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Dem Sieger eine Handvoll Erde

Dem Sieger eine Handvoll Erde

Titel: Dem Sieger eine Handvoll Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Ihnen erfahren. Zeigen Sie ihm nur das Attest.«
    »Glauben Sie, daß er es akzeptieren wird?«
    »Er wird. Er hat gar keine andere Wahl.«
    »Darf ich nach dem Grund für dieses ganze Theater fragen?«
    »Nein. Sie bekommen die fünftausend, damit Sie keine Fragen stellen. Oder reden. Niemals, verstanden?«
    »Sie sind ein sehr merkwürdiger Journalist, Mr. Dunnet.«
    »Sehr merkwürdig«, nickte Dunnet.
    »Ich habe gehört, daß Sie früher mal Beamter in der City waren. Warum haben Sie das aufgegeben?«
    »Wegen meiner Lunge.«
    »War das so was wie meine Herzbeschwerden?«
    »In diesen Tagen der Hetze und Anstrengung ist eine gute Gesundheit ein Segen, der nur wenigen von uns zuteil wird. Und jetzt gehen Sie besser zu Mr. MacAlpine.«
    Henry ging. Dunnet kehrte in sein Zimmer zurück, schrieb eine kurze Notiz, beschriftete ein wattiertes Kuvert, setzte in die obere linke Ecke ›Expreß‹ und ›Dringend‹, steckte die Nachricht und die Filmkassette in den Umschlag und verließ sein Zimmer. Als er den Korridor hinaustrat, entging es ihm, daß die Tür des Nebenzimmers einen Spalt breit offenstand, und deshalb sah er auch das Auge nicht, das durch den Spalt blickte.
    Das Auge gehörte Tracchia. Er machte die Tür zu, lief auf seinen Balkon und winkte jemandem zu. Jenseits des Hotelvorplatzes hob eine nicht erkennbare Gestalt bestätigend einen Arm. Tracchia lief die Treppen hinunter und entdeckte Neubauer in der Halle. Gemeinsam gingen sie an die Bar, setzten sich und bestellten sich zwei alkoholfreie Drinks. Mindestens zwanzig Leute sahen und erkannten sie, denn Neubauer und Tracchia waren kaum weniger bekannt als Harlow. Aber Tracchia war kein Freund von halben Sachen, und schon gar nicht, wenn es um sein Alibi ging.
    Er sagte zu dem Barkeeper: »Ich erwarte um fünf Uhr einen Anruf aus Mailand. Wie spät ist es jetzt?«
    »Genau fünf Uhr, Mr. Tracchia.«
    »Sagen Sie bitte an der Rezeption Bescheid, daß ich hier bin.«
    Der direkte Weg zur Post führte durch eine schmale Nebenstraße, die von stallungsähnlichen Häusern und Garagen gesäumt wurde. Es war fast kein Mensch auf der Straße, was Dunnet darauf zurückführte, daß Samstagnachmittag war. Das einzige menschliche Wesen, das zu sehen war, war ein Mann im Overall, der am Motor seines Wagens, der vor der offenen Tür seiner Garage stand, herumbastelte. Aufgrund der dunkelblauen Baskenmütze, die er bis tief ins Gesicht gezogen hatte, hätte man ihn eher für einen Franzosen als für einen Italiener halten können. Sein Gesicht war derart ölverschmiert, daß er völlig unkenntlich war. In dieser Verfassung würde man ihn nicht einmal fünf Sekunden im Coronado-Team dulden, dachte Dunnet unwillkürlich. Aber für die Arbeit an einem Fiat 600 wurden natürlich auch andere Maßstäbe angelegt.
    Als Dunnet an dem Fiat vorbeikam, richtete sich der Mann plötzlich auf. Dunnet wich höflich aus, um nicht mit ihm zusammenzustoßen, aber der Mann stemmte einen Fuß gegen den Wagen, um mehr Schwung nehmen zu können, und warf sich mit seinem ganzen Gewicht auf ihn. Dunnet verlor das Gleichgewicht und stolperte halb fallend in die offene Garage. Sein Sturz wurde von zwei sehr großen, mit Strumpfmasken versehenen Gestalten, die offensichtlich nichts von sanften Überredungsmethoden hielten, noch um ein erhebliches beschleunigt. Hinter ihm schloß sich das Garagentor.
    Als Dunnet ins Hotel zurückkam, war Rory in die Lektüre eines grausigen Comic-Heftes vertieft, und Tracchia und Neubauer saßen mit perfektem Alibi immer noch an der Bar. Sein Eintritt erregte allgemeines Aufsehen. Dunnet trat nämlich nicht ein, sondern stolperte wie ein Betrunkener daher und wäre hingefallen, wenn ihn nicht rechts und links je ein Polizist gestützt hätte. Er blutete stark aus Mund und Nase, über seinem rechten Auge, das zusehends zuschwoll, klaffte eine häßliche Platzwunde, und sein übriges Gesicht wies beträchtliche Abschürfungen auf. Tracchia, Neubauer, Rory und die Telephonistin erreichten ihn fast im gleichen Moment.
    Der Schrecken in Tracchias Stimme paßte genau zu seinem Gesichtsausdruck.
    »Um Gotten willen, Mr. Dunnet! Was ist denn passiert?«
    Dunnet versuchte zu lächeln, zuckte zusammen und gab dieses Vorhaben auf. Er sagte undeutlich: »Ich glaube beinahe, ich bin überfallen worden.«
    »Aber warum?« fragte Neubauer. »Wer – ich meine – wo – warum, Mr. Dunnet, warum?«
    Einer der Polizisten hob die Hand und wandte sich an die Telephonistin.

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