Dem Pharao versprochen
Ägypten, wenn ich als Euer zukünftiger Gatte in die engere Wahl kommen würde. – Schschsch!« Er legte den Finger an die Lippen. »Sagt jetzt bitte nichts, sondern denkt in Ruhe darüber nach. Ich weiß, Euer Herz ist voller Trauer und Ihr wollt noch nicht über einen neuen Ehemann nachdenken – ich werde Euch auch alle Zeit der Welt lassen und Euch nicht zu einer Entscheidung drängen. Nur so viel sollt Ihr wissen: Ihr würdet mich zum glücklichsten Mann Ägyptens machen, wenn Ihr meinen Antrag annehmt.«
Ich zitterte vor Anspannung und hoffte, dass er es nicht bemerken würde. Zum Glück erhob er sich gleich darauf und verabschiedete sich.
Eine Stunde später ließ er mir durch einen Diener einen riesigen Strauß Lilien zukommen.
Sein Antrag versetzte mich in große Unruhe. Ich begann hin und her zu gehen, um Klarheit in meine Gedanken zu bekommen. Selket hatte die Lage richtig eingeschätzt. Eje hatte zwar viel für mich getan, aber die Vorstellung, ihn als Ehemann an meiner Seite zu haben, verursachte mir leichte Übelkeit. Er mochte ja sehr klug sein, aber er war ein alter fetter Mann! Er könnte mein Großvater sein!
Ich rief nach Selket. Ich erzählte ihr, was passiert war und dass ich mich entschlossen hatte, den Brief an den hethitischen König zu schreiben.
Es war gar nicht leicht, die richtigen Worte zu finden. Selket und Anchesenamun brauchten eine Ewigkeit für den Brief. Sie fertigten mehrere Entwürfe an und stritten sich wegen einzelner Formulierungen. Schließlich war der Brief fertig, obwohl Anchesenamun überhaupt nicht damit zufrieden war.
»Dieser König ist völlig fremd für mich, und es kommt mir ungeheuerlich vor, ihn einfach um einen seiner Söhne zu bitten.« Sie seufzte. »Auf der einen Seite ist es unverschämt, auf der anderen Seite biete ich mich an wie ein Stück Fleisch. Ach, ich weiß nicht. Vielleicht sollten wir diesen Brief lieber nicht abschicken.«
»Der Brief ist völlig in Ordnung, und der König wird sich geschmeichelt fühlen«, widersprach Selket.
Anchesenamun überflog noch einmal die Zeilen.
»Edler König Suppiluliuma,
ich schreibe Euch in Not. Mein Gemahl ist gestorben und ich habe keinen Sohn, der Nachfolger werden könnte. Ich habe gehört, dass Ihr viele Söhne habt – und so bitte ich Euch von Herzen, mir einen Eurer Söhne zu schicken. Er soll mein Gatte werden. Ich werde keinen meiner Diener zum Gemahl nehmen, niemals! Bitte schickt Euren Sohn schnell hierher, denn ich habe Angst.
Dies schreibt die Königin von Ägypten.«
»Suppiluliuma wird sich sehr wundern und denken, dass es eine Falle ist«, murmelte Anchesenamun. »Das wäre jedenfalls mein erster Gedanke, wenn ich einen solchen Brief bekäme. O Selket, hoffentlich begehe ich nicht eine große Dummheit!«
»Versiegele den Brief«, sagte Selket nur.
Anchesenamun rollte das Schriftstück zusammen und versah es mit einem Wachssiegel.
»Es kommt mir vor wie ein Verrat an Duamutef«, sagte sie, während das Wachs trocknete und hart wurde. Sie verzog schmerzlich das Gesicht.
»Nein, es ist kein Verrat«, sagte Selket. »Du tust nur, was du tun musst. Für dich und für das Land. – Ich habe mich übrigens schon nach einem vertrauenswürdigen Boten umgesehen. Der Brief darf nicht in falsche Hände geraten.« Sie schob das Schriftstück in die Falten ihres Gewands. »Du musst mir nur etwas Gold geben, damit ich den Boten entlohnen kann.«
Anchesenamun holte eine Schatulle, in der sie ihren Schmuck aufbewahrte, und entschied sich nach einigem Zögern für einen goldenen Ring mit einem Rubin. Sie überreichte ihn Selket, die ihn in die Tasche steckte.
»Du bist so viel geschickter in solchen Sachen«, sagte Anchesenamun. »Ich komme mir richtig unbeholfen vor. Du hättest an meiner Stelle Königin werden sollen!«
»O nein, es ist schon richtig so wie es ist«, meinte Selket. »Und im Moment beeinträchtigt die Trauer dein Denkvermögen. Außerdem musst du dich gerade um so viele Dinge kümmern und kommst gar nicht dazu, weitreichende Pläne zu schmieden.«
Anchesenamun nickte. »Du hast recht. Manchmal habe ich das Gefühl, mir müsse der Kopf gleich platzen. Und in den Nächten finde ich auch kaum Ruhe. Sobald ich die Augen schließe, sehe ich immer noch Tut auf seinem Krankenlager vor mir. Es war so schlimm für mich, dass ich ihm nicht helfen konnte.«
»Irgendwann wird dieses Bild verblassen, es braucht eben seine Zeit«, sagte Selket. »Ich werde dir jedenfalls
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