Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)

Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)

Titel: Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
Vom Netzwerk:
steht: »Andi, wir glauben an Dich.«
    Nach der Trauerfeier werden die Särge auf ihren schwarzen Podesten zum Friedhof getragen. Es nieselt, aber kaum jemand benutzt einen Schirm. Vater, Mutter und die beiden Schwestern werden in nebeneinander liegenden Doppelgräbern beigesetzt. Auf dem schlichten Holzkreuz steht »Chrissi und Mimmi H.«, darunter die Jahreszahlen 1984, 1987 und 2009, auf dem Kreuz der Eltern: »Hansjürgen und Else H.«
    »Ich bin bestürzt«, sagt Pfarrer Frieder D. von der Eislinger Christuskirchengemeinde. Er hat das Gefühl, Schock und Erschrecken hätten sich über die ganze Stadt gelegt wie ein dichtes, schwarzes Tuch. Er kennt auch Frederik, den jungen Mann, der die Beteiligung an den Morden bereits zugegeben hat. Frederik B. hat drei Jahre vorher ein Trainee-Programm zum Jugendleiter bei Pfarrer D. absolviert. Frederik sei damals ein »netter, kontaktfreudiger Junge« gewesen.
    In den nächsten Tagen und Wochen wird weiter ermittelt. Die Beamten versuchen, mit Andreas H. ins Gespräch zu kommen, aber dieser schweigt eisern. So bleibt insbesondere die Frage nach dem Motiv offen. Die Staatsanwaltschaft hat zwar » Hypothesen« zu den Hintergründen, will diese jedoch vorerst nicht bekanntgeben. Sie prüft unterdessen, ob im Schützenverein gegen die vorgeschriebenen Aufbewahrungsrichtlinien verstoßen wurde. Anhaltspunkte dafür gibt es jedoch nicht. Waffen und Munition befanden sich in verschlossenen Tresoren. Forderungen, dass die Waffen der so genannten Sportschützen nicht zu Hause aufbewahrt werden dürfen, sondern grundsätzlich nur zentral in den Vereinshäusern, erübrigen sich damit. Es gibt keine sichere Lagerung. Die Mitglieder der Schützengilde Eislingen sind noch immer fassungslos. »Sonnyboy« Andreas, der »nette, hilfsbereite Kamerad«, hat sie alle an der Nase herumgeführt.
    Im Mai 2009 werden Thesen laut, Andreas und Frederik seien »schwul« gewesen. Weil Andreas’ Familie dies nicht habe akzeptieren können, musste sie sterben. Ihre Homosexualität sei schon früh aufgefallen, sogar in der Schule habe man die beiden deswegen gehänselt, schreibt der Stern und zitiert den Gastwirt des Marstalls : »Hier war allen klar, dass die beiden homosexuell sind.« Die Schwestern hätten sich über ihren »schwulen Bruder« lustig gemacht und der Vater sei mit der sexuellen Orientierung seines Sohnes gar nicht klar gekommen.
    Am 31. Juli 2009 erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Andreas H. und Frederik B. wegen vierfachen heimtückischen Mordes aus Habgier. Die Polizei kann die an den beiden Waffen gefundenen DNA-Spuren den Beschuldigten zuordnen. Beide sind außerdem wegen gemeinschaftlichen Diebstahls angeklagt, unter anderem für den Einbruch in das Vereinsheim der Schützengilde Eislingen im Oktober 2008. Zur Frage der Schuldfähigkeit hat die Staatsanwaltschaft ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben.
    Frederik B. hat seine Tatbeteiligung gestanden, Andreas H. schweigt noch immer.
    Die beiden Mörder lehnen Gespräche mit psychologischen Sachverständigen auf Anraten ihrer Anwälte ab. Es gibt keinerlei Kooperation. Da das Gericht Gutachten zum Reifegrad und zur Schuldfähigkeit vorgesehen hat, müssen diese nun ohne Beteiligung der Angeklagten erstellt werden.
    Am 7. Oktober 2009, kurz vor Prozessbeginn, äußern sich die Eltern von Frederik im Stern . Mit »Der Frederik wird unser Sohn bleiben« ist der Artikel überschrieben. Sie werden sich noch mehrmals äußern, auch im Fernsehen, während des Prozesses und auch danach. Die Eltern halten zu ihrem Sohn. Er soll gesagt haben, dass er sich umbringen wird, wenn sie sich von ihm lossagen. Habgier als Motiv schließen sie aus. Frederik habe es nie an etwas gefehlt. Das habe ihnen ihr Sohn bestätigt, als sie ihn im Gefängnis besuchten. Auch eine homosexuelle Beziehung wollen sie nicht wahrhaben. Es sei lediglich eine »innige Freundschaft« gewesen. »Da sind zwei aufeinander getroffen, die wie Zahnräder ineinander gepasst haben«, sagt der Vater.
    Am Tattag ist ihnen nichts aufgefallen, was auf eine Täterschaft ihres Sohnes hindeutet. »Man hat den beiden nicht angemerkt, was sie für ein Schauspiel abzogen«, sagt die Mutter und fügt hinzu: »Das hat uns fast am meisten betroffen gemacht, dass wir bei unserem Sohn kein Zeichen, einfach nichts registrierten, was uns stutzig machte.« Sie wache noch heute manchmal auf und denke, es sei alles nur ein böser Traum. Noch immer befinden sie sich in

Weitere Kostenlose Bücher