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Dem Sieger eine Handvoll Erde

Dem Sieger eine Handvoll Erde

Titel: Dem Sieger eine Handvoll Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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lassen, daß er etwas gesehen hatte, ging Harlow wieder in das Café zurück, schloß die Tür und setzte sich wieder hin.
    »Röntgenaugen sind schon eine fabelhafte Sache, was?« sagte er. »Alle Fenster sind aus Milchglas, und trotzdem hast du mich hier sitzen gesehen.«
    »Also gut, Johnny«, sagte sie mit müder Stimme. »Ich bin dir nachgegangen. Ich mache mir Sorgen. Schreckliche Sorgen.«
    »Das tun wir doch alle hin und wieder. Da solltest du mich manchmal sehen, wenn ich mit meinem Wagen auf der Strecke bin.« Er machte eine Pause und fragte dann völlig unzusammenhängend: »War Rory noch im Hotel, als du weggingst?«
    Sie blinzelte verwirrt. »Ja. Ja, er war noch da. Ich sah ihn, als ich das Hotel verließ.«
    »Kann er dich gesehen haben?«
    »Das ist eine komische Frage.«
    »Ich bin eben ein Spaßvogel. Da kannst du alle Kollegen fragen. Kann er dich gesehen haben?«
    »Ja, ich denke schon. Warum – warum interessiert dich das?«
    »Es wäre mir gar nicht recht, wenn der arme kleine Junge nachts durch die Straßen liefe und sich eine Erkältung holte. Oder vielleicht gar überfallen würde.« Harlow schwieg und dachte nach. »Richtig, darauf bin ich ja noch gar nicht gekommen.«
    »Oh, Johnny, hör auf! Hör auf! Ich weiß, ja ich weiß, daß er dich nicht mehr sehen kann, daß er nicht einmal mehr mit dir spricht, seit … seit …«
    »Seit ich dich zum Krüppel gemacht habe.«
    »O Gott!« Der Kummer in ihren Augen war nicht zu übersehen. »Er ist mein Bruder, Johnny, aber er ist nicht ich. Kann ich etwas dafür, wenn – o Johnny, was er auch gegen dich haben mag, kannst du es nicht vergessen? Du bist der netteste Mann auf der Welt, Johnny Harlow …«
    »Nettigkeit zahlt sich nicht aus, Mary.«
    »Aber du bist es. Ich weiß es ganz genau. Kannst du es nicht vergessen? Kannst du ihm nicht vergeben? Du mußt doch über der Sache stehen! Außerdem ist er noch ein Kind. Und du bist ein Mann. Wie kann er dir gefährlich werden? Was kann er dir antun?«
    »Du solltest mal sehen, was einem ein neunjähriger Junge in Vietnam antun kann, wenn man ihm ein Gewehr in die Hand drückt.«
    Sie stieß ihren Stuhl zurück. Die Tränen in ihren Augen straften ihre frostige Stimme Lügen. »Bitte entschuldige. Ich hätte dich nicht belästigen dürfen. Gute Nacht, Johnny.«
    Er legte ihr zart die Hand auf das Handgelenk, und sie machte keinen Versuch, es wegzuziehen. Sie saß nur da und wartete, und ihr Gesicht drückte dumpfe Verzweiflung aus. »Geh nicht«, bat er. »Ich wollte mich nur vergewissern.«
    »Wovon?«
    »Das spielt jetzt keine Rolle mehr. Vergessen wir Rory. Sprechen wir lieber von dir.« Er drehte sich um und rief der Kellnerin zu: »Das gleiche nochmal, bitte.«
    Mary warf einen Blick auf das frisch gefüllte Glas. »Was ist das?« fragte sie. »Gin? Wodka?«
    »Tonicwater.«
    »O Johnny!«
    »Würdest du freundlicherweise dieses ewige ›O Johnny!‹ lassen!« Es war unmöglich festzustellen, ob der Ärger in seiner Stimme echt oder nur gespielt war. »Also, du sagst, du machst dir Sorgen – als ob du das irgend jemandem erzählen müßtest. Und mir schon gar nicht. Laß mich raten, Mary. Ich würde sagen, es sind fünf Gründe: Rory, du selbst, dein Vater, deine Mutter und ich.« Sie wollte etwas sagen, aber er hob gebieterisch die Hand. »Rory und seine Abneigung gegen mich kannst du vergessen. In einem Monat wird er das Ganze nur noch als einen bösen Traum betrachten. Nun zu dir – erzähl mir ja nicht, daß du dir keine Sorgen über unsere – sagen wir Beziehung – machst. Dazu kann ich dir nur sagen, daß alles in Ordnung kommen wird. Aber es wird eine Weile dauern. Dann haben wir noch deinen Vater und deine Mutter und dann noch mich. Habe ich die Sachlage in etwa richtig erfaßt?«
    »So hast du schon lange nicht mehr mit mir gesprochen.«
    »Heißt das, daß ich recht habe?«
    Sie nickte schweigend.
    »Was ist mit deinem Vater los? Er sieht nicht gut aus und hat empfindlich abgenommen. Ich nehme an, daß er sich Sorgen macht. Um deine Mutter und meinetwegen. Und zwar in dieser Reihenfolge.«
    »Meine Mutter«, flüsterte sie. »Woher weißt du das? Niemand weiß etwas außer Daddy und mir.«
    »Ich nehme an, Alexis Dunnet weiß darüber Bescheid. Sie sind sehr befreundet. Mir hat dein Vater vor über zwei Monaten davon erzählt. In den alten Zeiten, als wir noch miteinander sprachen, vertraute er mir.«
    »Bitte, Johnny!«
    »Na, das ist doch wenigstens mal was anderes als

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