Dem Pharao versprochen
ergangen?«
»Och … eigentlich ist nichts Besonderes vorgefallen. Alles war wie immer. Selket hat ein Kätzchen gefunden und aufgezogen, es hat viel Spaß gemacht, ihm zuzusehen.« Anchesenamun warf Tut einen Seitenblick zu. »Aber du hast sicher aufregendere Dinge erlebt. Du bist lange aus Waset weg gewesen.«
Tut berichtete von dem Feldzug, an dem er teilgenommen hatte. Er erzählte vom Lagerleben, von den erbitterten Kämpfen und dem verdienten Sieg. Anchesenamun hörte zu, ohne ihn zu unterbrechen. Sie hätte ihn gern gefragt, was er beim Anblick der toten und verletzten Krieger empfunden hatte, und wie viele Soldaten durch seine Hand gestorben waren. Doch sie wagte nicht, diese Fragen zu stellen, dazu fühlte sie sich ihm nicht nahe genug.
»Aber jetzt genug vom Krieg«, sagte Tut schließlich. »Ich fürchte, ich langweile dich mit all diesen Beschreibungen. Lass uns lieber über uns reden.« Er lachte sie an. »Weißt du noch, wie ich früher immer mit dir und deinen Schwestern gespielt habe?«
Anchesenamun nickte. »Ja, und ich war eifersüchtig, wenn du dann von deinem Hauslehrer gerufen worden bist. Am liebsten wäre ich mitgegangen, weil ich genauso viel wissen wollte wie du. Aber ich musste mit meinen Schwestern weiter Murmeln spielen oder diese ewigen Hüpfspiele machen. Es war so öde!«
»Und ich habe euch beneidet«, gestand Tut. »Ich habe es gehasst, dass ich im Zimmer sitzen und lernen musste, während ihr draußen im Hof euren Spaß hattet. Wenn ich euer fröhliches Lachen hörte, wäre ich am liebsten hinausgerannt. Der Lehrer hat versucht, mich zu beruhigen. Er hat mir erklärt, dass ich als Pharao so viel wie möglich von der Welt und den Wissenschaften wissen müsse.«
»Einmal habe ich mitbekommen, wie du einen Tobsuchtsanfall hattest«, sagte Anchesenamun. »Du hast schrecklich gebrüllt. Ich dachte schon, der Lehrer schlägt dich. Ich habe heimlich durchs Fenster gespäht, und da sah ich, wie du auf dem Boden lagst und voller Wut mit den Fäusten getrommelt hast.«
»Das hast du mitbekommen?«
Anchesenamun sah im Fackelschein, wie eine leichte Röte die Wangen des Pharaos überzog.
»Ja, ich war manchmal ein sehr ungezogener Junge. Mein Lehrer hatte große Mühe mit mir.« Er lachte. »Doch das hat sich inzwischen gelegt, hoffe ich.« Er wurde wieder ernst und nahm Anchesenamuns Hand. »Aber jetzt lass uns über uns beide reden.«
Anchesenamun kicherte nervös.
»Ich habe oft an dich gedacht, während ich unterwegs war«, fuhr Tut fort. »Jeden Tag. Oder besser gesagt: jede Nacht.«
»Ich habe auch oft an dich gedacht und mich gefragt, wann du nach Waset zurückkommst«, sagte Anchesenamun. »Manchmal habe ich befürchtet, du kommst gar nicht mehr zurück. Ich … ich hatte Angst, du könntest getötet werden.«
»Ich bin tatsächlich mehrfach in Bedrängnis geraten. Aber die Götter waren mit mir, ich habe kaum eine Verletzung davongetragen.«
»Oh, das ist wunderbar, Tut …«
»Ich habe auch ein Geschenk für dich.« Er lächelte sie an, dann griff er in eine Falte seines Gewands, in der eine Innentasche verborgen war, und holte einen goldenen Armreif hervor, den er über Anchesenamuns schmales Handgelenk schob.
Es war ein offener Ring, der an beiden Seiten stilisierte Lilien zeigte – ein wunderschön gearbeitetes Schmuckstück.
»Für mich?«, fragte Anchesenamun überrascht.
»Für wen sonst?«
»Danke.« Anchesenamun war verlegen. »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.« Sie drehte den Armreif. »Lilien sind meine Lieblingsblumen.«
»Das weiß ich, deswegen habe ich den Armreif ja extra für dich anfertigen lassen.« Er stand jetzt ganz nah bei ihr. Sie roch das parfümierte Öl, mit dem er gesalbt worden war. Der Duft stieg ihr zu Kopf, und ihr wurde leicht schwindelig.
»Anchi …«
Er zog sie an sich und küsste sie. Es war ein drängender, fordernder Kuss, der sie ein wenig erschreckte. Unwillkürlich wollte sie zurückweichen, aber Tut hielt sie fest und zog sie noch enger an sich. Sein Atem ging rasch. Sie sanken ins Gras und Anchesenamun begriff, dass er sie jetzt lieben wollte, hier im Palastgarten.
Das war alles?, dachte Anchesenamun, als Tut ihr wieder auf die Beine half. Sie hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten, so enttäuscht war sie. Sie hatte sich vorgestellt, dass Tut sie zärtlich streicheln und Koseworte in ihr Ohr flüstern würde. Aber dazu hatte er sich gar nicht die Zeit genommen. Es war alles sehr schnell
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