgesehen, dachte Grant, der sich inzwischen umgedreht hatte und das Bild des Mannes mit den breiten Schultern und den weißen Haaren betrachtete. Ja, dieser Mann war wirklich einmalig gewesen. Einmal hatte er sogar einen angreifenden Tiefflieger, der Pattons Hauptquartier in Nordafrika attackiert hatte, mit seinem Colt beschossen. Sogar als die Jagdmaschine noch einmal zurückgeflogen kam und das Gebäude erneut aufs Korn genommen hatte, war Patton wie ein Fels in der Brandung im Fenster stehen geblieben und hatte auf den Deutschen gefeuert. Den anderen Offizieren, die aus ihrer Deckung wieder hervor gekrochen kamen, nachdem das Flugzeug abgedreht hatte, war die schiere Wut Pattons in ewiger Erinnerung geblieben, mit der er dem Jäger hinterher gestarrt hatte. Am liebsten, so waren sich damals alle aus Pattons Stab einig, wäre er dem Jagdflieger selber hinterher geflogen und hätte ihn höchstpersönlich vom Himmel geholt.
Leider hatte er die verdiente Anerkennung zu Lebzeiten nicht erhalten, dachte Grant, der Pattons Lebenslauf auswendig kannte. Dann wanderten seine Gedanken zurück in die Gegenwart, die nach seiner Sicht der Dinge eigentlich auch nicht besser aussah als die frühen vierziger Jahre damals.
Patton hätte einen starken Präsidenten abgegeben, da war sich Grant sicher. Er hätte mit allen Terroristen ohne Frage kurzen Prozess gemacht. Denn eines war Patton mit Sicherheit nie: ein Diplomat. Kurz nach dem Ende der Kampfhandlu ngen im Jahre 1945 war Patton lautstark dafür eingetreten, nicht aus Europa abzuziehen, sondern gleich gegen die Kommunisten loszuschlagen. „Wir haben das nötige Material und die Männer bereits da. Wozu warten, wenn wir jetzt alles regeln können!“, soll Patton auf einem Empfang der Siegermächte gesagt und damit schwere Verstimmungen zwischen Ost und West ausgelöst haben.
Grant schmunzelte, als ihm diese Episode des großen G enerals in den Sinn kam. Was würde Patton wohl angesichts der Bedrohung unternehmen, die in den letzten zwanzig Jahren ständig zugenommen und sich als wahre Pest erwiesen hatte, fragte sich Grant. Würde er ihren Plan gutgeheißen, ihn sogar unterstützt haben?
„Was würdest du tun?“ , flüsterte er und sah einige weitere Sekunden in die stechenden Augen des Portraits.
Grants Miene verdüsterte sich zunehmend. Er fühlte sich von dem großen Mann in der Uniform der Panzerstreitkräfte be obachtet und beinahe durchleuchtet. Er fühlte sich unwohl bei dem Gedanken, was in den nächsten Wochen und Monaten passieren würde, er hatte Angst, dass er das Falsche getan hatte und weiterhin das Falsche tun würde. Ein Blick auf das Sternenbanner, die roten und weißen Streifen, die blaue Fläche mit den Sternen, ließ ihn zusätzlich ein Gefühl von Unsicherheit verspüren.
Hatte er nicht einen Eid auf eben diese Fahne abgelegt, e inen Eid, an den er sich jeden einzelnen Tag gehalten hatte, den er diesem Land gedient hatte?
Verpflichtete dieser Eid ihn nicht dazu, alles zu tun, um seinem Land zu dienen und es vor Gefahr zu beschützen?
Musste er nicht alles in seiner Macht Stehende unternehmen, um seinen Eid zu erfüllen, so schwierig dies manchmal auch sein konnte?
Hatte er nicht die verdammte Pflicht, absolut jeden zu b ekämpfen, der diesen Zielen im Wege stand und ihn daran hinderte, sie zu erreichen?
Grants Blick wurde zunehmender fester. Er sah in
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