Delta Operator (German Edition)
hielt sich vom brüchigen Eis des Sees fern, und verschmolz im Schatten des Wachturmes. Dort hielt er inne und lauschte erneut. Aus der Deckung des Eckturmes konnte er den Parkplatz schemenhaft erkennen, auf dem mehrere Fahrzeuge geparkt waren. Ein dürrer Ast brach unter der Last des Schnees und landete krachend auf dem dünnen Eis des Sees. Blitzschnell lokalisierte Berger die Stelle des Aufpralls, sein Pulsschlag hatte sich nicht merklich gesteigert. Berger blickte auf seine Armbanduhr und stellte fest, dass bisher erst zwölf Minuten vergangen waren, seit er seinen Wagen im Schatten eines Werbeplakates an der nahe gelegenen Bundesstraße geparkt hatte. Auch auf dieser Seite der Burg war alles dunkel.
Behutsam schlich er weiter, bis er einen schmalen, durch eine schmiedeeiserne Tür verschlossenen Durchgang in der dicken Steinmauer erreichte. Da er wusste, was ihn hinter di esem Durchgang erwartete, holte er ein kleines, dunkles Gerät aus seinem Rucksack. Vorsichtig spähte er um die bröckelige Kante der Mauer und hob das Gerät ans Auge. Er wusste, wonach er suchen musste und zielte mit dem kleinen Hochleistungslasergerät in die Dunkelheit. Nach nur wenigen Augenblicken entdeckte er sein Ziel, eine etwas klobige, aber durchaus leistungsstarke Überwachungskamera, die den jenseits des Durchgangs gelegenen Innenhof mit ihren elektronischen Augen abdeckte. Berger wartete, bis sich die automatische Schärferegelung des Gerätes justierte und manövrierte das rote Fadenkreuz mitten in die Linse der grünlich schimmernden Kamera. Beinahe glaubte er das leise Surren der Elektromotoren der Kamera zu hören, als diese sich langsam direkt in seine Richtung drehte. Um den größtmöglichen Effekt zu erzielen, wartete er noch einige Sekunden, bis er glaubte, die Kamera würde jetzt direkt in seine Richtung zielen. Dann drückte er den Knopf auf dem Laser und jagte einen einzelnen gebündelten, hochkonzentrierten Lichtstrahl in das Auge der Kamera.
Für einen zufälligen Beobachter des zugehörigen Überw achungsbildschirmes im Inneren des mittelalterlichen Gebäudes würde diese Attacke wie ein heller Blitz mit anschließender Dunkelheit erscheinen. Militärisch geschultes Personal würde mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Angriff rechnen und entsprechende Verteidigungsmaßnahmen ergreifen, doch Berger war sich sicher, dass die Besatzung dieser Burg, sollte sie überhaupt wach und außerdem wachsam sein, nichts weiter als einen lästigen, jedoch am nächsten Tag behebbaren Ausfall einer ihrer teuren Kameras in Erwägung zog.
Berger beobachtete noch kurz die Kamera an der Fassade des alten Gemäuers, die sich weiter im vorbestimmten Muster nach links drehte, deren geblendete Linsen jedoch nichts weiter als nächtliches Schwarz in den Überwachungsraum übertrugen. Dann verstaute er den Laser wieder in seinem Rucksack und machte sich am Schloss der Tür zu schaffen. Als er das beruh igende Knacken des Schlosses vernahm, drückte er vorsichtig die angerostete Klinke durch und schob die Tür auf. Das leise Quietschen der nicht geölten Scharniere wurde durch den Schneefall geschluckt, ebenso wie das leise Klicken, als die Verriegelung beim Schließen der Tür wieder einrastete.
Der Innenhof war bei Nacht noch schmaler und beengter, als Berger dies schon tagsüber vor etwa einer Woche empfu nden hatte, als er den ahnungslosen Touristen gespielt und tatsächlich frech bis in diesen Innenhof gelangt war, bevor ihm ein grantiger Hauswart mit Händen so groß wie Teller unmissverständlich den Ausgang gezeigt hatte. Doch dieser kurze Erkundungsausflug hatte Berger genügt. Sein geschultes Auge hatte die Kameras ebenso registriert, wie die Sensoren an den ebenerdigen Fenstern und die Gitter, die davor angebracht waren.
Nun war er wieder hier und schlich vorwärts in die Du nkelheit. Kurz rief er sich den Grundriss der Burg ins Gedächtnis, den er sich vorab bei der Gemeinde besorgt und eingeprägt hatte. Er fand das Fenster im ersten Stock, das er suchte und machte sich an den kurzen, aber nicht ungefährlichen Aufstieg. Die Steine der Mauer waren kalt und teilweise rutschig, dafür war der Putz an vielen Stellen ausgebrochen und wies Spalten und Risse auf, in denen Berger Halt fand. Er dankte stumm jenem namenlosen Beamten des zuständigen Denkmalamtes, der wohl die Instandsetzung der Fassade untersagt und ihm damit einen unerwarteten Dienst erwiesen hatte. Kaum hatte er diesen Gedanken verworfen, bekam er auch schon das
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