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Dem Sieger eine Handvoll Erde

Dem Sieger eine Handvoll Erde

Titel: Dem Sieger eine Handvoll Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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angebracht war. Er fand nicht, was er suchte, und zog die Augenbrauen hoch. Auch in der Kommode suchte er vergeblich. Er stand nachdenklich mitten im Zimmer, aber plötzlich grinste er breit.
    Leise sagte er: »Nicht schlecht, nicht schlecht. Kluge Burschen sind das.«
    Aber das Grinsen auf seinem Gesicht machte deutlich, daß das nicht seine ehrliche Meinung war. Er hob die Matratze an, zog eine Taschenflasche Scotch darunter hervor, untersuchte sie und schob sie wieder an ihren Platz. Dann ging er ins Bad, hob den Deckel des Wasserkastens der Toilette hoch, holte eine Flasche heraus, überprüfte den Flüssigkeitsspiegel – sie war ungefähr dreiviertelvoll –, stellte sie wieder an ihren Platz und setzte dann den Deckel wieder auf den Wasserkasten, diesmal allerdings etwas schief. Er kehrte in sein Zimmer zurück, zog einen hellgrauen Anzug an und rückte gerade seine Krawatte zurecht, als er unten das Dröhnen eines schweren Motors hörte. Er machte das Licht aus, zog den Vorhang beiseite, öffnete das Fenster und spähte vorsichtig hinaus.
    Ein großer Bus hielt vor dem Hoteleingang, und die Rennfahrer, Manager, arrivierten Mechaniker und Journalisten, die zu dem Empfang geladen waren, stiegen ein. Harlow überprüfte, ob alle die, deren Abwesenheit ihm an diesem Abend wünschenswert erschien, unter den Fahrgästen waren, und das Ergebnis war zufriedenstellend: Unter den Abfahrenden waren Dunnet, Tracchia, Neubauer, Jacobson und MacAlpine, an dessen Arm eine sehr blasse und niedergeschlagene Mary angehumpelt kam. Schließlich ging die Tür des Busses zu, und er verschwand in der Dunkelheit.
    Fünf Minuten später schlenderte Harlow zur Rezeption. Hinter dem Tresen stand das Mädchen, das er bei seiner Ankunft in für sie so bestürzender Weise ignoriert hatte. Er lächelte sie strahlend an – seine Kollegen wären restlos verwirrt gewesen, wenn sie es gesehen hätten –, und sie erwiderte sein Lächeln und errötete teils vor Freude, teils aus Verwirrung, denn sie brauchte doch eine gewisse Zeit, um sich auf dieses völlig unerwartete Verhalten ihres Schwarms einzustellen. Für alle, die nicht in Rennfahrerkreisen verkehrten, war Harlow immer noch der Weltmeister.
    »Guten Abend«, sagte Harlow.
    »Guten Abend, Mr. Harlow. Ich wollte sagen: Sir.« Das Lächeln erstarb. »Ich fürchte, Sie haben den Bus verpaßt.«
    »Ich habe meine eigenen Transportmöglichkeiten.«
    Das Lächeln blühte wieder auf. »Natürlich, Mr. Harlow. Wie dumm von mir. Sie haben ja Ihren roten Ferrari. Kann ich etwas …«
    »Ja, das können Sie. Ich habe hier vier Namen. Können Sie mir die Zimmernummern der Herren sagen? Es handelt sich um MacAlpine, Neubauer, Tracchia und Jacobson.«
    »Natürlich, Mr. Harlow. Aber ich fürchte, die Herren sind alle mit dem Bus gefahren.«
    »Ich weiß. Ich habe extra gewartet, bis sie weg waren.«
    »Ich verstehe nicht, Sir …«
    »Ich möchte ihnen nur etwas unter der Tür durchschieben. Das ist so Brauch vor einem Rennen.«
    »Ihr Rennfahrer mit euren merkwürdigen Sitten.« Sie hatte fast sicher vor diesem Abend noch keinen Rennfahrer aus der Nähe gesehen, aber das hinderte sie nicht, ihm einen schelmisch-verständnisinnigen Blick zuzuwerfen. »Die Zimmernummern sind 202, 208, 204 und 206.«
    »In der Reihenfolge, in der ich Ihnen die Namen angab?«
    »Ja, Sir.«
    »Ich danke Ihnen.« Harlow legte einen Finger an die Lippen: »Nichts verraten, okay?«
    »Natürlich, Mr. Harlow.« Sie lächelte ihm verschwörerisch zu. Harlow drehte sich um und ging davon. Er schätzte seine Berühmtheit realistisch genug ein, um sicher zu sein, daß sie noch in ein paar Monaten allen von dieser kurzen Unterhaltung erzählen würde. Hauptsache war, daß sie es über sich brachte, dieses eine Wochenende lang wirklich den Mund zu halten.
    Er kehrte in sein Zimmer zurück, holte seine Filmkamera aus einem Koffer und schraubte ihre Rückwand ab, wobei er ihre stumpf schwarze Oberfläche absichtlich zerkratzte. Aus einem Hohlraum in der Kamera nahm er eine Miniaturkamera, die kaum größer als eine Zigarettenschachtel war und schob sie in die Tasche. Dann schraubte er die Rückenplatte wieder an, legte die Filmkamera in den Koffer zurück und blickte nachdenklich auf seine Segeltuchtasche mit den Werkzeugen hinunter. Heute abend würde er die Werkzeuge nicht brauchen. Er wußte, daß er dort, wo er hinging, so viele Werkzeuge und Lampen finden würde, wie er wollte. Er nahm die Tasche und verließ das

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