Dem Pharao versprochen
anschaut. Und eine Ausrede wird ihr auch eingefallen sein. Sie hat ihn genauso verhext wie dich. Und deswegen wird es erst recht Zeit, dass ihr das Handwerk gelegt wird und sie nicht weiterhin hier im Palast ihr Unwesen treiben kann.«
»Er geht nicht mehr so oft in der Nacht zu ihr«, murmelte Eje.
Tij brach in lautes Lachen aus. »Und du glaubst, das ist eine Strafe? Das kann ihr doch nur recht sein. So hat sie in der Nacht ihre Ruhe und kann ungestört schlafen. Und was ihre Bedürfnisse angeht, so wird sie sich bestimmt weiterhin mit ihrem Liebhaber treffen.«
»Glaub doch, was du willst!«, schrie Eje seine Frau an. Er hatte nun wirklich genug von ihren Lästereien. Tij ließ kein gutes Haar an Anchesenamun. Dass die Königin ihr Kind verloren hatte, entlockte ihr kein Mitleid, sondern nur Schadenfreude. Wahrscheinlich wünschte sie sich insgeheim, selbst die Große Königliche Gemahlin zu sein und bei öffentlichen Auftritten glänzen zu können. Eje gluckste unwillkürlich. Die Vorstellung war zu absurd! Tij würde eine Sonderanfertigung brauchen, was den Thronsessel anging, so fett wie sie war. Allein ihr Hinterteil hatte die Ausmaße eines Nilpferds …
Tij schien seine Gedanken zu lesen. Sie bedachte ihn mit einem bitterbösen Blick, dann verließ sie den Raum und schlug die Tür hinter sich zu.
Duamutef fühlte sich wie betrunken. Er schlug die Augen auf, doch das helle Licht blendete ihn so, dass er sie gleich wieder schließen musste. Schon wieder griffen die Träume nach ihm; er kämpfte mühsam dagegen an. Wie viele Tage hatte er schlafend und im Fieber verbracht? Sein Zeitgefühl war völlig abhanden gekommen. Er wusste nicht mehr, welche Jahreszeit es war. Er konnte sich nur noch daran erinnern, dass er nach Waset hatte reisen wollen, aber vor Reiseantritt krank geworden war. Schwerkrank. Er hatte das Fieber bekommen, das die Mücken übertrugen und an dem so viele Menschen starben. Auch er wäre fast gestorben, doch dann hatten die Götter ein Einsehen gehabt und ihn am Leben gelassen. Vielleicht war es auch die Kunst Nefertaris, die ihn gepflegt und sich während seiner Krankheit um ihn gekümmert hatte. Er war hilflos wie ein neugeborenes Kind gewesen, und hätte Nefertari ihn nicht gefüttert und ihn umsorgt, so wäre er elend zugrunde gegangen.
Anscheinend verbrachte Nefertari Tag und Nacht an seinem Lager, denn jetzt war sie ebenfalls zur Stelle.
»Duamutef? Bist du wach?« Ihre Stimme war leise und zärtlich, weich wie Honig. Er fühlte ihre Hand auf seiner Stirn.
»Du hast kein Fieber«, redete sie weiter. »Ich glaube, wir haben die Krankheit besiegt. Jetzt musst du wieder zu Kräften kommen. Du bist so dünn geworden. Schau dir deine Beine an – wie zwei Stecken.« Sie lachte leise und streichelte seinen Arm. »Aber das wird schon wieder. Ich könnte dir ein Gemüsesuppe machen und etwas Huhn habe ich auch noch.«
»Ich habe keinen Hunger«, murmelte Duamutef. Die wenigen Worte kosteten ihn große Anstrengung.
»Aber du musst etwas essen«, erklärte Nefertari mit Nachdruck. »Du willst doch gesund werden.«
»Du bist so gut zu mir«, sagte Duamutef und hielt ihre Hand fest.
Nefertari lächelte. Sie war eine schöne junge Frau, und ihre Art erinnerte Duamutef manchmal an Anchesenamun. Sie war wissbegierig, scherte sich um keine Konventionen und packte an, wenn es notwendig war. Nefertari arbeitete in einer Töpferei, in der auch ihre fünf Geschwister beschäftigt waren. Ihr Vater war im letzten Jahr gestorben, ihre Mutter bereits bei der Geburt ihrer jüngsten Schwester. Jetzt sorgte Nefertari als Älteste für ihre Familie und kümmerte sich um alles. Duamutef fragte sich manchmal, wann Nefertari überhaupt schlief. Trotz ihrer vielen Arbeit war sie immer guter Laune.
Duamutef hatte in der Hütte neben Nefertari eine Bleibe gefunden. Der Besitzer war Bauer, Duamutef half auf dem Feld mit, versorgte die Ziegenherde und hatte gelernt, wie man aus Ziegenmilch Butter und Käse herstellte. Sein Wissen über Tiere und ihre Krankheiten hatte schon oft geholfen und manche Notschlachtung verhindert. Der Bauer hielt große Stücke auf den jungen Mann.
Duamutef kannte Nefertari schon eine ganze Weile, sie waren sich oft am frühen Morgen begegnet, wenn Nefertari zur Arbeit eilte. Unter normalen Umständen hätte Duamutef ein Auge auf sie geworfen, doch Anchesenamun spukte noch immer in seinem Kopf herum. Er konnte sie nicht vergessen, so sehr er sich auch bemühte. Deswegen
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