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Dem Pharao versprochen

Dem Pharao versprochen

Titel: Dem Pharao versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliese Arold
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Augen.
    »Und der wäre?«, fragte er.
    »Gift. Oder ein Unfall. Oder eine Krankheit, die sie rasch hinwegrafft«, zählte Tij auf. »Ihr Tod wäre die beste Lösung. Die göttliche Ordnung wäre wieder hergestellt, und Tutanchamun könnte sich eine neue Frau nehmen, ohne dass das Volk ihm zürnt. – Ein Fieber, das sie nach und nach auszehrt. Niemand würde sich etwas dabei denken. Ich könnte dafür sorgen, Eje. Ich besitze genug Wissen, um so ein Fieber herbeizuführen, ohne dass es Verdacht erregt.«
    Eje starrte seine Gemahlin an. Tij zitterte vor Erwartung. Ein Träger ihres Kleides war verrutscht und entblößte die schwammige Schulter, die mit dunklen Altersflecken übersät war. Der Hals war fast nicht zu sehen, sondern verschwand in Ringen aus Fett. Ihr Haar war mit grauen Strähnen durchzogen, obwohl sie es immer wieder schwarz färbte. Auf dem Kopf waren helle Stellen zu erkennen, dazwischen schimmerte die rosige Haut, weil ihr Haar so dünn geworden war. Eje schüttelte sich innerlich vor Abscheu. Tij war ein hässliches altes Weib geworden, und ihre Bosheit schien den Prozess noch zu beschleunigen. Nichts erinnerte mehr an das hübsche fröhliche Mädchen von einst, das Eje geheiratet hatte.
    Auf einmal sah er Anchesenamun vor sich, ihr bezauberndes Lachen, ihre frische Haut, ihre dunklen, nachdenklichen Augen, die manchmal so traurig dreinschauten. Er dachte an ihre vollen Lippen und ihre makellosen Zähne und erinnerte sich daran, wie Anchesenamun strahlen konnte, wenn sie sich über etwas freute. Ihre zarten Hände kamen ihm in den Sinn. Er hatte sie bisweilen gehalten, um ihr Trost zu spenden und sie zu überzeugen, dass sie ihm vertrauen konnte. Welche Wonne musste es sein, ihren köstlichen Körper in den Armen zu halten und ihre weichen Lippen zu berühren, ihr Haar zu streicheln und ihren Duft in sich aufzusaugen? Eje schloss die Augen und spürte, wie Begierde in ihm aufstieg. Was würde er dafür geben, eine Nacht mit Anchesenamun zu verbringen! Es musste das höchste Glück der Erde sein, das Lager mit dieser wunderschönen Frau zu teilen!
    »Hüte dich, Anchesenamun anzurühren, Tij!«, entfuhr es ihm, und seine Stimme klang lauter, als er es beabsichtigt hatte. »Wenn ich herausfinde, dass du der Großen Königlichen Gemahlin auch nur ein Haar gekrümmt hast, dann wirst du es bitter bereuen, das sage ich dir!«
    Tij blitzte ihn an. »Warum nimmst du diese Hure in Schutz? Hat sie dir etwa schöne Augen gemacht? Sie verdient den Tod, Eje, denn sie zieht das Unglück auf sich. Ihr Vater war ein Ketzer und hat Dinge getan, die das Volk ihm nie verzeihen wird. Und Anchesenamun ist sein Fleisch und Blut, die Verderbnis ist in sie übergegangen, und es ist nur gerecht, dass die Götter sie bestrafen und unfruchtbar machen.«
    »Vergiss nicht, dass auch Tutanchamun Echnatons Sohn ist«, wies Eje seine Gattin zurecht. »Wenn es einen Fluch gibt, der sich vererbt, dann trifft er ihn genauso.«
    Tij zog die Augenbrauen zusammen. »Der Pharao ist Gottes Sohn und nicht der Sohn eines leiblichen Vaters.«
    Eje lächelte schief. »So? Ist er nicht? Ich erinnere mich noch allzu gut, wie dieser kleine Bengel zu meinen Füßen mit einem Holzkrokodil spielte, und wir alle überlegt haben, ob er wohl alt genug wird, um den Thron des Pharaos zu erben. Er hatte in den ersten Jahren eine so schwächliche Gesundheit; ich glaube, er hatte mehr kranke als gesunde Tage. Und hätte sich sein Leibarzt nicht so wunderbar um seinen Fuß gekümmert, so könnte Tut heute nicht ohne Krücken gehen. So viel zum Sohn Gottes.«
    »Zu wem hältst du eigentlich?« Tijs Stimme war ein unangenehmes Keifen. »Du bist dem Pharao zur Treue verpflichtet, aber mir scheint, dass dich sein Weib verhext hat. Ich ahne ja schon lange, dass dir die kleine Hure gut gefällt. Und deswegen hast du dem Pharao wohl auch nie von meiner Beobachtung im Palastgarten erzählt.«
    »Du weißt, dass ich ihm sofort einen Brief geschrieben habe«, verteidigte sich Eje. »Allerdings muss dem Boten unterwegs etwas zugestoßen sein, denn der Brief kam nie bei Tutanchamun an. Ich habe dem Pharao gleich nach seiner Rückkehr nach Waset von der Untreue seiner Gattin erzählt und es ihm überlassen, über sie zu richten. Denn mir steht es nicht zu.«
    »Und was hat Tut unternommen?«, bohrte Tij nach. »Nichts. Er hat sie nicht verstoßen und auch nicht verprügelt. Wahrscheinlich hat sie ihn mit ihren großen Augen unschuldig angeschaut, wie sie dich immer

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