Dem Sieger eine Handvoll Erde
»Sie haben am Transporter gearbeitet.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
»Woher wissen Sie das?«
»Im Südhangar. Mit Jacobson.«
Dunnet nickte langsam.
»Sie haben zuviel gesehen«, sagte Harlow. »Viel zuviel. Es kann nur Zufall gewesen sein, denn sie litten weiß Gott nicht unter der drückenden Bürde übermäßiger Intelligenz. Aber auf jeden Fall haben sie zuviel gesehen. Was hat denn unser guter Jacobson dazu zu sagen?«
»Die Zwillinge hätten eine Kaffeepause eingelegt, und er habe sie, als sie nach vierzig Minuten immer noch nicht wieder da gewesen seien, überall gesucht. Er sagte, sie seien spurlos verschwunden gewesen.«
»Sind sie tatsächlich in die Kantine gegangen?« Dunnet schüttelte den Kopf. »Dann wird man sie irgendwann zufällig aus irgendeinem Kanal fischen. Erinnern Sie sich an Jacques und Harry aus unserer Marseiller Garage?« Dunnet nickte. »Jacobson erzählte mir, sie hätten Heimweh bekommen und seien nach Hause gefahren. Sie dürften wohl am gleichen Ort zu Hause sein wie Tweedledum und Tweedledee. Jacobson hat zwei neue Mechaniker eingestellt, aber nur einer von ihnen ist heute früh zur Arbeit erschienen. Ich habe keine Beweise, aber die kriege ich schon noch. Der zweite Mechaniker kam nämlich nur deshalb nicht zur Arbeit, weil ich ihm heute nacht zu einem Krankenhausaufenthalt verholfen habe.«
Dunnets Gesicht blieb völlig ausdruckslos. Mary starrte Harlow mit ungläubigem Entsetzen an.
»Es tut mir leid, Mary«, sagte Harlow. »Jacobson ist ein Killer, ein Mörder, wenn dir das besser gefällt. Wenn es sich um seine eigenen Interessen handelt, geht er buchstäblich über Leichen. Ich weiß, daß er für den Tod meines Bruders verantwortlich ist, der beim ersten Grand-Prix-Rennen dieser Saison ums Leben kam. Damals erklärte ich mich bereit, mit Alexis zusammenzuarbeiten.«
»Du arbeitest für Alexis?« fragte Mary fassungslos. »Für einen Journalisten?«
Als ob er sie nicht gehört hätte, fuhr Harlow fort: »Er versuchte, mich beim Grand-Prix-Rennen in Frankreich aus dem Weg zu räumen. Dafür habe ich sogar photographische Beweise. Er ist auch für Jethous Tod verantwortlich. Heute nacht hat er versucht, mich zu erledigen, indem er eine angebliche Polizei-Straßensperre aufbaute, um den Transporter zum Halten zu zwingen. Und er ist auch verantwortlich für den Tod eines Mannes, der heute in Marseille gestorben ist.«
»Wer war es?« fragte Dunnet gelassen.
»Luigi, der Leichtfinger. Er bekam heute mittag im Krankenhaus ein schmerzstillendes Mittel. Es war sehr wirkungsvoll: Er wird nie wieder irgendwelche Schmerzen haben. Die Tabletten enthielten Zyanid. Jacobson war der einzige, der von dem Überfall Luigis auf mich wußte, also ließ er ihn aus dem Weg räumen, bevor er eine Chance hatte, der Polizei etwas zu erzählen. Es ist meine Schuld, daß Luigi tot ist – ich habe Jacobson erzählt, daß Luigi ins Krankenhaus gebracht worden sei. Aber ich hatte gar keine andere Wahl.«
»Ich kann es einfach nicht glauben.« Mary war völlig verwirrt. »Ich kann es nicht glauben! Das ist doch nur ein Alptraum.«
»Glaub, was du willst. Aber bleib auf alle Fälle von Jacobson weg. Er wird in deinem Gesicht lesen wie in einem Buch und sich plötzlich sehr für dich interessieren. Und das wäre mir ganz und gar nicht recht: denn ich möchte nicht, daß du irgendwo verscharrt wirst. Und vergiß eines nicht: Du wirst dein Leben lang ein Krüppel sein – und Jacobson ist schuld daran.«
Während er gesprochen hatte, hatte Harlow seine Taschen sorgfältig durchsucht.
»Ausgeräumt«, sagte er lakonisch. »Brieftasche, Paß, Führerschein, Geld, Autoschlüssel – alles weg. Aber ich habe Duplikate.« Er überlegte. »Ich brauche ein Seil, einen Haken und eine Plane aus dem Transporter. Und außerdem …«
Mary unterbrach ihn. In ihren Augen stand nackte Angst. »Du kannst doch nicht … du kannst doch heute nacht nicht weg! Du solltest ins Krankenhaus!«
Harlow streifte sie mit einem kurzen Blick und fuhr fort: »Und außerdem haben sie mir natürlich meine Waffe abgenommen. Ich brauche Ersatz, Alexis. Und etwas Geld.«
Harlow stand auf, ging mit schnellen Schritten zur Tür und riß sie auf. Und wieder einmal fiel Rory, der sein Ohr fest an die Türfüllung gepreßt hatte, Harlow vor die Füße. Und wieder zog Harlow ihn an den Haaren hoch, und wieder winselte Rory vor Schmerzen.
»Schau dir mein Gesicht an, Rory«, sagte Harlow.
Rory gehorchte,
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