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Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)

Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)

Titel: Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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der Öffentlichkeit – Hohn sprechen. Und den Gerichten scheint jedes Empfinden für diese Instinktlosigkeiten abhandengekommen sein.« Unmut und Häme werden über Dr. Hädrich ausgegossen. Doch der kann gar nichts dafür.
    Einen Tag später schickt Dr. Hädrich ein Fax an das Landgericht Leipzig:
»Sehr geehrte Damen und Herren,
im Nachgang zur gestrigen Hauptverhandlung wende ich mich mit einer Bitte an Sie: Die Präsentation der Obduktionsbefunde hat ein teils negatives Echo in der Öffentlichkeit ausgelöst, das ich durchaus nachvollziehen kann. Leider wird in den Medien der Eindruck vermittelt, ich hätte eigenmächtig und aus Geltungsdrang die Präsentation der Öffentlichkeit vorgeführt – davon möchte ich mich ausdrücklich distanzieren.
    Ich hatte von mir aus keine Video-Präsentation der Befunde vorbereitet – erst auf Bitte des Vorsitzenden habe ich diese in der Verhandlungspause erstellt. Der Inhalt der Bildtafeln war dem Gericht bekannt. Die Präsentation war von mir nur für das Gericht und die Prozessbeteiligten konzipiert. Ich habe daher explizit im Besprechungsraum nachgefragt, wie die Projektionswand aufgestellt werden soll, d. h., wer Einblick in die Präsentation erhält und wer nicht. Daraufhin wurde in Abstimmung von Herrn G. (Vorsitzender Richter, Anm. des Autors) mit einer Pressevertreterin die Projektwand so gedreht, dass auch die Zuschauer Einblick hatten. Das war von mir so nicht vorgesehen. Ich bedauere den unglücklichen Verlauf Präsentation und hoffe aber, dass das Gericht ebenso einen Teil der Verantwortung übernehmen kann.
    Es wäre hilfreich, wenn die Kammer evtl. über den Pressesprecher eine entsprechende Erklärung abgeben und so meine Reputation wieder herstellen könnte. […]«
    Eine Antwort auf sein Schreiben bekommt Dr. Hädrich nicht. Auch die gewünschte Richtigstellung an die Medien unterbleibt. Das Landgericht will sich nicht zu dem Fall äußern, weil dies »ein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit« wäre. Ein Sprecher sagt lediglich, dass es in der Strafprozessordnung und im Gerichtsverfassungsgesetz keine Vorschriften gebe, in welcher Art und Weise Gutachten vorgetragen werden sollten.
    Und so bleibt der Makel, dass in diesem Prozess die Zuschauer mit den Verletzungsfotos der kleinen Michelle geschockt wurden, an Dr. Hädrich hängen.
    Aus dem Sektionsbericht:
    III. Wesentliche Sektionsbefunde: […]
Zeichen stumpfer Gewalteinwirkung auf den Kopf […]
Zeichen stumpfer Gewalteinwirkung gegen den Hals […]
Zeichen stumpfer Gewalteinwirkung gegen den Rumpf […]
Zeichen stumpfer Gewalteinwirkung gegen die Arme […]
Zeichen stumpfer Gewalteinwirkung gegen die Beine […]
Zeichen stumpfer Gewalteinwirkung im Genital- und Analbereich [… ]
Zeichen des Erstickens […]
Eingeatmeter Mageninhalt in den Atemwegen.
Zeichen des Liegens im Wasser […]
Chemisch-toxikologisch: Nachweis von Coffein un d Alkohol (0,83 Promille) im Blut .
    IV. Todesursache: Ersticken […]
    Was bedeuten all diese Befunde? Daniel V. hat Michelle nicht nur gewürgt. Er hat sie mehrfach ins Gesicht geschlagen – mit der Faust – wie er selbst aussagt. Die im Sektionsbefund genannten »Widerlagerverletzungen« entstehen immer dann, wenn das betreffende Gewebe stark gegen eine harte Unterlage gedrückt wird. Bei Michelle fanden sich solche Verletzungen am Rücken in Höhe des linken Schulterblattes und an der Hüfte; ein Beweis dafür, dass ihr Mörder auf ihr gekniet haben muss. Was sicher am grausigsten ist: Es war nicht innerhalb weniger Minuten vorbei. Michelle starb langsam und qualvoll.
    Der Wein, der Michelle mit Gewalt eingeflößt wurde, war zum Teil verstoffwechselt. Ein Stoffwechselprodukt namens Ethylgluconurid wurde bei der Sektion im Blut nachgewiesen. Dieses Ethylgluconurid weist darauf hin, dass der aufgenommene Alkohol (fachlich: Ethanol) in der Leber abgebaut wurde. Solche Prozesse sind nicht innerhalb von wenigen Minuten beendet.
2. Prozesstag: Dienstag, 8. September 2009
    An diesem Dienstag findet lediglich ein »Ortstermin« am Leipziger Landgericht statt, der nur eine knappe Viertelstunde dauert. Die Anwältin von Michelles Eltern ist im Urlaub. Um Fristen einzuhalten, muss dieser Zwischentermin stattfinden.
    Der nächste Verhandlungstag ist am 29. September.
3. Prozesstag: Dienstag, 29. September 2009
    An diesem dritten Prozesstag will sich das Gericht vor allem ein Bild vom Geisteszustand des Angeklagten machen. Das Gericht hat hierfür einen renommierten

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