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Delta Operator (German Edition)

Delta Operator (German Edition)

Titel: Delta Operator (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Gruber
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Haarknoten hatte sich teilweise gelöst, sodass ihr einzelne Strähnen des dunkelbraunen Haars ins Gesicht fielen und ihr ein tief verletzliches Aussehen verliehen.
    Als er mit dem Glas in der Hand auf sie zukam, sah er die Tränen, die aus ihren Augenwinkeln sickerten und bereits na ssen Bahnen auf ihren Wangen folgten. Er zögerte, stellte das Glas nicht vor ihr auf den Tresen, sondern hatte plötzlich ein Papiertaschentuch in der Hand, das er ihr dann vorsichtig hinhielt.
    Sie blickte auf, sah die Besorgnis in seinen Augen und füh lte sich plötzlich noch furchtbarer als zuvor. Sie schniefte leise und griff dankbar nach dem Taschentuch. Kein Lächeln, nur ein dankbares Nicken schenkte sie dem Mann. Während sie sich das Gesicht trocknete, beobachtete er sie aufmerksam. Er konnte die langen, schmalen Finger nicht übersehen, die das Taschentuch vorsichtig über ihre Augen führten,  die perfekt manikürten, weiß lackierten Fingernägel, die dezent gebräunte Haut ihrer zarten, feingliedrigen Hände. Auch die vollen, dunklen Lippen hatte er schon länger bemerkt, und jetzt, da er vor ihr stand und sie so ansah, fühlte er sich magisch zu ihr hingezogen. Sie war mit Sicherheit eine der schönsten Frauen, die er je gesehen hatte. Und in diesem Moment wirkte sie so unglaublich verletzlich. Kurz spielte er mit dem Gedanken, über den Tresen zu klettern und sie zu umarmen. Doch nur kurz, vielleicht für ein paar Augenblicke, dann erinnerte er sich an den schlichten Ehering an seinem Finger und das Gefühl verging wieder. Schließlich stellte er ihr das Glas doch hin.
    Aus den Lautsprechern in der Lounge drang leise „Last Christmas“, alles war weihnachtlich geschmückt, rote Kugeln, silbernes Lametta und Glühbirnen, die wie Kerzen aussahen. Auf der Bar standen kleine Körbe mit Weihnachtskeksen, einer davon direkt vor ihr, doch sie hatte ihn nicht angerührt. Nur mehr eine Handvoll anderer Gäste befand sich in der weiträumigen Lounge, alle anderen saßen wahrscheinlich längst zu Hause vor ihrem Christbaum und freuten sich auf den Weihnachtsmorgen. Sie sah das Glas mit dem Whiskey und griff danach. Sie hob es hoch und führte es an ihre Lippen. Dann stockte sie und setzte es wieder ab. Als es wieder vor ihr auf der Bar stand, fragte sie sich, ob das wirklich die Lösung ihrer Probleme war. Ob es wirklich keine anderen Möglichkeiten gab, mit ihrem Schmerz fertig zu werden.
    Sie kannte die Antwort. Sie hatte alles versucht, und dabei nicht den geringsten Erfolg erzielt. Dies hier würde alles z umindest abschwächen, dämpfen, verdrängen. Wieder griff sie nach dem Glas, als sie hörte, dass der Barhocker direkt neben ihrem verrückt wurde. Sie drehte sich langsam zur Seite.
    „Glauben Sie wirklich, dass es davon besser wird, Commander?“, hörte sie jemanden ruhig und freundlich fragen. Sie sah den Mann, der neben ihr stand und sie lächelnd anblickte. Einige Augenblicke reagierte sie nicht, dann bemerkte sie die Uniform des groß gewachsenen Mannes, die vier Streifen an seinen Ärmeln und fing sich wieder.
    „Entschuldigung, Sir?“, murmelte sie und richtete sich auf. Relativ ungeschickt versuchte sie ihre Frisur in Ordnung zu bringen, dann drehte sich plötzlich alles und sie schloss die Augen.
    „Geht es Ihnen gut, Commander?“ fragte der Mann besorgt und stützte sie sanft an der Schulter.
    „Natürlich, Captain“ antwortete sie und öffnete die Augen. Sie wusste, dass sie wahrscheinlich ohne die Hilfe des hohen Offiziers nach hinten vom Hocker gestürzt wäre und unlie bsame Bekanntschaft mit den dunklen, harten Fliesen der Lounge gemacht hätte. Der Schwindel verging wieder und sie hoffte, dass er nicht zurückkehren würde.
    „Natürlich“ sagte er mit einem wissenden Lächeln, als er sich setzte und dabei seinen weißen Offiziershut und eine schwarze Aktentasche auf die Bar legte. Sein Blick streifte unauffällig das volle Glas Whiskey, doch sein Gesichtsausdruck änderte sich dabei nicht.
    „Sind Sie noch dienstlich hier?“, begann er und sah dabei aus dem großen Panoramafenster hinter der Bar auf die vereinzelt fallenden Schneeflocken auf dem Flugfeld, „oder wollen Sie Weihnachten hier in dieser langweiligen Bar verbringen?“
    Der Captain lächelte auch diesmal und entschärfte damit die doch etwas persönliche Frage. Eigentlich war die Frage sehr persönlich, dachte sie, da sie diesen Mann überhaupt nicht kannte. Sie betrachtete ihn näher, während sie sich überlegte, was sie

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