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Dem Sieger eine Handvoll Erde

Dem Sieger eine Handvoll Erde

Titel: Dem Sieger eine Handvoll Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Angreifer zu beschreiben.«
    »Keine Chance. Alles was sie sah, war ein maskierter Riese, der aus dem Kleiderschrank sprang und sich auf sie stürzte. Sie sagt, er habe einen Knüppel in der Hand gehabt.«
    Er legte eine Hand über die Sprechmuschel des Telephonhörers. »Die Polizei bitte.«
    Harlow wandte sich ab, stieß erleichtert einen tiefen Seufzer aus, verließ das Hotel durch die Drehtür, wandte sich nach rechts und dann wieder nach rechts, betrat das Hotel wieder durch einen Seiteneingang und kehrte unbeobachtet in sein Zimmer zurück. Hier nahm er die versiegelte Filmkassette aus seiner Miniaturkamera, ersetzte sie durch eine neue – oder eine scheinbar neue – schraubte das Rückenteil seiner Filmkamera ab, verstaute die kleine Kamera in dem Hohlraum und schraubte die Rückenplatte wieder an, wobei er nicht versäumte, auf der polierten Oberfläche noch ein paar sorgfältig ausgeführte Kratzer anzubringen. Die ursprüngliche Kassette steckte er in einen Umschlag, schrieb seinen Namen darauf und brachte ihn zur Rezeption hinunter. Die erste Panik schien sich inzwischen gelegt zu haben. Er veranlaßte, daß der Umschlag im Safe deponiert wurde und kehrte in sein Zimmer zurück.
    Eine Stunde später saß Harlow, der seine konventionelle Kleidung mit einem dunklen Rollkragenpullover und einer Lederjacke vertauscht hatte, auf dem Rand seines Bettes und wartete geduldig. Zum zweiten Mal an diesem Abend hörte er das Dröhnen eines schweren Dieselmotors, zum zweiten Mal an diesem Abend machte er das Licht aus, zog den Vorhang beiseite, öffnete das Fenster und spähte hinaus. Der Bus hatte die Gäste von dem Empfang zurückgebracht. Harlow zog den Vorhang wieder zu, machte das Licht an, holte die Taschenflasche unter der Matratze hervor, spülte sich mit einem Schluck Scotch den Mund aus und verließ sein Zimmer.
    Er erreichte den Fuß der Treppe, als die ersten, die mit dem Bus gekommen waren, die Halle betraten. Mary, die inzwischen nur noch einen Stock brauchte, hing am Arm ihres Vaters, aber als MacAlpine Harlow sah, gab er sie an Dunnet weiter. Mary blickte Harlow schweigend und unverwandt an, aber ihr Gesicht verriet nicht, was sie dachte.
    Harlow wollte an den dreien vorbei, aber MacAlpine stellte sich ihm in den Weg.
    »Der Bürgermeister war sehr verletzt, weil Sie seiner Einladung nicht Folge geleistet hatten«, sagte er.
    Diese Eröffnung schien Harlow nicht im mindesten zu berühren. »Ich wette, er war der einzige«, sagte er.
    »Wissen Sie noch, daß Sie morgen früh ein paar Übungsrunden drehen müssen?«
    »Sehr richtig: ich muß sie fahren. Halten Sie es da für wahrscheinlich, daß ich es vergesse?«
    Harlow wollte an MacAlpine vorbei, aber dieser hielt ihn auf.
    »Wo gehen Sie hin?« fragte er.
    »Aus.«
    »Ich verbiete Ihnen …«
    »Sie können mir nichts verbieten, was nicht in meinem Vertrag steht.«
    Sprach's und ging. Dunnet blickte MacAlpine an und zog prüfend die Luft ein.
    »Ganz schön dicke Luft hier, was?«
    »Wir haben etwas übersehen«, sagte MacAlpine. »Wir müssen unbedingt feststellen, was wir übersehen haben.«
    Mary blickte von einem zum anderen.
    »Ihr habt sein Zimmer also schon durchsucht, als er auf der Rennstrecke war. Und kaum hat er das Hotel verlassen, wollt ihr sein Zimmer schon wieder durchsuchen. Das ist abscheulich. Ganz abscheulich. Ihr seid nicht besser als ein paar Strauchdiebe.« Sie nahm ihre Hand von Dunnets Arm. »Laßt mich bloß in Ruhe. Ich finde allein zu meinem Zimmer.«
    Die beiden Männer sahen ihr nach, als sie durch die Halle auf die Treppe zuhumpelte. Dunnet sagte empört: »Wenn man bedenkt, daß Menschenleben auf dem Spiel stehen, ist ihr Verhalten ziemlich unvernünftig.«
    »Das ist die Liebe«, seufzte MacAlpine. »Das ist die Liebe.«
    Harlow stürmte die Stufen vor dem Hotel hinunter. Tracchia und Neubauer kamen ihm entgegen, aber er würdigte sie nicht nur keines Wortes – immerhin hatten sie bisher die Anstandsformen noch gewahrt –, sondern schien sie nicht einmal zu sehen. Die beiden Männer blickten ihm nach. Er bewegte sich mit der übertrieben geraden Haltung der leicht Angetrunkenen, die sich alle Mühe geben, so zu tun, als seien sie stocknüchtern. Während sie ihm noch nachschauten, schwankte Harlow plötzlich kaum wahrnehmbar und völlig unbeabsichtigt, riß sich jedoch sofort zusammen und setzte seinen Weg in übertrieben aufrechter Weise fort. Neubauer und Tracchia wechselten einen Blick und nickten einander

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