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Dem Sieger eine Handvoll Erde

Dem Sieger eine Handvoll Erde

Titel: Dem Sieger eine Handvoll Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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am Zeug zu flicken.«
    »Das kannst du laut sagen«, nickte Tracchia. »Schlechte Nachrichten verbreiten sich mit Windeseile. Da kommt Mr. MacAlpine.«
    MacAlpine erschien oben an der Treppe. Sein Gesicht, das jetzt viel schmaler und von viel tieferen Falten durchzogen war als zwei Monate zuvor, war ganz verkrampft vor unterdrückter Wut. »Ist das wahr?« fragte er. »Ich meine die Sache mit Dunnet.«
    »Ich fürchte ja«, sagte Tracchia. »Irgend jemand hat ihn ganz hübsch in die Mangel genommen.«
    »Aber warum, um Gottes willen?«
    »Es scheint ein Raubüberfall gewesen zu sein.«
    »Ein Raubüberfall! Am hellichten Tag! Die Zivilisation ist doch wirklich eine herrliche Sache. Wann ist es denn passiert?«
    »Vor etwas mehr als zehn Minuten. Willi und ich saßen an der Bar, als er das Hotel verließ. Es war genau fünf Uhr. Das weiß ich, weil ich den Barkeeper nach der Zeit gefragt habe. Ich habe nämlich einen Anruf erwartet. Als er zurückkam, saßen wir immer noch an der Bar, und ich schaute auf die Uhr – ich dachte, es würde der Polizei vielleicht helfen, wenn sie die genaue Zeit wüßte. Es war genau zwölf Minuten nach fünf. In der kurzen Zeit kann er sich nicht weit vom Hotel entfernt haben.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »In seinem Zimmer.«
    »Warum sind Sie drei dann …?«
    »Der Arzt ist bei ihm. Er hat uns hinausgeworfen.«
    »Mich wird er nicht hinauswerfen«, prophezeite MacAlpine mit Überzeugung. Und er behielt recht. Fünf Minuten später war es der Arzt, der als erster aus dem Zimmer kam. Nach weiteren fünf Minuten erschien auch MacAlpine. Sein Gesicht drückte gleichzeitig Wut und ernste Sorge aus. Er ging geradewegs in sein Zimmer.
    Als Harlow das Foyer betrat, saßen Tracchia, Neubauer und Rory an einem Tisch an der Wand. Harlow ließ sich nicht anmerken, daß er sie gesehen hatte, sondern ging quer durch die Halle auf die Treppe zu. Ab und zu lächelte er andeutungsweise, wenn jemand ihn grüßte oder anlächelte, aber abgesehen davon war sein Gesicht so unbewegt wie immer.
    Neubauer sagte: »Du mußt zugeben, daß unser guter Johnny nicht gerade so aussieht, als bedeute ihm das Leben besonders viel.«
    »Allerdings.« Man konnte nicht behaupten, daß Rory knurrte, denn diese Kunst beherrschte er bis jetzt noch nicht, aber man mußte ihm zugestehen, daß er seine Sache schon ziemlich gut machte. »Und ich wette, der Tod bedeutet ihm auch nicht besonders viel. Ich wette, selbst wenn es sich um seine eigene Großmutter handeln würde …«
    »Rory!« Tracchia brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Du darfst deine Phantasie nicht zu sehr ins Kraut schießen lassen. Der Verband der Grand-Prix-Fahrer ist ein allgemein respektierter Verein. Wir haben ein gutes Image, und das wollen wir uns nicht zerstören lassen. Natürlich wollen wir dich auf unserer Seite haben, aber wenn du wilde Gerüchte in Umlauf setzt, kann das allen Beteiligten nur schaden.«
    Rory bedachte die beiden Männer mit einem finsteren Blick, stand auf und ging mit steifen Schritten davon. Neubauer sagte beinahe traurig: »Ich fürchte, unser junger Hitzkopf wird in Kürze ein paar sehr schmerzliche Augenblicke erleben.«
    »Das wird ihm nicht schaden«, sagte Tracchia. »Und uns ganz sicher auch nicht.«
    Neubauers Prophezeiung erfüllte sich schon nach bemerkenswert kurzer Zeit.
    Harlow zog die Tür hinter sich ins Schloß und blickte auf Dunnet hinunter, der auf seinem Bett lag und dessen Gesicht – obwohl fachmännisch verarztet – immer noch aussah, als sei er bei einem schweren Autounfall knapp mit dem Leben davongekommen. Zwischen all den Abschürfungen und diversen Pflastern sah man gerade noch seine Nase, die doppelt so groß war wie gewöhnlich, das völlig zugeschwollene rechte Auge, das in allen Regenbogenfarben schillerte, und eine genähte Platzwunde auf der Stirn und an der Oberlippe. Harlow schnalzte mitfühlend mit der Zunge, ging lautlos zur Tür und riß sie auf. Rory fiel buchstäblich ins Zimmer und landete der Länge nach auf dem herrlichen Marmorfußboden.
    Ohne ein Wort beugte Harlow sich über ihn, griff mit einer Hand in Rorys dicke schwarze Locken und zog ihn hoch. Auch Rory sagte kein Wort, sondern stieß nur einen durchdringenden Schmerzensschrei aus. Immer noch ohne ein Wort, ließ Harlow Rorys Haare los, packte ihn statt dessen am Ohr, ging mit ihm den Korridor hinunter zu MacAlpines Zimmer, klopfte an und betrat mit Rory den Raum. Schmerzenstränen liefen über Rorys

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