Dem Feuer versprochen
meine Feier organisieren. Miete dir ein schönes Restaurant oder ach was, am besten ein ganzes Hotel und plane meinen großen Tag. Mach, was dich glücklich macht.“
Ich hörte ein glückliches Quiecken und im gleichen Moment bereute ich es, die Sätze ausgesprochen zu haben. Doch bevor ich sie widerrufen konnte, hatte meine Mutter auch schon mit einem: „Du wirst schon sehen, es wird perfekt“, aufgelegt.
Erschöpft ließ ich mich auf mein gemütliches Sofa fallen.
„ Ohja, es wird perfekt und wie perfekt. Nur noch sieben Tage, dann ist alles vorbei.“
Montag.
„Mäuschen, ich habe ein wundervolles Hotel gefunden, in dem du feiern wirst. Es ist so chic und befindet sich ganz in deiner Nähe, ich gebe dir schnell die Adresse durch und dann treffen wir uns um drei Uhr dort.“
Gibt es wirklich nichts Schöneres als durch das schrille Klingeln des Handys geweckt zu werden und die noch schrillere, viel zu fröhliche, Stimme der eigenen Mutter zu hören? Ich wüsste auf Anhieb tausend Dinge, die besser wären.
In einem Hotel! Ich konnte es nicht glauben. Als ich mir kaltes Wasser ins Gesicht spritzte, hoffte ich immer noch schlecht geträumt zu haben, doch als mein Handy kurz vibrierte und ein „Piepen“ von sich gab, wusste ich, dass es leider die Realität war. Ungläubig blickte ich auf die Adresse, die sie in die SMS geschrieben hatte. Ganz nah bei mir? Ich konnte es nicht fassen, dieses dumme Hotel war eine ganze Stunde Fußmarsch von meiner geliebten Scheune entfernt. Das brachte mein ganzes Zeitmanagement völlig durcheinander. Och Mutter, selbst meinen wundervoll geplanten Selbstmord musst du mir ruinieren. Du hast Talent.
Victoria ist wirklich keine schlechte Mutter, im Gegenteil sogar, doch seitdem irgendwelche Autoren denken Bücher darüber schreiben zu müssen, wie man Kinder richtig erzieht, meint sie, sie hätte in unserer Erziehung viel zu viel falsch gemacht und müsse es jetzt schlagartig korrigieren.
Diese ganze Aufmerksamkeit war wirklich unerträglich und ich fragte mich, ob es meinen Geschwistern genauso erging, oder ob ich ihr einziges Opfer war.
Nichtsdestotrotz, hüpfte ich brav unter die Dusche, föhnte meine blonden Haare und band sie dann zu einem Zopf zusammen. Ein wenig Wimperntusche, ein bisschen Lipgloss und fertig. Meinen Genen hatte ich es zu verdanken, dass ich weder ein teures Anti-Mitesser-Serum noch eine Anti-Pickel-Creme oder gar Tages-Make-up benötigte. Meine Haut war immer perfekt, in meinen Teenagerjahren hatte ich nicht einen einzigen Pickel gehabt und ich bin wirklich glücklich darüber, dass mir der Stress, der damit verbunden war, erspart geblieben war. Obwohl ich wirklich sagen muss, dass die Zeit in der ich aufwachsen durfte, harmlos war im Vergleich zu heute. Pickelfresse und Streuselkuchengesicht waren nur ein kleines Beispiel für das grausame Repertoire der heutigen Kinder.
Schnell schlüpfte ich in eine bequeme Jeans, zog mir einen weißen Rollkragenpulli über und griff nach meinem blauen Mantel. Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel und dann verließ ich zufrieden meine Wohnung. Obwohl wir Geld hatten wie Heu, zog ich eine schlichtere Lebensweise vor. Ich marschierte zu der 20 Meter entfernten Bushaltestelle und nahm den 23er Bus in Richtung Innenstadt. Nur eine viertel Stunde später fand ich mich vor einem großen Hotel wieder, das ohne Zweifel fünf Sterne besaß. Mensch Mutter, du neigst wirklich dazu zu übertreiben. Wen bitte willst du beeindrucken? Onkel Kurt oder Cousine Rose? Also bitte. Am liebsten hätte ich kehrt gemacht, doch meine Mutter kam schon schnellen Schrittes auf mich zu.
Sie trug einen gelben Mantel und ohne Zweifel war darunter der Saum eines Rockes zu erkennen. Ich konnte es nicht fassen, bei dem Wetter. Wir hatten Ende Oktober und schon jetzt war das Thermometer auf eisige 5°C gesunken und durch den Wind fühlte es sich an, wie -10°C. Ich wollte nach Hause, vor den Fernseher, eingekuschelt in meine Lieblingsdecke und den ganzen Tag fernsehen, bis ich einschlief. Klar, das wäre nicht sehr spannend oder gesund gewesen, aber es wäre allemal besser als das hier.
„Wie siehst du denn aus, Kind?“
„Wie soll ich aussehen?“
„Hättest du dich nicht chic machen können?“
„Also ich finde nicht, dass es an mir etwas auszusetzen gibt.“
Meine Mutter verstummte und wandte den Blick von mir ab, wo schaute sie denn nur hin? Dann wurde es mir schlagartig bewusst. Sie wollte nicht nur meinen Geburtstag
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