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Dem Himmel entgegen

Dem Himmel entgegen

Titel: Dem Himmel entgegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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ich möchte es versuchen.”
    Sein Blick verharrte einen Moment reglos, während er zu verstehen versuchte, was sie gerade gesagt hatte. Dann hellte sich seine Miene auf. “Ella, das ist wundervoll! Danke. Sie wissen nicht, was für eine Erleichterung das für mich ist.”
    “Ich würde mir im Moment noch nicht danken …”
    Sein Lächeln verschwand, als er ihr zweifelndes Gesicht sah. Er legte den Kopf schief, als wolle er etwas verstehen. “Warten Sie einen Moment. Was ist mit der ganzen ‘Mensch, der Tiere liebt – Mensch, der Menschen liebt’-Sache, die Sie beim Essen ansprachen? Sie schienen so überzeugt und entschlossen zu sein. Was hat Sie bewogen, Ihre Meinung zu ändern?”
    “Eine Person”, erwiderte sie und ihre Mundwinkel zuckten. “Eine kleine Person.”
    “Marion?”
    “Wer sonst?”
    “Was hat sie gesagt, dass Sie Ihren Entschluss überdacht haben?”
    “Nichts.”
    Er sah überrascht aus.
    “Sie musste nichts sagen. Wussten Sie, dass sie am Fenster stand, um auf Sie zu warten?”
    Harris wurde blass.
    “Das war heute nicht das erste Mal. Sie wartet jeden Abend auf Sie. Und das Letzte, was sie mir sagt, wenn wir die Gutenachtgeschichte gelesen haben und ich sie ins Bett gesteckt habe, ist:
Sag Daddy, er soll raufkommen und mir einen Gutenachtkuss geben
. Jeden Abend sagt sie das.”
    “Das mache ich auch immer.”
    Ella hob die Schultern und sah ihn fragend an.
    Er hob mit einer Unschuldsmiene die Augenbrauen. “Das tue ich”, erwiderte er bestimmt.
    “Manchmal ist sie noch wach und weiß, dass Sie da sind. Manchmal ist es aber so spät, dass sie schläft und es nicht mitbekommt. Wie heute Abend. Glauben Sie mir, Harris. Sie sollten nicht versprechen, da zu sein, und es dann nicht einhalten.”
    Sein Gesicht verdunkelte sich, und er starrte ins Nichts.
    “Ich habe auch persönliche Gründe, warum ich meine Absichten geändert habe”, fuhr sie fort. “Heute Abend, als ich sie am Fenster stehen sah, erinnerte ich mich daran, dass ich in ihrem Alter dasselbe getan habe. Ich stand eine Ewigkeit am Fenster und habe mich gefragt, wo meine Eltern sind, und warum sie nicht wie alle anderen Eltern ganz normal nach Hause kommen können. Ich habe mich gefragt, was an mir falsch ist, dass sie mich im Stich lassen.” Sie lief die Veranda entlang und hob Zweige und Holzstücke auf, die der Wind hinaufgeweht hatte.
    “Erst, als ich erwachsen war, konnte ich verstehen, warum meine Mutter mich in die Obhut meiner Tanten gegeben hatte. Sie wollte bei meinem Vater sein und mit ihm arbeiten. Er war ein Workaholic. Wenn sie nicht diese Entscheidung getroffen hätte, hätte sie ihn wohl nie zu Gesicht bekommen. Mein Vater stand bei meiner Mutter an erster Stelle, nicht ich”, sagte sie ohne einen Anflug von Selbstmitleid. “Ein schöner Gedanke, dass sie sich sehr geliebt haben …” Sie machte eine Pause.
    “Und doch … als Kind konnte ich das nicht verstehen. Als ich so alt war wie Marion, fühlte ich mich verlassen, verletzt, ja war sogar wütend auf meine Mutter und meinen Vater. Ihre Karriere, ihre Hingabe, ihre Liebe füreinander – nichts davon war von Bedeutung. Mit fünf Jahren wollte ich nichts mehr, als meine Mutter und meinen Vater zurück. Das Leben ist vergänglich, Harris. Es wird immer die Arbeit und Termine und wichtige Probleme geben, die sofort gelöst werden müssen. Aber Marion wird nur für eine kurze Zeit so jung sein. Zwinkern Sie einmal mit den Augen, und Sie verpassen diese Zeit. Zwinkern Sie noch einmal, und sie wird fort sein.”
    Er stand reglos da, sein Blick wirkte gehetzt.
    “So”, sagte sie und rieb die kalten Handflächen aneinander. Sie sah auf, sog die Luft tief ein und setzte alles auf eine Karte. “Ich habe einen Vorschlag für Sie.”
    “Einen Vorschlag?”
    “Ja. Was ich mir vorstelle, ist eine Zusammenarbeit. Ich komme in die Klinik und helfe Ihnen, und im Gegenzug kommen Sie nach Hause und kümmern sich um Marion.”
    “Was?”
    “Die Arbeit übernehme ich, aber Marion wird die
Zeit
mit Ihnen verbringen.”
    Er schüttelte energisch den Kopf. “Das wird nicht gehen. Wir sind immer noch eine Person zu wenig in der Klinik. Die Arbeit wird sich stapeln.”
    “Dann müssen wir beide eben länger arbeiten. Mir macht das nichts aus.” Sie sah ihn fest an. “Marion wird nicht darunter leiden. Wir werden keinen Babysitter für sie engagieren. Deswegen bin ich nicht hergekommen.”
    Er blickte in die Ferne, und sie konnte an seiner Miene ablesen,

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