Dem Pharao versprochen
verließ. Anchesenamun schlug das Laken zurück und schwang ihre Beine über die Bettkante. Die Sonne stand bereits hoch. Es musste schon spät sein, Anchesenamun hatte tief und fest geschlafen. Sie dehnte sich und stand auf.
Ihre Dienerin schien nur auf diesen Moment gewartet zu haben. Sie brachte eine Schüssel mit klarem Wasser und einige Tücher, damit sich Anchesenamun waschen konnte. Diesmal war die Dienerin sogar gesprächig.
»Habt Ihr wohl geruht und Euch gut erholt? Das Frühstück steht schon nebenan bereit.« Sie zwitscherte wie ein Vogel. Ihre Stimme war hell und wohltönend. »Wenn Ihr gefrühstückt habt und fertig seid, dann erwartet Euch der Pharao, er möge ewig leben. Er will mit Euch einen Ausflug mit dem Wagen machen.«
Anchesenamun nickte, während sie ihre Hände ins Wasser tauchte und sich Gesicht und Oberkörper wusch. Die Dienerin hatte ein neues Kleid bereitgelegt, es war aus feinstem Leinen, hauchdünn. Sie half Anchesenamun beim Anziehen, frisierte sie und brachte ein Tablett mit goldenem Schmuck und schönem Geschmeide, das ihre Herrin anlegen sollte.
»Wie schön Ihr seid, meine Königin.« Die Dienerin neigte ehrfürchtig den Kopf, als Anchesenamun fertig war.
Das Frühstück sah appetitlich aus, und Anchesenamun merkte erst jetzt, dass sie großen Hunger hatte. Am Abend zuvor hatte sie vor lauter Nervosität kaum etwas essen können.
Die Sonne malte helle Kringel auf den Frühstückstisch, ließ die goldenen Schalen und Kelche aufblitzen. Weintrauben, Äpfel, Feigen – Anchesenamun hatte die Auswahl. Außerdem gab es verschiedene Sorten von Brot. Auch ein Krug Bier stand bereit. Sie griff zu und ließ es sich schmecken.
Nachdem sie satt war, führte die Dienerin Anchesenamun zu einem Palastdiener, der sie zu Tutanchamun bringen sollte. Der Diener verneigte sich ehrerbietig vor der jungen Königin.
»Der Pharao, möge er ewig leben, wartet bei den Stallungen.«
Ein heißer Schreck durchfuhr Anchesenamun. Sie war noch nie bei den Königlichen Pferdeställen gewesen. Ob sie Duamutef begegnen würde? Hatte er jetzt Dienst? Ihre Knie waren weich, als sie dem Diener folgte.
Ich muss mich im Griff haben, sagte sie sich immer wieder. Tut darf auf keinen Fall merken, was ich für Duamutef empfinde. Das wäre eine Katastrophe, sowohl für ihn als auch für mich.
Der Weg zu den Stallungen war weit, und es gelang Anchesenamun unterwegs tatsächlich, ihre Aufregung zu kontrollieren. Als sie ankam, schlug ihr Herz fast normal schnell.
Tut stand bei einem dicken Mann, den Anchesenamun erst auf den zweiten Blick erkannte, obwohl sie ihn schon öfter gesehen hatte. Es war Eje, der ehemalige Wesir des Pharaos, der sich jahrelang um die Regierungsgeschäfte gekümmert hatte, als Tut dafür noch zu jung war. Auch jetzt stand Eje ihm noch beratend zur Seite.
Anchesenamun mochte Eje nicht, ohne dass sie hierfür einen Grund hätte nennen können. Es war eine instinktive Abneigung, die sie dem Mann entgegenbrachte. Vielleicht lag es an Ejes flinken Augen, die überall umherspähten und denen kein Detail zu entgehen schien. Der alte Mann war dick geworden, seit Anchesenamun ihn das letzte Mal gesehen hatte. Sein Fleisch war aufgeschwemmt und hatte eine ungesunde Farbe. Seine Stimme war rau und herrisch, und im Augenblick war er dabei, auf Tut einzureden und ihm klarzumachen, dass er die Anzahl seiner Streitwagen erhöhen müsse.
Tut hörte ihm unkonzentriert zu, sein Blick wanderte dabei umher und sein Fuß wippte voller Ungeduld. Eje erklärte umständlich und heftig gestikulierend den Vorteil einer größeren Streitwagenmacht. Tut nickte automatisch. Dann entdeckte er Anchesenamun, und sein Gesicht erhellte sich. Er sagte kurz etwas zu Eje, ließ ihn stehen und kam auf Anchesenamun zu. Eje musterte sie aus schmalen Augen. Seine dunklen Brauen waren zusammengezogen, die Miene streng, der schmale Mund verkniffen.
Anchesenamun registrierte es und bemühte sich, heiter und gelassen zu wirken.
»Du hast nach mir schicken lassen«, begrüßte sie den Pharao und lächelte. »Hier bin ich also.«
»Ich will mit dir ein Stück in die Wüste fahren«, sagte Tutanchamun. »Ich wünsche, dass du mich in Zukunft öfter begleitest, wenn ich mit dem Wagen unterwegs bin. Bald beginnt wieder die Jagdsaison, da möchte ich dich an meiner Seite haben. Du sollst dabei sein, wenn ich ein Nilpferd jage. Ich glaube nämlich, dass du mir Glück bringst.«
Sie fühlte sich geschmeichelt, obwohl sie der
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